Heute vor zwei Jahren, am 3. März 2017 wurde die »Nintendo Switch« veröffentlicht und seitdem über 32 Millionen Mal verkauft. Zum Jubiläum wagen unsere Redakteure David, Dominik und Sebastian eine Rückschau auf die letzten vierundzwanzig Monate.
Sebastian meint:
Happy Releaseday, »Nintendo Switch«! Zwei Jahre nach der Veröffentlichung von Nintendos Hybridkonsole ist die Zeit Reif für einen Rückblick und ein Fazit: Was kann die Konsole, wer sollte sich eine kaufen und wer lässt besser die Finger davon?
Das Beste an der Switch? Der Ausschalter!
Mit der »Switch« gelang Nintendo das Kunststück, eine Lücke zu füllen, von der die meisten vermutlich nicht mal ahnten, dass sie existiert: Mit dem selben Gerät am Fernseher, im Bett, im Zug oder im Wartezimmer hochwertige Konsolenspiele mit einem Controller spielen zu können, ist fantastisch.
Dabei wird ein zentrales Detail im Konzept der Konsole sogar häufig übersehen: Der Ein- und Ausschalter. Egal, an welcher Stelle man im Spiel ist, ob auf der Zielgeraden von Mario Kart 8 Deluxe oder mitten im Kampf bei Breath of the Wild: Wenn mein Name beim Arzt aufgerufen wird, wenn meine Haltestelle erreicht ist, genügt ein Klick, um die Konsole auszuschalten.
Genauso schnell bin ich später wieder im Spiel: Nach nur einer Sekunde geht es genau dort weiter, wo ich zuvor unterbrochen wurde. Dadurch ist die »Switch« die einzige Konsole, mit der man auch kurze Zeiträume überbrücken kann. Bis man es sich vor dem Fernseher gemütlich gemacht hat und auf der Playstation tatsächlich im Spiel angekommen ist, vergehen zehn Minuten, die »Switch« hingegen zieht man aus dem Dock und es kann losgehen. So unscheinbar dieses Feature auf den ersten Blick ist, das Konzept der Konsole funktioniert nur, weil man sie, ohne einen Gedanken an den Spielfortschritt zu verschwenden, so rasch ein- und ausschalten kann.
Auch bei uns im Alltag hat sich die »Switch« bewährt: Während ich als Freizeitbeschäftigung jederzeit zu einem Videospiel greifen würde, ist meine Freundin eher der Serientyp: Sie sitzt nach der Arbeit zur Entspannung gerne vor dem Fernseher und schaut sich die neuesten Sachen auf Netflix an. Während früher zwangsläufig jemand auf seine bevorzugte Unterhaltungsmethode verzichten musste, oder wir uns darum stritten, was wir gemeinsam gucken wollen, sitzen wir jetzt häufig zusammen, im Fernsehen läuft, was sie mag, während ich nebenbei ein bisschen auf der »Switch« spiele. So verbringen wir den Abend dennoch zusammen, unterhalten uns dabei und keiner muss verzichten.
Die ideale Zweitkonsole
Dennoch ist die »Switch« nichts für jedermann, denn die Physik lässt sich nicht überlisten: Seine Mobilität erkauft sich das Gerät naturgemäß mit leistungsschwacher Hardware. Einen umfangreichen Katalog aktueller AAA-Spiele wird die Konsole niemals besitzen, trotz Ausnahmen wie Doom oder Fifa. Wer primär an den Produktionen großer Hersteller interessiert ist, oder wer jedes Jahr das neueste Call of Duty spielen möchte, wird mit der »Switch« daher nicht glücklich werden.
Wenn man also bereit ist, vierhundert bis fünfhundert Euro für Konsole, Spiele und zusätzliche Controller auszugeben, sollte man bereits eine Playstation, Xbox oder einen aktuellen Gaming-PC besitzen, ansonsten ist das Geld in einer dieser Plattformen besser angelegt. Die »Switch« hat einen anderen Schwerpunkt: Sie ist Eintrittskarte, um Nintendos Hausmarken spielen zu können und baut darüber hinaus vor allem auf Indiegames. Bei mir trifft sie damit ins Schwarze: Während ich ein episches RPG wie The Witcher 3 nicht in kurzen Abschnitten oder auf dem kleinen Bildschirm spielen wollen würde, eignet sich das Format perfekt für Indies, die mehr auf Mechanik als auf Story und Atmosphäre setzen.
Wer sich von genau dieser Nische angesprochen fühlt, erhält mit der »Switch« eine Zweitkonsole, die Playstation, Xbox oder PC perfekt ergänzt. Ihre Exclusives wie Breath of the Wild, Xenoblade Chronicles 2 und Super Mario Odyssey sind zu Recht hochgelobt, sie ist für mich die Plattform für Indiespiele und die Möglichkeit, immer und überall ein Spiel zwischen zuschieben, bietet keine anderes Konsole. Ich weiß nicht, welche Hardware Nintendo als nächstes plant, aber auf eine »Switch« möchte ich nicht mehr verzichten.
David meint:
Als die »Switch« angekündigt wurde, wollte ich sie erstmal gar nicht haben. Zu schlecht waren meine Erfahrungen mit Nintendo-Konsolen zum Release, für Wii und WiiU dauerte es auch Jahre, bis es ein vernünftiges Spieleangebot gab. Und nur für Breath of the Wild… das lohnt sich doch nicht. Dachte ich. Die »Switch« hatte ich mir also nicht vorbestellt, Breath of the Wild in der Collector’s Edition aber schon, damit ich es irgendwann spielen konnte und mich nicht ärgern würde, wenn die limitierte Edition dann überall vergriffen wäre.
Zum Switch-Release war ich gerade im Urlaub in Tokio und sobald ich die ersten Nachrichten las, dass die Konsole überall ausverkauft sei, wollte ich sie natürlich plötzlich auch haben. Mein Breath of the Wild war vorbestellt und gerade auf der Arbeit in Deutschland angekommen, jetzt brauchte ich nur noch die »Switch«! Ich schaute in jedem Elektronikmarkt, an dem wir vorbeikamen, nach, natürlich war sie auch in Japan ausverkauft, dort vermutlich sogar schneller, als bei uns. Am letzten Tag vor der Abreise hatte ich dann aber tatsächlich Glück – ich konnte es kaum glauben, in einem Elektronikmarkt standen jede Menge Switches, alle in Deutschland bereits vergriffenen Zelda-Amiibos… ich zögerte kurz, aber der viel niedrigere Preis und die Aussicht auf 11 Stunden Flug am nächsten Tag bewegten mich dann doch zu dem Spontankauf. Breath of the Wild packte ich auch direkt ein, das Cover war auch viel schöner, die deutsche Version, die zuhause lag, würde ich später verkaufen. Eine »Switch« ohne Spiel brachte mir ja nicht viel und außer dem neusten Zelda-Titel gab es auch nichts, was mich interessierte.
Auch jetzt, zwei Jahre später, bereue ich den Kauf der Switch nicht. Bei jedem neuen Spiel denke ich „gibt’s das auch auf der Switch?“. Kommt ein Spiel auf mehreren Plattformen raus, hole ich es mir am liebsten für Nintendos Unterwegs-Konsole, manche Spiele – wie Firewatch – hole ich mir sogar nochmal für die Switch, obwohl ich sie schon gespielt hatte. Einfach, weil es mir auf der Switch mehr Spaß macht.
Die meisten Spielstunden haben bis heute Breath of the Wild und Stardew Valley, aber auch für Spiele wie Mario Odyssey, Splatoon 2 oder Pokémon Let’s Go hat sich die Konsole bezahlt gemacht. Mittlerweile ist das Angebot so groß – auch das der Indie-Titel – das für jeden was dabei sein sollte. Ein paar Multiplayer-Party-Games runden das Angebot ab und machen die Switch zu einer der besten Konsole für lokalen Multiplayer-Spaß. Mario Kart, Mario Party oder das Jackbox Party Pack sorgen immer für kurzweilige Unterhaltung.
Was für mich nie wirklich funktioniert hat, ist der Tisch-Modus. Die »Switch« ist da recht wackelig konstruiert, ohne extra Halterung macht das wenig Spaß. Am liebsten nutze ich sie immer noch auf der Couch im Handheld-Modus, während auf dem Fernseher was anderes läuft. Multitasking! Aber dass man nahtlos von der Couch ins Bett wechseln kann, ist unbezahlbar. Besonders Spiele, die man problemlos unterbrechen kann, funktionieren für mich am besten auf der »Switch«. Hier eine halbe Stunde in der Bahn, auf der Couch weiterspielen, abends vorm Einschlafen noch eine Runde… kämen sämtliche Spiele auf der »Switch« raus, ich bräuchte keine andere Konsole mehr.
Dominik meint
Zwei Jahre ist sie nun also schon alt, die »Nintendo Switch«. Zwei Jahre, in denen sich die Konsole deutlich anders entwickelt hat, als es ich es mir erhofft hatte – aber in eine Richtung, mit der ich dennoch sehr zufrieden bin.
Mobilität und enttäuschte AAA-Hoffnungen
Das Hauptfeature war, und ist, für mich die Mobilität. Generell kaufe ich eher selten Konsolen, da meine Hauptplattform, aufgrund meiner Shooter-Affinität, nach wie vor der PC ist. Die über die Jahre aufgebaute Steam-Bibliothek kriege ich dank Big Picture Modus und Xbox Controller ohnehin auch so gut auf Fernseher oder Leinwand und spielemäßig sind PS4, Xbox One und PC für mich zu nah aneinander, als dass sich ein Kauf lohnen würde. Nun sähte vor zwei Jahren die »Nintendo Switch« bei mir die Hoffnung die Assassin’s Creeds dieser Welt auch unterwegs spielen zu können.
Diese Hoffnung wurde nur bedingt erfüllt. Klar, es gibt Spiele wie Wolfenstein: The New Collossus, die diversen Fifa-Ausgaben, Skyrim, Diablo 3 oder (wie auf jeder Plattform dieser Welt) Fortnite, doch ich hatte mir tatsächlich gewünscht, dass ich auch Titel wie Assassin’s Creed: Odyssey oder Shadow of the Tomb Raider werde unterwegs spielen können. Dafür scheint aber, nintendotypisch, die Hardware zu schwach zu sein, sodass es meistens eher nur ältere AAA-Titel auf die Konsole schaffen oder, wie im Falle von Doom oder Wolfenstein: The New Collossus, dann doch mit erheblichen Einschränkungen. Ich bin trotzdem dankbar für jeden dieser Titel und im Falle von Wolfenstein war es mir deswegen auch überhaupt erst möglich die internationale Version ohne irgendwelches VPN-Harakiri spielen zu können.
Indie-Hits und der Eurotunnel
An Stelle der AAA-Titel sind dann allerdings die Indie-Spiele getreten, in einer Menge und Qualität, die ich vor zwei Jahren nicht erwartet hätte. Egal ob Hollow Knight, Firewatch, Minecraft, Undertale oder Stardew Valley: Nahezu alle erfolgreichen Indie-Titel der letzten Jahre sind auch für die Nintendo Switch erschienen und schaffen so ein wirklich großes Spieleportfolio, das die Konsole nicht zu einer Minispiele-Sammlung-Plattform verkommen lässt, wie es damals bei der Wii leider passiert ist. Da meine interessantesten Spielerfahrungen in den letzten Jahren zum größten Teil Indie-Spiele waren, ist die Switch in der Hinsicht für mich ein echter Hit geworden. Ohne diese Entwicklung hätte ich außerdem wohl nie im Eurotunnel zusammen mit meiner Frau Broforce spielen können.
Ungenutzte Features
Trotz Eurotunnel-Broforce wird der Multiplayer-Aspekt der Konsole von mir aber gar nicht so häufig genutzt. Ja, es gab gelegentlich mal Vierer-Mario-Kart-Sessions im Zug, die aber aufgrund des viel zu kleinen Displays sowie der notwendigen Nackenverrenkung nicht so viel Spaß gemacht haben, wie gedacht. Klar, in solchen Fällen ist es dann tatsächlich toll, dass man direkt zwei Controller zur Verfügung hat, aber letztendlich hat sich das Konzept nicht so durchgesetzt, wie ich es erwartet hätte. Meine Vermutung wäre, dass Nintendo das ähnlich sieht, denn die Twens, die irgendwo im offenen Raum mit ihrer »Switch« zusammen spielen, habe ich seit den Ankündigungsvideos nahezu gar nicht mehr in der Vermarktung wahrgenommen. Auch den lokalen Multiplayer habe ich, wider Erwartung und mangels Spielen, fast nie genutzt. Ähnlich verhält es sich mit Features wie dem HD-Rumble: Ja, es ist da, einen Unterschied merke ich aber trotzdem nicht und vermarktet wird es ebenfalls praktisch nicht mehr. Der nahtlose Übergang zwischen stationärem und mobilem Spielen ist von mir auch praktisch ungenutzt, meistens ist die Konsole im Sleep-Modus, wenn ich sie aus dem Dock-Modus nehme und umgekehrt.
Langeweile auf dem Hotelzimmer
Obwohl sich die generelle (Spiele-)Richtung nicht so entwickelt hat, wie ich es mir ursprünglich erhofft hatte, bin ich mit der »Nintendo Switch« sehr zufrieden. Da ich beruflich immer wieder unterwegs bin, ist sie dort zu meinem ständigen Begleiter geworden, der dafür sorgt, dass mir abends im Hotel auf keinen Fall langweilig wird. Ja, ich hätte gerne mehr „große“ Spiele, zumal ich mit den Nintendo-eigenen Marken selten was anfangen kann, ich bin mit der Auswahl an Indie-Titeln allerdings mehr als zufrieden. Langweilig ist mir auf dem Hotelzimmer jedenfalls nicht mehr.