Kritik: Moonlighter 0

Stand and fight, Supermarket knight!

Moonlighter Screenshot 05

In Rynoka herrscht tote Hose. Früher kamen ständig Helden durch das Dorf, um in den Dungeons vor den Toren der Stadt nach Ruhm und Reichtum zu suchen. Doch die sind gefährlich, also hat man die meisten von ihnen abgesperrt. Seitdem stirbt das Städtchen zusehends. Die meisten Bewohner sind ausgezogen, Hütten und Geschäfte verwaist. Helden kommen auch kaum noch. Einer der wenigen, die in Rynoka geblieben sind, ist Will. Er betreibt das namensgebende Geschäft »Moonlighter«, das er von seinem Großvater geerbt hat. Wills Geschäftsmodell ist einfach: Nachts schleicht er sich in den letzten noch offenen Dungeon auf der Suche nach Schätzen, die er am nächsten Tag in seinem Laden verkaufen kann.

Eigentlich wäre »Moonlighter« lediglich ein weiteres der aktuell so beliebten Roguelites. In einer zelda-ähnlichen Perspektive durchsucht Will prozedural generierte Dungeons, sammelt Gegenstände, wehrt sich mit Waffen wie Schwertern, Speeren und Bögen gegen Feinde, scheitert und versucht es erneut. So weit, so bekannt. Doch »Moonlighter« durchbricht die klassische Dramaturgie von Roguelites mit seinem Twist: Während man Nachts in den Dungeons nach Schätzen sucht, steht man tagsüber im Laden und bedient die Kunden.

Heute im Angebot: Giftschleim

Das Geschäft ist zweigeteilt: Während der vordere Bereich mit Auslagen und Tresen als Verkaufsbereich dient, befindet sich im hinteren Teil des Gebäudes ein Privatraum, der gleichzeitig das Lager ist. Vor Geschäftseröffnung muss man die Regale mit den Waren füllen und Preise festlegen. Anschließend lässt man die Kunden herein, die sofort anfangen, in den Auslagen zu stöbern. Putzig: Die Kunden tun ihre Meinung zu den ausgelegten Produkten mit Emotes kund. Finden sie ein Schnäppchen, haben sie Geldstücke in den Augen. Ist der veranschlagte Preis für einen Gegenstand hingegen zu hoch, steigt ihnen die Zornesröte ins Gesicht.

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Prominenz im Moonlighter: Der Typ mit der grünen Zipfelmütze kommt mir irgendwie bekannt vor…

Clever ist, wie der Spieler in dieser Phase, in der eigentlich die Kunden agieren, trotzdem beschäftigt gehalten wird. Man räumt die Regale nach, holt frische Ware aus dem Lager, beobachtet die Reaktion der Kunden und passt im laufenden Betrieb die Preise an. Selbst Diebe kommen gelegentlich in den Laden, denen man die gestohlene Ware abnehmen muss, bevor sie mit ihr verschwinden. Währenddessen bildet sich vor der Kasse eine Schlange wartender Kunden – die lustigerweise irgendwann die Geduld verlieren und ebenfalls ohne zu bezahlen mit ihrer Ware das Weite suchen.

An dieser Stelle merkt man auch, wie wichtig kleinste Details für motivierendes Gamedesign sind. Vorfreudig beobachtet man, wie die Kunden ihre Ware gut gelaunt zur Kasse bringen. Anschließend muss Will den Gegenstand noch manuell verkaufen. Zwar ist das lediglich ein einzelner Knopfdruck, der aber mit dem befriedigenden Geräusch einer Registrierkasse belohnt wird. Das Konzept ist auch deshalb interessant, weil man dadurch in den Dungeons selbst nicht unmittelbar belohnt wird. Die Erfolg wird nach hinten geschoben, in den Augenblick, an dem die Taler in die Kasse prasseln. Damit wird dem Spieler die Selbstwirksamkeit entzogen, weil er auf den Kunden angewiesen ist, um entlohnt zu werden. Erst durch das Betätigen der Registrierkasse kehrt die Handlungsfähigkeit des Spielers zurück. Nur durch den Moment des Verkaufsabschlusses, der mit einem tollen Soundeffekt vom Spieler aktiv ausgelöst wird, funktioniert diese Hälfte von »Moonlighter« so gut.

Darfs ein wenig mehr sein?

Mit dem verdienten Vermögen lassen sich Händler und Handwerker in das Dorf locken. Der Schmied stellt Waffen und Rüstungen her, der Magieladen verkauft Heiltränke und verzaubert die Ausrüstung. Außerdem lässt sich das »Moonlighter« selbst ausbauen. Man installiert größere Regale, schafft Platz für Deko und legt sich weitere Truhen für das Lager zu. Später kann man sogar einen Verkäufer anstellen, der gegen eine Gebühr das Tagesgeschäft übernimmt, damit man mehr Zeit in den Dungeons verbringen kann. So führt »Moonlighter« regelmäßig neue Elemente und Änderungen ein, die das Spielprinzip auffrischen.

Moonlighter Screenshot 04
Der lila-grüne Golemdungeon ist das einzige Verlies, das zu Beginn des Spiels nicht abgeriegelt ist.

Was man allerdings nicht erwarten darf, ist eine knallharte Wirtschaftssimulation. Auf lange Sicht hat Will nichts zu verlieren. Es existieren keine zeitkritischen Elemente, keine laufenden Kosten und keine Konkurrenz. Schlecht wirtschaften ist nicht möglich. Die höchste Strafe, die das Spiel vergeben kann, sind längere Wartezeit auf das nächste Upgrade. Wenn man die Preise zu hoch anlegt, bleibt die Ware zwar im Regal liegen, bis man die Preise angepasst hat. Doch verlorene Kunden sind nie dauerhaft verprellt. Auch die Möglichkeit, unterschiedliche Geschäftsstrategien zu entwickeln, existiert nicht. So dient das verdiente Geld lediglich als Freischaltmechanik, nicht als Ressource, mit der man haushalten muss.

Diese Oberflächlichkeit ist insofern schade, als dass die Mischung aus Dungeoncrawling und Geschäft betreiben bereits in dieser Form wirklich Spaß macht. Ich würde mir wünschen, dass »Moonlighter« mit einem DLC oder einem Nachfolger da noch mehr in die Tiefe geht. Ich möchte auch im Verkauf Entscheidungen fällen, daran scheitern und es beim nächsten Mal besser machen. Auch NPCs mit Storyelementen und Beziehungen würden hervorragend in das Spiel passen. Mit etwas mehr Komplexität, etwas mehr Sandbox, könnte sich »Moonlighter« zu einem Dauerbrenner wie Stardew Valley mausern. Das ist allerdings weniger als Kritik zu verstehen, sondern als Ausdruck von Begeisterung. »Moonlighter« ist super und ich will mehr davon.

Offenlegung: Die Kopie des Spiels wurde vom Entwickler zur Verfügung gestellt.

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Sebastian spielt auf der Playstation 4 samt PSVR und der Nintendo Switch aktuelle Blockbuster und Indies.

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