Vorweihnachtszeit ist Schrottwichtelzeit bei den Zockworkies. Letztes Jahr habe ich es ja ganz gut erwischt, da Joe nicht fähig ist, den Unterschied zwischen einem schlechten Spiel und einem Sportspiel zu erkennen. Leider hatte ich dieses Jahr weniger Glück mit meinem Tauschpartner und die Hoffnung auf ein Wii Sports Resort oder spaßiges NHL war dahin. Stattdessen holte Jan breit grinsend zum Tiefschlag aus und drückte mir mit Iron Roses ein Point-and-Click-Adventure aus der Hölle auf. Gnade!
Lynn ist sauer. Hat sie sich doch mit Alex eine WG-Mitbewohnerin Typ “Slacker-Musikerin, die nie die Miete pünktlich zahlt und den Kühlschrank leerfrisst” ausgesucht und so allmählich platzt ihr der Arsch deswegen. Dabei bringt Alex auch den uncoolsten faux pas, den man sich als Musiker leisten kann: Ein Shirt der eigenen (hier ehemaligen) Band zu tragen – den Iron Roses. Ich habe so etwas einmal auf einem Konzert bei einer Vorgruppe gesehen, die an Douchebaggery auch nicht zu überbieten war. Alex bekommt daher folgerichtig eine Deadline gesetzt: Krieg innerhalb von einer Woche dein Leben auf die Reihe oder du fliegst raus.
Diese Mischung aus Mutti-Genörgel und Plot einer Folge “Mitten im Leben” bringt Alex die Erleuchtung: Sie will ihre alte Band wieder zusammen trommeln (no pun intended). Drei weinerliche Mimosen muss sie dabei mit Engelszungen überzeugen: der eine will nicht ohne seine alten Glücks-Drumsticks mitmachen. Der andere ist jetzt Rechtsanwalt in Papis Kanzlei und Papi wird ganz doll böse, wenn er erfährt, dass der Filius wieder mit diesem Musikquatsch anfangen will. Dem dritten sülzt Alex das wohl abstruseste Schicksal ein: Er ist jetzt Musiker in einer neuen Band, hat mehr Erfolg, Kohle, Weiber und zerstörte Hotelzimmer als je zuvor, aber das ist ja gar nicht er selbst, also muss er wieder in die alte Band. Wat.
Dieser Handlungsrahmen ist das Vehikel für epische zeigefingerschwingende “Was willst du eigentlich mal mit deinem Leben anfangen?”-Diskussionen, die sich durch das gesamte Spiel ziehen. So wie Lynn zu Beginn Alex von oben herab belehrt, trägt es diese wortwörtlich an ihre drei Sorgenkinder weiter, was schon mal für sehr zähe und redundante Dialoge sorgt.
(Die Frage nach der Lebensaufgabe lässt sich natürlich direkt auch an den Spieler weiter übertragen: “Weißt du nichts besseres mit dir anzufangen, als diese Scheiße hier zu spielen?”. Man müsste das ganze Sujet eigentlich nur meta-post-meta-ironisch verpacken und schon hätte man einen Geheimtipp a la The Stanley Parable für die rotweinconnaissierende, pullundertragende, süffisant schmunzelnde Indie-Gamer-Spackeriade. Vermutlich lieben die das Teil hier sogar heiß und innig und ich weiß nur nichts davon.)
Iron Roses wäre kein Adventure, wenn man nicht als Überredungszündstoff zuerst komplett schwachsinnige und öde Quid-pro-quo-Quests (drei Mal Q in einem Wort, sorry liebe Spielejournalisten, das habe ich soeben patentiert) für jeden der drei Hampelmänner erledigen müsste. Das sind zumeist Sammelaufgaben, die immer nach dem gleichen Muster ablaufen: Gegenstände gleicher Art sind -zigfach verstreut und wollen alle einzeln angeklickt werden: Papierschnipsel, Sicherungen, Kaffeetassen. Das ganze taugt nicht mal zum Pixelhunting, da man auf Tastendruck alle Stellen mit denen man interagieren kann, direkt angezeigt bekommt. Für dieses Feature bin ich übrigens sehr dankbar (niemand mag Pixelhunting!), aber die Sammelspiele werden dadurch derart ad absurdum geführt, dass selbst ein lobotomierter Schimpanse diese “Rätsel” lösen könnte. Und dann: JE-DES MAL eine verkrüppelte, elend langsame Animation, bei der Alex irgendwo in die Luft greift und danach der Gegenstand in ihr Inventar verschwunden ist. Rinse and repeat. Und ihr wollt gar nicht wissen, wie häufig das Procedere in Müllbeuteln stattfindet.
Und warum hängt an jedem Ort derselbe Mann ab (findet ihr ihn auf den Screenshots)? Ist das irgendwie eine Hommage an den G-Man aus Half-Life?
Um etwas Abwechslung da rein zu bringen, gibt es auch noch Minigames. Wenn es gut läuft, dann bestehen diese lediglich aus Guitar Hero in schlecht (Noten erscheinen auf Gitarrenbünden, einfach anklicken), Missile Command in schlecht (Computerviren laufen auf die Mitte des Bildschirms zu, einfach anklicken), Simon Says in schlecht (Vier Knöpfe, aber nur zwei leuchten auf) oder Diner Dash in noch schlechter.
Wenn es schlecht läuft, dann sehen die Minigames so aus:
Der einzige Vorteil an diesem puren Grauen ist, dass es nach drei Stunden überstanden ist. Und wenn man sich dann überlegt, was man in diesen drei Stunden nicht alles mit sich hätte anfangen können, dann ist wohl von der Moral der Geschicht’ sogar etwas hängen geblieben. Jan, ich verfluche dich!
Iron Roses gibt es für ein paar Euros auf Steam.
Und warum hängt der Mann immer so auf der Bank, wie andere beim Kacken mit Schmerzen?