Das Dream Land, oder wie ich lernte Videospiele zu lieben
Es muss um die Weihnachtzeit 1992 gewesen sein, und obwohl ich mich nicht an ein genaues Datum erinnere, weiß ich noch wie ich in der Küche meiner Großeltern saß und zum ersten mal den Ziegelstein großen Handheld aus der Schutzhülle geholt habe. Mit dabei waren (natürlich) Tetris, das wirklich gute Teenage Mutant Ninja Turtles: Fall of the Foot Clan, Qix, dessen brillantes Spielprinzip leider nie neu aufgegriffen wurde, an anderer Stelle aber vielleicht mal hier erörtert werden sollte UND das grandiose, herausragende, von mir direkt ins Herz geschlossene Kirby’s Dream Land. Direkt steckte ich das graue Plastik mit dem weißen Marshmallow-Geist in die die Maschine und schob den Power-Knopf auf On. Sofort sah ich das rote Licht aufflackern und auf 160×144 Pixeln einen runden Hüpfer in vier Graustufen durch Green Lands marschieren. Es war um mich geschehen.
Auf dem Weg möchten allerlei springende und spuckende Gegner den knuffigen Blasebalg aufhalten und zwei mal pro Level (außer in Level 3) meldet sich ein tougher Levelboss. Motivierend ist die Freiheit, die dem Spieler bei Kirby gelassen wird. Man kann Gegner zerspringen, aber sie auch – wie von dem Kirby-Charakter bekannt – einsaugen und ausspucken. Dazu kommt, dass neben Laufen und Springen auch Fliegen jederzeit möglich ist. Die Verwandlungskünste hat der Held jedoch erst ab der NES-Version spendiert bekommen. Dennoch sind dem Spieler eine Menge Optionen gelassen seine Herangehensweise zu variieren, und durch einen Energiebalken wird nicht jeder Fehltritt sofort abgestraft.
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Doch nicht nur war Kirby’s Dream Land das erste Spiel, welches die Chance bekommen hat, meine Faszination für die digitale Unterhaltung zu wecken: Im Sommer 1994 lag ich für eine minimale Mandel-OP für zwei Nächte im Krankenhaus und natürlich war mein Game Boy bester Begleitschutz gegen die Langeweile. Inzwischen hatte sich mein Repertoire an Cartridges mit Spielen zwar gut vermehrt, aber in der Nacht vor dem Eingriff habe ich mich wieder an Kirbys Dream Land gesetzt und hatte es weiter geschafft als je zuvor. Ich hatte es durch alle vier Level bis zur Residenz des König Nickerchens gemeistert, ihm Auge in Auge gegenüber gestanden und danach zum ersten mal ein Spiel beendet. Happy Ending.
So kann ich mit Stolz behaupten, dass mein erster Videospielkontakt mit einer Perle aus dem Hause Nintendo stattgefunden hat und zu Recht die Faszination für digitale Spielereien ausgelöst hat. Doch was kann man aus einem winzigen Spiel über ein Stück Watte im Wunderland mitnehmen? Was lernen wir hier für uns? Recht simpel: Wenn jemand uns und unseren Freunden die Sterne zum Leben weg nimmt, dann müssen wir manchmal unseren Mund zur lautesten Waffe machen, ein ganzes Land schlucken und vor den eigenen Füßen wieder auskotzen.