Die Vorfreude war gar überragend: Endlich ein zweiter Teil des Erfolgspiels »Metro 2033«, das 2010 noch unter den Publisherfittichen von »THQ« das Licht der Welt erblickte. Um ehrlich zu sein hab ich den Titel nie besonders intensiv gespielt, obschon sich der heimische PC über die Festplattenmehrbelastung aufgrund diverser Steam-Sales den Arbeitsspeicher lauwarm freute. Just als ich anfing, zu überlegen, das Schätzchen etwas hingebungsvoller zu betrachten, erreichte die Botschaft, »Metro: Last Light« sei veröffentlicht worden, mein hübsches Ohr. Nun denn: Warum olle Kamellen spielen wenn es schon wieder etwas Neues gibt? Denn schon Barney Stinson lehrt uns: “Neu ist immer besser.”
Allerdings muss ich bereits im Vorfeld etwas Spannung aus diesem Review nehmen (auch wenn der Artikel-Titel auch schon alles verrät): Ich habe »Metro: Last Light« durchgespielt, ein Mal die Story von vorne bis hinten. Jedoch empfand ich das Spielerlebnis als Qual und fragte mich die gesamten (ca.) 10 Stunden Spielzeit, womit ich das verdient habe.
Das fängt schon bei der Story an. Gut, dafür kann das Spiel nichts – Immerhin folgt das Metro-Franchise stringent der Buchreihe des russischen Schriftstellers Dmitri Glukhovski aus dem Jahre 2007/2009. Nein, stopp, das ist Unsinn, denn 4A Games, das verantwortliche Entwicklerstudio, lässt die Vorlage völlig außer Acht und denkt die bisherige Storyline selbstständig weiter.
Na sdorowje
Der zweite Teil handelt also wieder vom Protagonisten Artjom, der im Spiel gerne nichts sagt und dafür lieber sein Maschinengewehr sprechen lässt. Artjom wird beauftragt, den “Schwarzen” zu suchen. Wer jetzt hofft, dass Sam Jackson einen Gastauftritt hat und das Schweigen des Hauptdarstellers durch unkontrolliertes Rumbrüllen kompensiert, der hofft leider vergebens. Der “Schwarze” ist der letzte seiner (Alien-Mutanten-)Art, die wohl anscheinend durch Artjom im ersten Teil ausgerottet wurde. Die Menschheit lebt, ob der nuklearen Katastrophe, immer noch im Untergrund und nutzt die Tunnel der Metro als Verbindungsglied zwischen den ebenfalls unterirdischen Städten.
Und so wenig Artjom redet, umso mehr geben die NPCs der übersichtlichen Welt von sich. Und da wir es in M:LL ausschließlich mit Russen zu tun haben, spricht jeder (!) Charakter mit russischem Akzent. Das ist so sinnlos wie es klingt. Alle Russen, die im Grunde die selbe Sprache (Russisch) sprechen, bevorzugen es, sich höchsteloquent, aber dennoch mit starkem Akzent deutsch (oder halt englisch) zu unterhalten, anstatt ihre Muttersprache zu verwenden? Es mag zwar das Jahr 2034 sein, aber sinnlos bleibt das trotzdem. Soll das dem Spieler klarmachen, dass wir in Russland sind? Ich denke, das sollte offensichtlich sein. Sogar das Alien spricht mit Akzent. So ein Quatsch.
Von Schleichern und Moorhühnern
Bereits auf der Gamescom 2011 präsentierte »THQ« – seinerzeit erst zum 23. Mal insolvent und noch nicht komplett pleite – einige Details des Spiels, unter anderem wurde eine Spielszene gezeigt, die es schaffte, dass ich mich tatsächlich auf den Titel freute: Eine Verfolgungsjagd auf Schienen, Sprung auf den Zug auf dem Nebengleis, ordentliche Balleraction AUF dem Zug, Explosionen, Krach-Bumm. Alles deutete darauf hin, dass hier Action geboten wird, die auch noch gut aussieht und nicht so hirnlos ist, wie beispielsweise die Shooter-Konkurrenz aus dem Hause Activision oder EA.
Als ich das Spiel starte werde ich allerdings eines Besseren belehrt. Das Spiel verlangt nun von mir, dass ich mich schleichend durch gegnergeflutete Räume bewege und damit rechnen muss, umgehend eines durchaus schmerzhaften Todes zu sterben, sollte ich auch nur einen Schritt in die falsche Richtung setzen. Stealth-Games, die Geißel der Menschheit. Aber M:LL möchte gar kein reinrassiger Schleicher sein, ganz im Gegenteil.
So nervig und unglaublich frustrierend und zeitraubend die Stealth-Einlagen auch sind, umso frustrierender und nervtötender sind die Ballerorgien, die die zweite Hälfte des Spiels dominieren. Hier mutiert das Spiel zu einer Art Moorhuhn-Klon mit schier endlosen Wellen an Gegnern, die am ohnehin schon knappen Munitionsvorrat knabbern wie Rainer Calmund am Spanferkel. Hier setzt dann auch das Konzept des Survival-Shooters komplett aus. Ich habe gar nicht die Wahl, überhaupt daran zu denken, meine Munition zu sparen, sondern ich werde regelrecht gezwungen, Magazin um Magazin auf die hektisch zappelnden und hakelig animierten Gegner zu ballern.
Dies geschieht übrigens im Rahmen einer der drei Spielmechaniken, mit denen M:LL aufwartet.
1. Schleichen
Wie erwähnt wird in M:LL zumindest im ersten Teil (erzwungen) geschlichen bis der Arzt kommt. Sobald man sich zu schnell bewegt oder ins Licht tritt, ist die bisherige Vorsicht für die Katz und man wird von den übermächtigen Gegnern oft zu feiner Leberwurst geballert und der Level muss komplett (!) neu geladen werden, was erneut wertvolle Lebenszeit vernichtet.
2. Gruselige Gänge
Die hochgelobte Atmosphäre des Shooters wird durch zwei Komponenten verursacht. Die erste ist technischer Natur: Volumetrisches Licht. Die zweite ist einfach nur billig: Schlecht beleuchtete Gänge, in denen von links und rechts gruselige Schnauf- und Grunzlaute widerhallen. ein ständiges, panisches Umschauen ist hier aber nur selten nötig, oftmals passiert hier rein gar nichts.
3. Aktivieren und warten
An (zu) vielen Stellen muss der Spieler einen Schalter/Hebel/wasauchimmer umlegen und muss warten, dass ein Mechanismus vollständig angelaufen ist. Dies nutzen die gewieften Entwickler selbstredend, um wieder Bösewichthorden aus allen Ecken und Enden gen Progatonist strömen zu lassen. Das ist nicht nur vorhersehbar, sondern auch richtig dämlich.
Bosskämpfe aus den Achzigern
Des Wahnsinns fetter Höhepunkt findet sich allerdings bei den Bosskämpfen. Die sind so dumm, die schwimmen sogar in Milch. Mit Konzepten, die vor 20 Jahren bereits langweilig waren, versuchen die Entwickler hier, den Menschen am Controller in Jauchzen und Erstaunen zu versetzen – Statt dessen muss ich das Steuergerät kurz beiseite legen um mir an den Kopf zu fassen und mein Antlitz ob der Fremdscham vor der Welt zu verstecken. Ein Boss mit Schwachstelle am Rücken, die strahlend rot leuchtet? Oder der Boss, der blind vor Wut durch den Raum rast und dabei Pfeiler umrennt? »Metro: Last Light« hat sie alle! Unoriginell, unkreativ, dreist – Nennt es, wie ihr wollt; Ich bin fassungslos.
Die Macher bedienen sich verschiedenster Stilmittel um die Geschichte zu erklären, das mit Abstand am häufigsten eingesetzte ist allerdings das der “Ohnmacht des Protagonisten”. Das wird bis zum Erbrechen durchexerziert und zeugt nicht nur erneut von der fehlenden Kreativität der Entwickler, sondern steht auch stellvertretend für das repetetive Konzept des gesamten Spiels.
Optisch bietet M:LL kaum Angriffsfläche für Kritik. Zwar ist die gesamte Geometrie, sowohl der Levels als auch die der Charaktere mit der groben Kelle geschnitzt, ebenso die Charakteranimationen. Warum sich hier kaum Mühe gegeben wurde ist mir ein großes Rätsel, sind die Beleuchtungseffekte und die Lichtgebung doch immer exzellent inszeniert. Besonders bei Gegenlicht zeigt sich, wie großartig M:LL eigentlich hätte aussehen können. Besonders macht sich dies natürlich auf der derzeitigen Konsolengeneration bemerkbar. Wo man im direkten Vergleich in der PC-Fassung sehr viele Details, insbesondere in Sachen Texturierung und Reichtum an Bodenobjekten, bemerkt, wirkt die Xbox-Version fast karg dagegen.
Auch wenn das Gameplay an sich gut funktioniert, die Steuerung sehr intuitiv dahergeht und das Zielen mit dem Xbox-Controller sehr leicht fällt, bietet das Spiel ansonsten kaum nennenswerte positive Punkte. Ein blöde Story, die durch billigste Erzählmethoden vorangetrieben wird, rückständige Spielmechaniken und ein inkonsequentes Allgemeinkonzept machen »Metro: Last Light« höchstens zu einem Mittelklassespiel, was letztlich auch nur der halbwegs ansehnlichen Grafik zuzuschreiben ist. Die oftmals so hoch gelobte Atmosphäre wird durch durchschaubare Effekthascherei produziert und ringt mir höchstens ein müdes Lächeln ab, zu gewollt ist das Ganze.
Kurz: Inkonsequent, rückständig, durchschaubar. Schade eigentlich, bietet das Setting in seinen Ansätzen doch unendliche Möglichkeiten. Ein Franchise, das in einer postnuklearen Welt spielt, mit einer soliden Fanbase im Rücken und einer Grafikengine, die so viel zu bieten hätte. Wirklich schade.
Alle gezeigten Screenshots stammen von der Xbox360-Version des Spiels.