Videospiele eignen sich fantastisch als Thema für anregende Diskussionen. Es gibt Spieler, die eine ganze politische Agenda hinter dem Verlust der Singleplayer-Kampagne des neuen »Call of Duty« sehen. Andere wiederum verteidigen die Spiele ihrer Kindheit mit aufgesetzter, rosaroter Nostalgie-Brille und beschmeißen jeden mit Beleidigungen, der etwas anderes behauptet. In einer Zeit, in der jeder auf seine Meinungsfreiheit pocht, sind Argumente manchmal recht rar gesät. Die eigene Meinung wird als unfehlbar auf einen goldenen Thron gehoben und andere Ansichten werden erst gar nicht angehört. Doch gerade wir als Gaming-Community schimpfen uns als so tolerant und mutieren dann zu kleinen, quengelnden Kindern, wenn es um unsere Lieblinge geht. Gibt es Spiele, die über jegliche Kritik erhaben sind? Selbst wenn sie schon einige Jahre auf dem Buckel haben?
Eventuell mag man es schon mitbekommen haben, weil ich seit Wochen über kein Game so viel gesprochen habe – ich mag »Detroit: Become Human«. Ich mag es so gerne, dass man davon ausgehen kann, dass dies mein Spiel des Jahres wird. Heißt das, dass ich es perfekt finde und es keine Kritikpunkte gibt? Nein! Sehr lange habe ich mich mit dem lieben Sebastian „Dodo“ Fink über dieses Spiel unterhalten. Es hat Logikfehler – die kann man wegdiskutieren. Es hat sehr viele Klischees – die kann man weniger wegdiskutieren. Ich verstehe viele Kritikpunkte, die Gamer an dieses Spiel haben, was jedoch nicht bedeutet, dass ich weniger Spaß an dem Spiel habe.
Und da kommen wir zur nächsten Mechanik, die viele vor allem junge Leute an den Tag legen – Kritik an einem geliebten Medium persönlich nehmen. Für mich ist Fortnite nicht das Gelbe vom Ei. Habe ich ein Problem damit, dass es viele Spieler hat? Nein! Ist es ein wahnsinnig gutes Spiel, weil es viele Spieler hat? Nein! Wie viele Menschen spielen Pay2Win-Apps und trotzdem sind das keine guten Spiele. Müssen jetzt Spieler von solchen Apps angepieselt sein? Nein! Wenn ihr Spaß daran habt, dann habt Spaß daran und hört nicht auf mich! Solange es keinem schadet, soll doch jeder machen, was er möchte. Mein bester Freund mag Borderlands, ich kann damit nichts anfangen. Wir sind damit beide komplett cool.
Aber jetzt haben wir nur über aktuelle Spiele gesprochen. So hitzig, wie über brandneue Spiele debattiert wird, so unangetastet sind einige alte Games. Im November kommt »Spyro« aufpoliert auf die neuen Konsolen. Beim Anspielen auf der Gamescom haben sich viele eher verhalten über die Neufassung geäußert – das Problem daran war wohl, dass sie vorher noch niemals Spyro gespielt haben. Für die war es ein durchschnittliches Spiel, während mir bei den Remakes das Herz aufgeht.
Genau anders herum erging es mir mit »Go Vacation«. Dieses Spiel kam 2011 für die Wii raus und dieses Jahr nochmal für die Switch. Von vielen wurde mir dieses Spiel empfohlen. “Du mochtest Yonder, also ist Go Vacation auch etwas für dich! So entspannend!” Leider nein. Go Vacation war für mich persönlich eines der langweiligsten Spiele, die ich je in die Finger bekommen habe. Nun gibt es tatsächlich Menschen, die meinen, dass ich dies nicht sagen dürfte, weil sie dieses Spiel damals so verdammt gut fanden.
Sind Spiele, die wir in unser Kindheit gespielt haben über jegliche Kritik erhaben? Nehmen wir das ultimative Beispiel – »Super Mario 64«. Für die Videospielgeschichte ist dieses Spiel sehr wichtig, weil es die Mario 2D Jump&Runs in die 3D Ära gebracht hat. Die Kamera ist dabei nicht die beste und schwank stark, sodass man bei einigen Sprüngen Probleme bekommt. Ich kann verstehen, wenn jemand dieses Game nicht mag und sagt für ihn wäre »Super Mario Odyssey« viel besser. Wenn man die rosarote Nostalgiebrille aufhat, dann geht es um die Erinnerungen an die Zeit, als wir dieses Spiel zum ersten Mal konsumiert haben und nicht an das Spiel an sich. Und das ist auch in Ordnung, solange man Kritik akzeptiert bzw. sie existieren lässt.
Gibt es überhaupt das perfekte Spiel? »The Witcher 3 – Wild Hunt« sahnte fantastische Kritiken ab und auch ich liebe es. Trotzdem kann ich zugeben, dass die Wegfindung mit dem Pferd Plötze nicht gut ist. Vielleicht müssen Spiele einen Fehler haben um liebenswert zu sein? Man spricht immer von Perfektion, aber sind es nicht gerade die kleinen Fehler, die zur Würze beitragen? Ich lass das jetzt mal so stehen.
Ich glaube mit den Lieblingsspielen, egal ob von heute oder aus der Kindheit, ist es wie mit dem Konsolen. Irgendwo ist da dieses irrsinnige Gefühl seinen Kauf verteidigen zu müssen. Ja wenn du nur das gespielt hast, kannst du ja gar nicht wissen, dass meine Spielwahl viel besser ist als deine. Ach was, dafür ist mein Spiel da besser und somit generell. Und so geht es weiter.
Ich würde sagen, dass ein Mario 64 ein hervorragendes Spiel ist. Zum einen, weil ich es damals als Kind gespielt habe und da war mir die Entwicklung und die Bedeutung für das Genre vollkommen egal. Heute weiß ich um die Vorreiterrolle von Mario 64 und weiß, dass es Mario Odyssey ohne wohl so nie gegeben hätte. Ist es deswegen perfekt? Nein, natürlich nicht. Aber kein Spiel ist perfekt.
Ich liebe Mass Effect Andromeda. Ich finde, dass es von vielen zu Unrecht niedergemacht wurde. Aber aus Gründen die mir nicht wichtig sind. Ich sehe die Fehler und die Probleme, aber für mich überwiegen die positiven Punkte des Spiels.