Die Katze ist aus dem Sack: Nach einem Leak der »XBox Series S« hat Microsoft die Konsole nun offiziell angekündigt und auch den Preis bestätigt. Ab 10. November 2020 gibt es die »Xbox Series S« für 299€ im Handel zu erwerben. Noch nicht offiziell bestätigt ist der ebenfalls geleakte Preis für die große Schwesterkonsole, die »Xbox Series X«. Hier werden angeblich 499€ fällig. Gleichzeitig wurden auch die Preise für das All-Access-Abo bekannt: Ähnlich wie bei einem Handy erhält man gegen monatliche Zahlungen über zwei Jahre eine Konsole samt Gamepass Ultimate. Die Kosten betragen laut Windows Central $25 (Series S) bzw. $35 (Series X), aber auch hier fehlt bisher die offizielle Bestätigung.
Auch einige Eckdaten der »Series S« wurden bekannt und die können sich sehen lassen: Neben einer 512GB SSD beherrscht die Konsole bis zu 120FPS, DirectX Raytracing und eine native Auflösung von 1440p, die jedoch auf 4K skaliert werden kann. Die »Series S« wirkt so auf den ersten Blick äußerst attraktiv: Sie wird als NextGen-Konsole beworben, besitzt hohe Auflösungen und mit der SSD auch das zentrale neue Feature der kommenden Generation. Für 299€ oder 25€ im Monat für die Konsole + Gamepass dürfte Microsoft in der reinen Preisschlacht mit Konkurrent Sony als Sieger vom Platz gehen.
NextGen auf dem Niveau der CurrentGen
Allerdings ist die »Series X« mit 12 Teraflops etwa dreimal so leistungsfähig wie die »Series S«. Die tatsächliche Leistungsfähigkeit der »Series S« liegt mit vier Teraflops eher auf dem Niveau der CurrentGen-Konsole XBox One X. Der Grund, weshalb die »Series S« überhaupt existiert und Microsoft nicht einfach die Xbox One X zur “neuen” Einsteigerkonsole erklärt, dürfte gerade die neue SSD sein. Will man Kompatibilität mit der »Series X« herstellen, ist eine SSD zwingend notwendig. Nur durch die extrem schnellen Ladezeigen eines Solid State Drives lassen sich neue Game- und Leveldesign-Ideen umsetzen, die in der nächsten Konsolengeneration zu erwarten sind. Einen Ausblick darauf liefert etwa der Trailer zu Ratchet & Clank: Rift Apart für die PS5, bei dem der Spieler durch Portale springt und in unvermittelt in völlig neuen Spielumgebungen landet.
Der Wechsel von HDD auf SSD zwingt Microsoft also dazu, eine NextGen-Einsteigerkonsole anzukündigen, auch wenn diese leistungstechnisch eher CurrentGen ist. Hier tut sich jedoch potentiell ein anderes Problem für Microsoft auf: Wie kommuniziert man den Unterschied zwischen »Series S« und »Series X«? Einerseits wird die »Series S« mit Schlagwörtern wie NextGen und 4K beworben, andererseits ist die kleine Konsole lediglich ein Drittel so leistungsfähig wie die »Series X« – und diesen Unterschied wird man sehen.
Das Problem mag banal erscheinen, wenn man zu den Leuten gehört, die regelmäßig Gaming News lesen oder sich in Foren mit Gleichgesinnten austauschen. Den Unterschied aber nicht so informierten Käufern und Einsteigern klar zu machen, die im Elektromarkt außer den Stichwörtern “4K” und “alle Spiele spielbar” möglicherweise keine anderen Eckdaten abfragen können und denen vor allem der erhebliche Preisunterschied ins Auge fällt, dürfte sich schwieriger gestalten. Hier muss Microsofts Marketingabteilung deutliche Aufklärungsarbeit leisten, um nicht ab November eine Menge verärgerter Kunden in den sozialen Medien zu haben, die sich fragen, weshalb ihre Spiele nicht so aussehen wie in der Werbung.
Das Dilemma der technischen Weiterentwicklung und ein Ausweg für Microsoft
Langfristig existiert allerdings noch ein weiteres Problem: die technische Weiterentwicklung. Wenn nach einigen Jahre die neue Generation ihre volle Leistungsfähigkeit entfaltet und Spiele immer besser aussehen, wird die »Series S« zwangsläufig abgehängt. Auf den ersten Blick lässt sich das Problem auf mehrere Arten lösen, zufriedenstellend ist für Xbox-Kunden jedoch keine davon. Die erste Möglichkeit sind Series X Exclusives: Irgendwann kommt der Zeitpunkt, an dem einige neue Spiele nicht mehr für die »Series S« erscheinen können – und dieser Zeitpunkt dürfte schneller kommen, als es manchen Weihnachtsshoppern 2020 klar sein wird. Die Alternative ist, dass Microsoft den Software-Support der »Series S« erzwingt, was aber wiederum die grafische Entwicklung der »Series X« bremsen und hinter die PS5 zurückfallen lassen dürfte.
Doch glücklicherweise existiert noch ein weiterer Ausweg aus diesem Dilemma in Form des bereits erwähnten All Access Modells. Wenn Microsofts Plan aufgeht, müssen sie den vollen Software-Support für die »Series S« nämlich eigentlich nur über etwa zwei Jahre garantierten. Die Strategie von Microsoft ist es seit längerem, Kunden in ihr Ökosystem zu bringen, sie Abos und Laufzeitverträge abschließen zu lassen und sie vor allem auch dort zu halten. Was Microsoft unbedingt verhindern möchte, ist, dass sich ihre All-Access-Kunden nach Ablauf der Laufzeit wieder aus dem Ökosystem verabschieden. Deshalb wird es garantiert passend zum Weihnachtsgeschäft 2022 attraktive Möglichkeiten geben, den All-Access-Vertrag zu verlängern und von der »Series S« auf die »Series X« oder gar auf eine noch leistungsfähigere Pro-Variante der Konsole umzusteigen. Gelingt es Microsoft, den Großteil seiner Kunden von der »Series S« auf die »Series X« zu migrieren, kann auch der Software-Support der Einsteigerkonsole langsam auslaufen. Und für komplett wechselunwillige Kunden gibt es zur Not ja auch noch Microsofts Gamestreamingangebot xCloud.