Als wir letztens von Konami zum Anspielen von »Metal Gear Rising – Revengeance« eingeladen worden sind, musste ich dort, durch einen kleinen Unfall bedingt, auf Krücken erscheinen… Die ich dann aber schnellstmöglich durch das scheinbar wirksamste Daikatana der Welt eingetauscht habe, als ich an die viereinhalb Stunden mit dem neuen Konsolenschnetzler verbracht habe.
Von Mavericks und Desperados
Am Anfang der Handlung verdingt er sich im Auftrag der Firma Maverick Enterprises als hochkarätiger Personenschützer für den Premierminister eines gebeutelten afrikanischen Landes, der die katastrophalen Zustände in seiner Heimat aus dem Weg räumen will. Leider finden diese hehren Bemühungen allerdings ein abruptes Ende, als der Transportkonvoy des Ministers von der zwielichtigen Konkurrenzfirma Desperado Enterprises angegriffen wird. Die bringen nicht nur jede Menge eigene Cyborgsoldaten, sondern auch Mechs, riesige Metal Gears und ein Quartett aus bösartigen Supercyborgs mit an den Tisch. Zwei Mitglieder dieses vierköpfigen Kompetenzteams professioneller Arschlöcher, ein Monstertruck auf zwei Beinen namens Sundowner und ein Samurai mit KISS-Haarpracht namens Samuel Rodriguez, kidnappen den Politiker, exekutieren ihn, geben Raiden gar heftigst auf die Nase und lassen ihn halbtot und verstümmelt zurück. Das Team von Maverick sammelt die Reste wieder auf, verpasst ihm einen neuen Körper und Raiden macht sich auf die Socken, um Desperado Enterprises mit seinem Schwert und neuen Cybertricks in Stücke zu reißen.
Metal Gear May Cry
Flickwerk
Dass »Metal Gear Rising – Revengeance« sehr actionorientiert wird, heißt nicht, dass man das Hirn ausschalten sollte, denn die Handlung wird ein echter Agententhriller im Cyberpunkszenario, wie man es von der bekannten Spielwelt gewohnt ist. Aus der Reihe gewohnt ist auch die Erzählweise, in der das Spielgeschehen immer wieder durch Cutscenes unterbrochen wird und das teilweise sogar lächerlich oft. Es mag ein subjektiver Eindruck sein, aber ich habe das Gefühl, dass hier im Vergleich zu »Metal Gear Solid 4« noch einer draufgesetzt wurde. Gerade der Einstieg in den Titel läuft in etwa so ab: 6 Minuten Intro, Kampf, Kampf, Cutscene, Bosskampf, Cutscene, 4 Minuten normales Gameplay, Cutscene, Bosskampf, Cutscene, 3 Minuten normales Gameplay, Cutscene, Kampf, 4 Minuten Cutscene. Die Handlung ist zwar cool, die Cutscenes nett gemacht, aber doch verhindert dieses Muster, dass beim Spielen ein richtiger Flow aufkommt, zumal viele Gespräche auch beim Zocken im Hintergrund ablaufen könnten. Stehenbleiben, damit man nichts verpasst, könnte man ja von sich aus immer noch. So aber schaue ich mir in frühen Levels fast alle fünf Minuten eine Sequenz an, in der Raiden per Funk mit seinem Team redet und werde quasi aus dem Spiel entrissen. Wohlgemerkt: Kritikpunkt ist hier, dass das Spielgeschehen ständig unterbrochen wird, NICHT die Handlung oder die Cutscenes an sich. Auch den Levels hätte gerade am Anfang des Spiels etwas mehr Freiheit gut getan. So fühlt sich alles etwas schlauchig an, sodass man gepaart mit den vielen Zwischensequenzen, das Gefühl bekommt, eher einen interaktiven Film wie auf Schienen zu spielen, anstatt tatsächlich selbst zu zocken. Allerdings gibt sich das nach den ersten zwei Spielstunden bedingt auch wieder, wenn einem alle Charaktere und Zusammenhänge vorgestellt worden sind und man als Spieler quasi in die Welt entlassen wird. Dann öffnen sich die Levels etwas mehr und man hat nicht das Gefühl ständig am Händchen genommen zu werden.
Trotz der Schwächen im Pacing und der Erzeugung von Spielfluss hat mir »Metal Gear Rising – Revengeance« sehr gut gefallen, ABER es kommt auch drauf an, was man im Titel sucht. Wer, wie ich auch, Spiele wie »Devil May Cry«, »God of War«, »Castlevania – Lords of Shadow« und Konsorten gern mag, der wird auch mit Konamis weißhaarigem Highheel-Ninja und dem leistungsfähigsten Schwert der Welt jede Menge Spaß haben. Fans von Solid Snake, die ausschließlich auf Stealthgameplay und Agentenaction hoffen, oder Spielern, die vielleicht auch nur nach einem realistischen Spielerlebnis suchen und nichts mit stark überzeichneten Charakteren und in Pathos getränkten Momenten anfangen können, sei vielleicht angeraten, sich etwas weiter umzuschauen. Alle anderen Besitzer einer Xbox360 oder PS3, die mal wieder Bock auf ein richtig gutes Actionadventure haben, sollten aber schonmal bis Februar 2013 die Reaktionsgeschwindigkeiten in ihren Fingern trainieren. Dann erscheint das Teil nämlich.