Ablauf einer Spieleproduktion – Teil 1 2

Ablauf einer Spieleproduktion – Teil 1 2

Wer hat sich nicht schon einmal gefragt, was eigentlich Begriffe wie Alpha-Phase, Beta-Phase, Gold Master usw. heißen? Man weiß zwar was sie in etwa ausdrücken, aber meist nicht was letztendlich dahinter steht beziehungsweise was für Arbeitsprozesse damit verbunden sind. Letztendlich dienen solche Begriffe dazu, den äußerst komplexen Entwicklungsprozess eines Spiels grob zu untergliedern. Dabei geht man meist von folgenden Phasen einer Spieleentwicklung aus: Ideenfindung, Pre-Pre-Production, Pre-Production, Main Production, Alpha, Beta und letztendlich Release beziehungsweise Gold Master. Letzteres ist dabei jedoch eigentlich nicht mehr wirklich als eine Phase, sondern vielmehr als eine Deadline zu sehen, bis wann das Spiel fertiggestellt sein muss.

Im Folgenden werde ich euch nach bestem Wissen die unterschiedlichen Begriffe aufschlüsseln – soweit ich es bisher von meinem Studium mitbekommen habe – und euch einen Einblick geben, welche Arbeitsschritte wann durchgeführt werden und mit welchem Hintergrund. Das wird euch vielleicht auch zum Teil eine etwas andere Sicht der Dinge vermitteln, indem es zeigt, wie viel Zeit und Arbeit in einem einzigen Spiel steckt. Da die einzelnen Phasen nicht in ein oder zwei Worten abzuhandeln sind, werde ich in diesem Bericht zuerst auf die Ideenfindung, die Pre-Pre-Production und die Pre-Production eingehen. Im zweiten Teil werde ich dann die darauf folgenden Phasen erläutern.

1. Ideenfindung

In dieser Phase geht es logischerweise darum eine Idee für ein Spiel zu entwickeln, welches das Potential besitzt, eine mehr oder minder breite Kundenmasse anzusprechen. Es kann sein, dass hierbei durch eine Lizenz die grobe Idee schon vorliegt, sodass man bezüglich der Story und den Interaktionsmöglichkeiten innerhalb eines Genres schon relativ eingeschränkt ist. Der Vorteil hierbei ist, dass man mehrere Wochen Zeit gespart hat, die ansonsten für beinahe endlose Brainstormings und Diskussionen innerhalb des Kern-Entwicklerteams veranschlagt werden müssen, um überhaupt erst eine tragfähige Idee zu erschaffen. Allerdings ist man dafür aber auch künstlerisch viel stärker eingeschränkt. Bei dieser Idee geht es dann darum sowohl eine Kern-Story als auch ein grundlegendes Spielprinzip zu erschaffen, dass dem Spieler Spaß macht.

Da ich aktuell selbst innerhalb meines Masters mit meinen Kommilitonen an einem Spiele-Projekt arbeite, kann ich aus eigener Erfahrung sagen, dass diese Phase zwar sehr interessant und auch kreativ anregend ist, aber einem andererseits auch ziemlich an den Nerven zehren kann, da immer wieder die Idee hinterfragt wird und Aspekte, die in der letzten Woche noch ein Must-Have waren, in der nächsten Woche rausgeschmissen werden. Auf diese Art und Weise kristallisiert sich aber Stück für Stück eine Kernidee heraus, die durch die vielen Diskussionen dann auch in der Regel ein solides Fundament hat, um darauf aufzubauen.

2. Pre-Pre-Production

Zwischen der Ideenfindung und der Pre-Pre-Production gibt es eigentlich einen fließenden Übergang. Aus der Idee wird die Basis des Spieldesigns herausgearbeitet, wozu vor allem die grundlegenden Spielmechanismen und Interaktionsmöglichkeiten gehören. Außerdem werden zu diesem Zeitpunkt – bei einer guten Projektplanung – auch schon die Risiken des Projekts erwägt, damit ein später folgender Projektplan diese Risiken möglichst gut berücksichtigen und somit entschärfen kann. Die Definierung eines Prototyps – also welche Funktionen beziehungsweise Mechanismen dieser enthalten soll – und dessen Planung sind ein weiterer sehr wichtiger Schritt in dieser Phase. Aufgrund der gesammelten Daten und weitreichenden Überlegungen gilt es dann eine grobe Einschätzung der Entwicklungsdauer und der Kosten anzufertigen, die dann auch einem Publisher präsentiert werden könnte, sofern man noch einen Geldgeber und Verleger für ein eigenes Projekt sucht.

3. Pre-Production

Mit dem Beginn der Pre-Production beginnt auch die Entwicklung eines ersten oder auch mehrerer Prototypen. Zudem wird das Game Design ausgearbeitet und in einem Game Design Dokument ausführlich festgehalten, das später das A und O bei der Entwicklung ist beziehungsweise sein sollte, wenn es denn auch aktuell gehalten wird. In diesem Dokument wird jedes noch so kleine Feature auf seine einzelnen Elemente heruntergebrochen, erklärt und somit verbindlich festgehalten. Das Game Design Dokument stellt quasi die Bibel eines Spieleentwicklers dar. Gerade auch für die Programmierer ist eine zweifelsfreie und lückenlose Dokumentation enorm wichtig, um unnötiges Herumfragen und Diskutieren zu vermeiden. Mithilfe dieses Dokuments und der Erfahrung der Leads der einzelnen Abteilungen (Code, Art, Game Design…) wird nun ein ausführlicher Projektplan erarbeitet, der die Top-Level-Milestones festlegt. Ein Milestone ist gewissermaßen eine Deadline, bis wann ein fester Satz an Features unbedingt zu funktionieren hat. Zu jedem Milestone wird durch den Publisher überprüft, ob diese Milestones erfüllt sind. Eine Nichterfüllung kann als Vertragsbruch gewerten werden, sodass der Publisher dem Entwickler im Prinzip den Geldhahn zudrehen könnte. Gerade deswegen ist eine äußerst genaue und umsichtige Planung des Projekts unabdingbar, um möglichst gut solchen Situationen zu entgehen, was in der Praxis jedoch bislang noch nicht immer gut umgesetzt wird, da die Komplexität der Projekte enorm ist. Anhand des Projektplans wird dann auch ein finales Zeit- & Kostenbudget erstellt, das wiederum Vertragsgrundlage mit einem Publisher ist.

Im zweiten Teil dieses Berichts, den ich in den nächsten sieben Tagen veröffentlichen werde, werde ich auch noch die Main Production sowie die anderen verbliebenen Phasen etwas näher beleuchten.

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Dank eines technikaffinen Vaters kam Meike bereits im zarten Alter von etwa 6 Jahren zum ersten Mal in Kontakt mit Konsolenspielen. Auf dem NES wurden fortan Spiele wie Super Mario Bros. 3 und Duck Hunt gespielt, bis schließlich ein SNES hinzukam. Wenige Zeit später entdeckte sie dann schließlich auch die Welt der PC-Spiele auf einem 386er für sich. Indiana Jones and the Last Crusade und The Secret of Monkey Island gelten immer noch als zwei ihrer All-Time Favorites. In den nächsten Jahren folgten dann ein N64 und ein Pentium-PC . Besonders beliebt waren bei ihr die Spiele der Reihen Grand Theft Auto und Prince of Persia, aber auch Civilization und später Neverwinter Nights wurden tagelang gespielt. Seit September dieses Jahres ist Meike nun seit langer Zeit der Abstinenz wieder eine stolze Konsolenbesitzerin. Dieses Mal ist sie jedoch Nintendo fremdgegangen und hat sich eine PS3 Slim zugelegt, auf der sie zuletzt Spiele wie Uncharted 2 und Assassin’s Creed II begeistert spielte. Angetrieben durch ihre Liebe zum Spielen hat sie im Sommer ihr Master-Studium in Game Design an der Mediadesign Hochschule in Düsseldorf aufgenommen.
Spielt gerade: Dragon Age Origins (PC), The Whispered World (PC) Freut sich auf: Mafia 2 (PS3)
Meike ist erreichbar unter mr [at] zockworkorange [dot] com.

2 Comments

  1. Daran erkennt man mal wieder, wie sehr sich die Spielentwicklung von einem normalen, furztrockenen Softwareprojekt unterscheidet – nämlich ~null.
    Darum liebe Kinder: Bisschen C++ lernen und dann mal eben Uncharted 3 coden ist nicht! Die ganze Spezifikation und Koordination erfordert im Endeffekt mindestens genauso viel Aufwand wie die Umsetzung. Was passiert wenn man dies vernachlässigt, kann man schön am Uber-Fail Duke Nukem Forever beobachten.

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