90 Stunden und 53 Minuten Spielzeit stehen in meiner Destiny-App; real dürfte die 100-Stunden-Marke aber schon geknackt sein, denn die App zählt nur die „Ingame“-Minuten.
Obwohl 90 Stunden verglichen mit meinen bisherigen MMO-Erfahrungen vergleichsweise wenig sind, frage ich mich bei »Destiny« schon etwas länger, was ich da eigentlich mache. Was hat Bungie kreiert, das mich beim Spielen oft tierisch langweilt und mich trotzdem jeden Tag wieder zurückkommen lässt?
Von der Uni heimkommen, PS4 einschalten, Destiny starten, Ladezeit, tägliche Quests abholen, Ladezeit, Quests abarbeiten, Ladezeit, Erfahrung kassieren, Destiny ausmachen.
Ungefähr so sieht der Destiny-Alltag aus, jedenfalls für die meisten Spieler. Im PVE gibts nämlich in Destiny herzlichst wenig zu machen, denn auf Raids und vergleichbaren Aktivitäten liegt eine wöchentliche Restriktion und so kann ich zumeist in den 2 Tagen nach Reset dieser Restriktion alles durchspielen, was Destiny an spaßigen Aufgaben zu bieten hat und so bleibt die restliche Woche nur noch grinden, grinden, grinden.
Der Grund für meine weitere Teilnahme ist wohl hauptsächlich das gute Gunplay und die Interaktion mit meinem Team während Raids. Dies sind die beiden Punkte bei denen Bungie alles richtig gemacht hat.
An dem schon zuhauf gelobten Gunplay kann man wirklich kaum etwas kritisieren. Die Waffen fühlen sich beim Spielen unglaublich gut an, sind spaßig zu bedienen und der wohl wichtigste Punkt: Man bemerkt wirkliche Unterschiede zwischen den Waffen.
Während ich mich bei anderen Shootern eher weniger darauf freue, neue Waffen zu bekommen, da sie sich im Endeffekt eh gleich spielen (insignifikante Schussratenerhöhungen und mehr Schaden sind keine großartigen Modifikationen), habe ich bei Destiny stets Anreize mir weitere Waffen zu erspielen, welche wirklich bemerkbare Änderungen für mich bereit halten.
So gibt es – um nur einige Beispiele zu nennen – Munition generierende Sniper-Gewehre, Pistolen, die nach Treffern Schaden über Zeit verursachen und Raketenwerfer, die zielsuchende Geschosse bereithalten. Da ich bei Erhalt einer Waffe alle Upgrades jener zuerst freispielen muss, ist immer genügend Ansporn vorhanden mehr Erfahrung zu sammeln und so mehr Upgrades freizuschalten.
Das Destiny Lategame hat sich ganz diesem Prinzip verschrieben, denn es besteht fast ausschließlich aus „hochleveln“ der eigenen Ausrüstung und obwohl das zu Beginn noch interessant ist, da man jede Menge neuer Sachen freischaltet, ist wird es auf die Dauer leider plump und langweilig.
Ansprechend ist das Hochleveln aber vor allem auch, da die Benutzung der neu maximierten Ausrüstung während Raids mit anderen Spielern unfassbar belohnend ist, denn der Coop-Kern von Destiny ist durchaus gelungen. Die Raids sind ohne ordentliche Absprachen über Sprachchats so gut wie unmöglich, denn jeder Spieler hat während des Raids eigene Aufgaben zu erledigen und oftmals ist auch Timing eine wichtige Komponente.
Die Magie von Destiny entfaltet sich erst komplett, wenn ich in Gruppen unterwegs bin und dabei Menschen aus dem Rest der Welt kennen lerne.
Leider wirft mir Bungie etliche Steine in den Weg, wenn es um einfache Gruppenfindung geht.
Gibt es Matchmaking für Raids? Nein.
Gibt es Matchmaking für die schwereren wöchentlichen Aufgaben? Nein.
Gibt es im öffentlichen Treffpunkt aller Spieler – dem Tower – einen öffentlichen Chat, um Gruppengesuche zu posten? Leider auch nicht.
Nachdem Bungie es mir also nicht ermöglicht Ingame Mitstreiter zu finden, muss ich zwangsläufig auf andere Dienste zurückgreifen. So gibt es einen eigenen Reddit Sub zur Gruppenfindung ( /r/fireteams ) sowie auch etliche Websites, die nur aus diesem Grund erstellt wurden ( www.firetea.ms ). Als Spieler ohne eine sehr aktive Destiny-Freundesliste muss man, bevor man in den Genuss des Raids kommt, sich also erst mal am PC bemühen und irgendwie 6 andere Mitstreiter finden.
Was aber gibt mir das Gefühl, dass 100 Stunden Destiny Stunden schon wesentlich zu viel sind?
Während mich die nicht Existenz einer guten Story bei MMO(RPGS) relativ kalt lässt (Wenn erst einmal die 1000 Spielstunden geknackt sind interessiert mich eh nur noch das Gameplay und keine nervigen Zwischensequenzen) und auch die Gruppenfindungsproblematik noch kein Ausschlussgrund wäre, ist Content eine für mich durchaus wichtige Komponente. Und hier mangelt es Destiny ganz gewaltig. Vor dem ersten DLC gab es einen Raid, sechs Strikes und etliche Missionen. Nach ca. 25 Stunden Spielzeit hatte ich alle Strikes und Missionen einmal gespielt und bis auf den Raid habe ich damit allen Content, den Destiny zu bieten hat, gesehen. An diesem Punkt angelangt habe ich noch lange nicht genügend Erfahrung, um den Raid zu betreten, es heißt also: das große Grinden kann beginnen.
Die nächsten 30 Stunden werde ich damit verbringen Strikes zu wiederholen, Missionen wieder und wieder durchzurushen und tägliche Quests zu erledigen (wobei auch diese sich ungefähr alle 3 Tage wiederholen). Würde es irgendwelche Mechaniken geben, die ich neben dem täglichen Einheitsbrei erledigen könnte, wäre die tägliche Grinderei wahrscheinlich nicht ganz so tragisch, aber Systeme von anderen MMOs wie z.B. zu erlernende Berufe oder ein gut durchdachtes Handelssystem fehlen in Destiny vollkommen und so bleibt mir nichts anderes übrig als täglich meine immer gleichen Aufträge zu erfüllen. Diese sind leider so einfach, dass es kaum Anreize gibt, mich auf die lange Suche nach Mitstreitern in Internetportalen zu begeben, und so renne ich täglich mutterseelenallein mit Waffe und Rüstung über Mars, Venus, Erde und Mond.
Was mich dabei antreibt ist der Gedanke an die fordernden Raids für welche ich natürlich gute Ausrüstung brauche.
Meine Destiny-Karriere werde ich wohl trotzdem erst mal an den Haken hängen, denn nach dem 30sten Durchlauf eines Strikes bin ich zu abgestumpft, um noch Spaß an dem Gunplay zu empfinden.
Das Destiny-Franchise werde ich trotzdem weiter verfolgen, denn wenn ich in meiner Destiny-Zeit eins gesehen habe, dann, dass definitiv genügend Potential da ist, um ein klasse Spiel zu kreieren, wenn man sich in der Schaffenszeit nur auf alle Aspekte eines guten MMO-Shooters fokussiert und sich nicht, wie bei Destiny, nur 2 Aspekte raussucht und diese perfektioniert.
Gastautor Lukas: Benutzte den Computer schon in früher Kindheit als Lern- und Spielgerät. Taucht liebend gerne für Wochen in atmosphärische Spiele ein oder maximiert irrsinnig doofe Titel in MMORPGs. Nennt sich spaßeshalber CS:GO Spieler, ist aber (noch) weit von der Weltspitze entfernt. Twittert privat unter @sncyth und steht auch außerhalb von Games auf alles was sich unter dem Begriff “Nerdstuff” zusammenfassen lässt.