Nachdem David sich den Hauptteil des Daedalic Line-Ups auf der gamescom dieses Jahr reingezogen hat, ist es nun an mir, mich mal ein wenig mit »Das Schwarze Auge – Blackguards 2« und »The Whispered World – Silence« zu beschäftigen.
»Das Schwarze Auge – Blackguards 2«
Nachdem ich im März des Jahres »Blackguards« zum einen dafür gelobt hatte, wie cool es die DSA-Lizenz (und vor allem das dreckige Südlande-Setting) umgesetzt hat und zum anderen wegen eines besonders frustgeladenen Momentes
Zwischen den Gefechten oder unterwegs bietet sich mitunter auch die Gelegenheit gegnerische Soldaten und dergleichen gefangen zu nehmen und zu verhören und hier kommen die zuvor erwähnten Talente wie Einschüchterung oder Überredungskunst besonders zum Tragen. Manchmal bietet sich die Gelegenheit, einen Geheimeingang in das gegnerische Heerlager zu finden oder aber einer der Gefangenen verrät, dass er und seine Jungs gerade auf der Suche nach einem bestimmten Artefakt waren und wo es zu finden ist. Wenn man sich bis dato allerdings geweigert hat, besagte Redekünste hochzuleveln, rauschen solche Sachen allerdings geradewegs an einem vorbei. Ab davon besteht »Blackguards 2« nach wie vor aus denselben drei Teilen wie das erste Spiel: Es gibt die Übersichtskarte, auf der man hin und her navigiert und das nächste Ziel ansteuert, Städte werden in einer Art statischem “Abenteuerbildschirm” betreten, auf dem die meisten der Dialoge erfolgen, und dann sind da noch die anspruchsvollen Taktikschlachten.
Bis auf das Genannte, gibt es noch keine wirklichen Infos zur Story, aber ein witziges Detail am Rande für alle Pen&Paper-Spieler: Die Story von »Blackguards 2« wird in den festen, fast 30 Jahre alten DSA-Kanon eingehen, genauso wie die Romane und die offiziellen Pen&Paper-Abenteuer. Es soll alles sehr viel nonlinearer werden und solche Momente wie den mit Niam und der Gruftasselkönigin wird es im neuen Teil laut Kai Fiebing nicht geben. Mehr rollenspielerische Tiefe, mehr Freiheit, trotzdem auf bewährtem Aufbauen und sinnvoll verbessern… Von dem was ich gesehen habe, habe ich allen Grund, mich auf das Spiel zu freuen.
httpv://youtu.be/j3j6FTOIEOw
»The Whispered World 2 – Silence«
»Silence« ist eins dieser Spiele, die ich eigentlich gut finden müsste, wo sich aber mein Enthusiasmus irgendwie stark in Grenzen hält. »The Whispered World« war ein sehr gutes Adventure, mitunter wunderschön und trotzdem strotzte es nur so vor Melancholie und einer gewissen Grundtraurigkeit, die mitunter wirklich schwer verdaulich war. Genau das mochte ich damals, denn wer sagt, dass Point-and-Click-Adventures immer fröhlich oder lustig sein müssen, wie seinerzeit die von LucasArts? Der Nachfolger macht exakt dasselbe – es gibt mehr von allem was den Vorgänger ausgemacht hat, einen hübschen Artstyle, 3D-Grafik und die niedliche Raupe Spot feiert auch eine Rückkehr. Warum also mein Argwohn? Weil ich das Gefühl habe, dass es die Entwickler diesmal soviel Melancholie, Jugendtraumata, Anlässe zur Depression und „verlorene Unschuld“ in das Spiel gesteckt haben, dass es auf den ersten Blick fast schon unfreiwillig komisch wirkt.
Sehen wir uns einmal die eigentliche Handlung an: Sadwick, der kleine Harlekin aus dem ersten Teil, lebt jetzt das Leben eines Teenagers namens Noah in der wirklichen Welt und hat eine kleine Schwester namens Renie. Nachdem am Ende des ersten Teils heraus kam, dass Sadwick/Noah eigentlich im Koma lag und ihm die Geschichte der Welt Silence von seinem Vater auf der Bettkante vorgelesen worden ist, sollte eigentlich ein ganz normales Leben angefangen haben. Doch nein! Es herrscht Krieg in der realen Welt und obwohl es (noch) nicht klar thematisiert wird, handelt es sich dabei wohl um den zweiten Weltkrieg. Wie man schon im Trailer zum Spiel sehen kann, rettet Noah seine kleine Schwester vor einem Flugzeugangriff in einen Bunker und danach betreten die beiden die Welt von Silence, um vor der Realität des Krieges zu fliehen, nur um feststellen zu müssen, dass auch in der einst hübschen Märchenwelt Krieg herrscht. Die beiden Geschwister werden voneinander getrennt, Noah schließt sich einer Rebellengruppe gegen die böse Königin an, die das Land inzwischen regiert und die Spieler übernehmen abwechselnd die Rolle von Renie und Noah, um diese wieder zusammen zu führen und zu versuchen, die Dinge wieder ins Reine zu bringen.
Damit wir uns nicht falsch verstehen: Das Spiel ist immer noch wunderhübsch anzusehen und ich bin mir sicher, dass es auch wieder die eine oder andere zutiefst emotionale Botschaft geben wird, aber… Der zweite Weltkrieg? Seriously? Es gibt ein Phänomen in Filmen, Comics und auch Spielen, das nennt sich „Spectacle Creep“. Das bedeutet, dass mit jeder neuen Iteration eines Filmes etwa alles noch größer, noch gewichtiger, noch dramatischer sein muss, um das Publikum bei Laune zu halten. Wenn etwa Superman im ersten Film einer hypothetischen Trilogie lernt was es heißt ein Held zu sein und ganz klassisch Lex Luthor bekämpft, dann werden die Macher den Drang verspüren, es im zweiten Teil um das Schicksal der Welt gehen zu lassen und im Dritten schließlich um das Universum, weil alles andere plötzlich zu unbedeutend scheinen könnte. Oder zumindest, wenn man sich scheut, die Dinge vielleicht aus einer anderen Richtung anzugehen, neue Probleme aufzuwerfen oder ähnliche, komplexere Herangehensweisen an eine Fortsetzung. So ist es eben auch hier, nur hauptsächlich nicht auf Spektakel und Action bezogen, sondern eher eine Art „Emotional/Sadness/Melancholy Creep“. Wo es im ersten Teil noch um einen kleinen Jungen ging, der sich irgendwann zwischen Realität und angenehmer Fiktion entscheiden und zu sich selbst finden musste, wo alles sehr mit Symbolik gearbeitet hat, geht es hier um… eben Kinder im zweiten Weltkrieg. Wenn ich böse wäre, würde ich sagen, dass es mich nicht wundern würde, wenn das kleine Mädchen im roten Mantel aus »Schindler’s Liste« einen Gastauftritt hätte, samt übermäßig trauriger
httpv://youtu.be/nGFmXR0Rlw0
Vielleicht irre ich mich ja auch komplett. Das ist nun einmal der Charakter einer Preview: Nichts steht fest, alles kann passieren, es geht um erste Eindrücke. Ich habe zum Beispiel keinerlei Zweifel daran, dass »Silence« spielerisch sinnvoll, clever und anspruchsvoll wird, denn hey, es ist Daedalic. Es wird mehr kontextbasiert, geht mehr um Dialoge und die Rätsel benötigen kein klassisches, puzzlebasiertes Inventar mehr, wie etwa im ersten Teil. Aber was ich WIRKLICH hoffe ist, dass meine Spidey-Sinne sich umsonst wegen der Hintergrundstory bemerkbar gemacht haben. Daedalic haben, zumindest mich, auch storytechnisch nie enttäuscht und deswegen haben sie kannisterweise guten Willen bei mir gut. Das Studio hat seinen internationalen Ruf nicht umsonst! Ich hoffe nur, dass der zweite Teil von »The Whispered World« nicht das erste Spiel von den Leuten aus Hamburg wird, das das fertig bringt. Ich werde den Titel auf jeden Fall mal im Auge behalten.