Nach nunmehr unzähligen Spielstunden in »Tom Clancy’s The Division« habe ich mich auf meiner PS4 auf Level 30 (level cap) hochgearbeitet und versuche nach meiner anfänglichen Euphorie weiterhin dem Spiel etwas Positives abzugewinnen. Leider bin ich dabei bisher nur teilweise erfolgreich gewesen, bzw. auch sehr ernüchtert worden.
Echos, Telefone und Überlebensratgeber
Ich erinnere mich noch gut daran, als sich „die Kritiker“ darüber aufregten, dass Teile der Story von »Destiny« in einer App bzw. im Web nachgelesen werden konnten. Im Vergleich zur Verteilung der Story in »The Division« auf 150 Telefone, unzählige hässlich aussehende Echoes und anderen Blödsinn wie Überlebensratgeber frage ich mich nun: Ist den Entwicklern die gute alte Cutscene abhanden gekommen? Und ganz ehrlich, bevor ich stundenlang durch Manhattan schleiche, um größtenteils belanglose und unsortierte Informationsfragmente zu sammeln, die der Story mehr Tiefgang verleihen sollen, da gehe ich doch lieber ins Netz und lese es nach. Oder verzichte gleich komplett auf Tiefgang. Wenn die Telefone wenigstens clever versteckt wären, wie z.B. die „Geheimnisse“ in »Rise of the Tomb Raider«. Dort war es tatsächlich eine Herausforderung für mich und keine Zumutung. Ich gebe zu, es nervt mich unter anderem deswegen so, da ich keine Fahrzeuge zur Verfügung habe und die Wege in Manhattan einfach zu lang sind. Apropos Wege.
Das Wandern ist des Agenten Lust
Eine meiner Lieblingsaufgaben in »The Division« ist es ja, Aufträge zu Fuß zu erledigen. Besonders erfreut bin ich z.B., wenn es nur 500 Meter bis zum nächsten Checkpoint sind, mein Navi mir eine Runde um den Block vorschlägt und ich zwischendurch dreimal das Ziel auf der Map geändert bekomme, weil ich an anderen – noch nicht erledigten – wichtigen Nebenmissionen vorbeilaufe. Einfach herrlich! Naja, wenigstens werde ich für meine Wegstunden anständig belohnt, oder? Oder???!?
Beute, Level und Inventar
Richtig fette Beute mache ich bei den Dailies (ab Level 30) und in der Dark Zone. Ansonsten sammelt man jede Menge grünes und blaues Zeugs und vertickt es im nächsten Safe House gegen Credits. Beute aus der Dark Zone wird mit dem Heli in homöopathischen Dosen rausgeflogen und wartet dann im HQ auf die Umwandlung in Credits. Und als Belohnung für fette Aufträge bekomme ich dann noch eine anders lautende Dark Zone-Währung. Genauso wie es auch in der Dark Zone einen eigenen Level gibt. Zwei Währungen, zwei Levelsysteme. So weit, so übersichtlich. Was ich vom Inventar wirklich nicht behaupten kann. Zumindest nicht, was das Thema Fähigkeiten, Talente, Spezialisierungen, Waffen, Mods und Co. angeht. Und wer das ohne Sekundärliteratur oder persönliche Einweisung durchblickt, der hat seine Ausbildung im öffentlichen Dienst absolviert.
Gegner
Die Gegnervielfalt lässt tatsächlich etwas zu wünschen übrig, was das Setting des Spiels aber eben so mit sich bringt. In New York gibt es eben nur „Menschen“ und die Art der Waffen, mit der sie auf mich schiessen ist ebenfalls beschränkt. Allerdings handelt es sich bei meinen Gegnern regelmäßig um Übermenschen. Das muss am Trinkwasser, an den kontaminierten Geldscheinen oder an einem anderen Storyteil liegen, den ich überlesen habe. Denn als Level 30 Division-Agent benötige ich schonmal gut und gerne siebzehn Magazine Kopftreffer, um einen Gegner auszuschalten. Wohingegen dieser Gegner aus 30 Meter Entfernung mich mit einer Salve aus der Hüfte quasi im Vorbeiflanieren tötet. Das macht Spaß (und Sinn)!
Coop
Etwas leichter wird es, wenn ich in einer Gruppe los ziehe. Zu viert sieht die Welt Manhattan schon viel besser aus. Wir können Gegner flankieren, uns gegenseitig heilen und nebenbei im Teamchat noch den Lösungsweg zur Platin-Trophäe von »Day of the Tentacle« besprechen. Na bitte, geht doch. Es war noch ein wenig problematisch, als wir noch nicht alle Level 30 waren. Dann separierte uns das Spiel schonmal ungefragt beim Eintritt in die Dark Zone bzw. passt ausserhalb der DZ den Gegnerlevel dem stärksten Teammitglied an. Was total sinnvoll ist, wenn ich einem Freund mit 5 Leveln weniger unter die Arme greifen will. Aber im Endgame ab Level 30 ist das ja alles kontaminierter Schnee von gestern.
Dark Zone
Vor der Dark Zone hatte ich am Anfang ja totalen Schiss. Ich vermutete lauter böse Spieler, dir mir meine Beute klauen wollen. Tatsächlich war die Dark Zone voll von Einzelgängern wie mir, die froh waren, dass sie beim Ausfliegen ihrer Beute nicht behelligt wurden. Und wenn dann mal einer den Abtrünnigen machte (meistens aus Versehen), wurde er gleich weggeputzt. Das hat sich zwischenzeitlich ein wenig geändert, da es sich herum gesprochen hat, dass »The Division« im Team mehr Spaß macht. Jetzt streifen meistens 4er Gruppen durch die DZ und erschiessen die Einzelgänger kurz bevor der rettende Heli kommt und teilen die Beute unter sich auf. Ein Grund mehr, dass Spiel ausschließlich mit Freunden zu spielen. Und in meinen Augen tatsächlich auch der spaßigste Teil von »The Division«.
Fazit?
Okay, okay, okay. Es ist noch früh. Das Spiel ist gerade erst erschienen. Ubisoft hat schon die ersten Updates angekündigt, wie z.B. den Handel von Spielern untereinander und auch Änderungen in der Dark Zone. Aber irgendwie ist von meiner anfänglichen Euphorie im Moment nicht mehr so viel übrig. Nach zwei Dailies mit Joey gestern Abend bin ich dann zum Feierabend hin lieber mit Kollege »Hitman« noch schnell nach Paris geflogen.
Ich habe »Tom Clancy’s The Division« noch nicht ganz abgeschrieben. Im Gegenteil: ich habe mir sogar den Season’s Pass gekauft, da ich noch viel Potential sehe und glaube, dass sich am tatsächlichen Spiel noch einiges verbessern wird (schließlich ist »Destiny« auch nicht vom ersten Tag an ein so fantastischer Shooter gewesen). Aber in wenigen Wochen erscheinen »Battleborn« und »Overwatch« und gegen diese Baller-Konkurrenz kann sich »The Division« in meinen Augen noch nicht klar absetzen. Wir werden sehen.
Ich werde mich jetzt auf die täglichen Herausforderungen konzentrieren und nur noch in guter Gesellschaft in die Dark Zone trauen. So kann ich Übermenschen und Abtrünnigen wenigstens etwas entgegensetzen!
Die Storyfetzen in Form von Echos oder Telefonaten sind meiner Ansicht nach eine gelungene Abwechslung, zu dem üblichen TellTale-Hirn aus und Story reinziehen – Aufbau. Auch wenn es gerade in den Missionen durchaus ein paar mehr Cutscenes hätten sein dürfen, finde ich das Storytelling hier durchaus gut. Erst recht auch deswegen, weil viele Nebengeschichten erzählt werden. Die siehst du vielleicht als belanglos an, aber für jemanden der versucht in Welten einzutauchen, sind diese genau so wichtig, wie der Haupthandlungsstrang.
Ansonsten bin ich was die übrige Kritik betrifft fast komplett bei dir.
Dass die Nebengeschichten wichtig sind und auch den elementaren Rahmen für die Story bilden sehe ich absolut genauso. Und dass selbst Ubisoft eine positive Entwicklung dieser Sammelwut-Quests hingelegt hat, ist auch unbestritten (wir erinnern uns kurz an die 100 Federn aus dem ersten Assassin’s Creed). Mir gefällt die Art und Weise aber einfach nicht, wie es in diesem Spiel umgesetzt wurde. Aber es zwingt einen ja keiner und so wird meine Map immer voll mit liegen gelassenen Telefonen bleiben ;-)
Auch ich kann diese Eindrücke nicht ganz teilen. Habe zwar erst angefangen und die Dark Zone z.B. nur kurz betreten. Aber was ich bisher sehe, gefällt mir sehr gut. Die Telefonate und Echoes sehe ich als Bonus für die Geschichte. Ohne diese bekomme ich auch genug mit.
Wir reden wieder, wenn Du mal Lv. 30 sowohl im Spiel als auch in der DZ hast. Am Anfang war ich auch begeistert, aber das legt sich (bei vielen).
Innerlich bin ich zerrissen. Überdeutlich sehe ich die Schwächen vor mir: der reichlich langweilige Loot, die platte Story, das lahme Missions- und Gegnerdesign. Dennoch freue ich mich schon wieder nach Hause zufahren und endlich weiter zocken zu können…
Tja, Christian, da kann ich Dir dann auch nicht mehr helfen ;-)
PS: Mittlerweile sind ja auch ein paar andere Titel erschienen, da kann »The Division« erst einmal ein wenig Staub fangen. Beim ersten DLC schaue ich wieder rein.