Egal, ob Zoos, Freizeitparks oder Krankenhäuser – Aufbausimulationsspiele gibt es für fast jeden denkbaren Bereich. Alles, was man aufbauen und leiten kann, ist in ein Spiel umsetzbar. Warum also nicht auch ein Gefängnis?
Der britische Videospielentwickler Introversion Software hat sich mit »Prison Architect« an dieses Experiment gewagt. Bei der Finanzierung des Spiels entschieden sich der Produzent Mark Morris und der Designer Chris Delay für Crowdfunding. So begann die Entwicklung im Jahr 2012 und wurde vollständig durch Verkäufe der Alpha-Version finanziert. Mittlerweile wurden über 1 Millionen Kopien verkauft und bereits 10,7 Millionen US-Dollar eingenommen.
Doch was erwartet uns bei »Prison Architect«? In der Gefängnissimulation übernimmt der Spieler den Aufbau und die Leitung eines Männergefängnisses. Er beginnt mit einem leeren Gebiet, durch das im Osten eine Straße entlangführt. Über diese kommen sowohl Mitarbeiter und Materiallieferungen als auch Besucher und neue Gefangene. Auf der bebaubaren Fläche kann der Spieler nun sein Gefängnis errichten, bevor die ersten Häftlinge eintreffen. Dabei hat er eine Vielzahl an Gebäuden bzw. Räumen zur Verfügung, die er nach eigenem Ermessen platzieren und in der Größe variieren kann. Jeder Raum hat seine eigene wichtige Funktion und muss mit bestimmten Gegenständen ausgestattet werden, um zu funktionieren. Der Spieler möchte eine Kantine für die Häftlinge errichten? Dann reicht es nicht, ein Gebäude mit Einhaltung der dafür vorgesehenen Mindestgröße zu bauen und diesem die Funktion “Kantine” zuzuordnen, sondern der Raum muss auch mit Tischen, Bänken und einem Servierwagen ausgestattet werden. Außerdem darf man nicht vergessen, die Gebäude an ein unterirdisches Strom- und Wassernetz anzuschließen.
Neben den Räumen für die Gefangenen benötigt der Spieler auch Büros für das Personal. Dabei gibt es nicht nur Aufenthaltsräume für die Wachen und Bauarbeiter, sondern auch Büros für die Manager. So sind unter anderem der Gefängnisleiter, der Buchhalter und der Sicherheitschef wichtige Mitglieder der Verwaltung, denn sie können sowohl wichtige Funktionen als auch neue Räume und Mitarbeiter freischalten. Das Wachpersonal lässt sich so mit der Zeit um einige Hundeführer und gepanzerte Einheiten erweitern. Zudem können Werkstätten und Schulungseinrichtungen in Betrieb genommen und mithilfe von Zeitplänen koordiniert werden, um durch die Fortbildung der Gefangenen nicht nur deren Stimmung zu verbessern, sondern auch durch Verkäufe der produzierten Waren das Gefängnisbudget aufzubessern. Und das sind nur einige Beispiele der Optionen, die das Spiel bereithält.
Wie sich vielleicht bisher schon erahnen lässt: »Prison Architect« ist sehr komplex und bietet viele Möglichkeiten, das persönliche Spielerlebnis zu gestalten. Dabei sind natürlich die Häftlinge im Fokus des Geschehens. Unglückliche Gefangene provozieren Aufstände oder riskieren Ausbrüche und verletzen dabei andere Gefangene oder Wärter. Dem kann man durch eine humane Gefängnisführung entgegenwirken – oder dem Errichten eines neuen Alcatraz! Beides hat seinen ganz besonderen Reiz und lässt den Spieler seine eigenen moralischen Grenzen austesten. Auch die Möglichkeit, zum Tode verurteilte Gefangene aufzunehmen und diese per elektrischem Stuhl ins Jenseits zu befördern, steht dem Spieler frei und wird bereits im Tutorial demonstriert.
Die detailarme Grafik hilft jedoch, die nötige Distanz zum Spiel zu bewahren. Im Grunde werden kleine orange Knubbel mit Köpfen ohne Arme und Beine von kleinen blauen Knubbeln mit Köpfen ohne Arme und Beine bewacht und je nach Tageszeit von A nach B gescheucht. Auch musikalisch ist das Spiel kein Highlight. Trotzdem übt »Prison Architect« durch seine Komplexität und Vielzahl an Möglichkeiten einen besonderen Reiz aus und lässt ehrgeizige Spieler stundenlang am perfekten Gefängnis tüfteln. Dabei schadet es gerade am Anfang nicht, einen Blick auf die Gefängnisse von anderen Spielern zu werfen, um ein Gefühl für den Aufbau und die einzelnen Funktionen zu bekommen. Oder man lässt sich ein wenig von ungewöhnlichen Gefängnissen inspirieren. Eine Anstalt in Form der U.S.S. Enterprise oder des Bullfrog-Logos? Kein Problem! Der Fantasie ist wahrlich keine Grenzen gesetzt und die Möglichkeiten werden durch zahlreiche Mods von Fans sogar erweitert. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass sich das Spiel noch in der Alpha-Phase befindet und damit nicht vor Bugs gefeit ist. Einige Mods verstärken diese Spielfehler sogar oder bringen zusätzlich eigene Fehlfunktionen mit. So können beispielsweise einige Gefangene durch das Installieren der Mod für die deutsche Übersetzung plötzlich nicht mehr ihre Zelle verlassen. Man kann also nur hoffen, dass die meisten Fehler bis zur Veröffentlichung des Spiels behoben sind.
»Prison Architect« erscheint am 22. Oktober für den PC. Außerdem ist bereits eine Version für Mobilgeräte in der Entwicklung. Bis dahin ist es noch als Early-Access-Version bei Steam spielbar.