Sherlock Holmes übt seit jeher eine Faszination aus und gerade die Neuauflage der Serie mit Benedict Cumberbatch in der Hauptrolle, sowie Martin Freeman als Watson, erfreut sich an sehr großer Beliebtheit und machte den genialen Detektiv wieder populär. Schauen wir doch mal, was »Sherlock Holmes: The Devil’s Daughter« – das neuste Spiel seiner Abenteuer – bereit hält und welche Ähnlichkeiten und Unterschiede es zu den verschiedenen Interpretationen der Figur gibt.
Überblick über das Spiel
Das Spiel erschien im Sommer 2016 und ist somit der jüngste Teil dieser Reihe. Es ist für mehrere Plattformen erhältlich, ich persönlich habe es auf der Playstation 4 durchgespielt. Insgesamt gibt es leider nur 4 Fälle, sowie das „große“ Finale, welches zwar unfassbar spannend, jedoch wirklich kurz gehalten ist. Allgemein waren die Längen der Fälle sehr unausgeglichen.
Der erste Fall war sehr spannend, nach meinem Geschmack relativ kurz, und vorhersehbar. Ich hatte das Ende schon nach ¼ des Falles erraten. Inhaltlich war dieser Fall trotz allem sehr intensiv und vor allem abwechslungsreich.
Der zweite Fall war mein absoluter Favorit, das finale Rätsel war unfassbar lang und erforderte Konzentration und Auffassungsgabe. Danach war ich in der Materie drin und entschied mich spontan den Rest zu twitchen, weil ich es so aufreibend fand.
Leider entpuppten sich die letzten beiden Fälle als paradox langatmig und zugleich kurz angebunden. Ich unterbrach den dritten Fall, weil ich keine Lust mehr hatte und musste später feststellen, dass ich eigentlich schon am Ende gewesen war.
Der letzte Fall fing vielversprechend mit einem Massenunfall an, den es zu lösen galt, nachdem man in schneller Abfolge versuchen musste, alle Unfallbeteiligten zu retten. Wenn man nicht schnell genug und nicht in logischer Reihenfolge agierte, konnte es auch zu Toden führen. Die Unfallherleitung war innovativ und es musste stark aufs Detail geachtet werden. Danach lief der Fall jedoch relativ unspektakulär ab, da sich nichts herleiten lassen musste. Man ging durch die Kanalisation, um einen Brief zu finden, um daraufhin seine restliche Zeit auf dem Polizeipräsidium zu verbringen und die Verdächtigen zu befragen.
Den Täter finden
Die Herleitungen wurden durch Synapsen dargestellt, die sich verbinden ließen. Fakten und Beweisstücke ließen sich kombinieren, um so in den Synapsenpool aufgenommen zu werden. Manche wurden als bloße Fakten hingestellt, welche sich eventuell weiter verbinden konnten, je nachdem was man schon herausgefunden hatte. An anderen Stellen musste man sich entscheiden, ob derjenige eventuell gelogen hat oder vielleicht auch gar nicht in der Lage sein kann, z.B. eine Falle aus Strom zu bauen. Der erste Fall war eindeutig, da nur eine Konklusion alle Synapsen miteinander verband. Bei den anderen Fällen waren die Verbindungen so ausgeglichen, dass man selber entscheiden musste, wen man für den Täter hält.
Hinweis: Alle Entscheidungen lassen sich im leichten Spielmodus rückgängig machen, sollte man den falschen Täter beschuldigt haben.
Ähnlichkeiten mit anderen Sherlock Holmes
Der Sherlock des Spiels ist eine wilde Mischung aus verschiedenen bekannten Figuren. Besonders auffällig finde ich die Anlehnungen an Benedict Cumberbatch und Robert Downie Jr.
Aber auch Basil Rathbones Charakterzüge, aus den Filmen ab 1939, lassen sich erkennen. Gerade sein Mantel, der so untypisch für die damalige Zeit ist, ist eines seiner liebenswertesten Merkmale. Der locker herum geschwungene Schal macht ihn modern und lässt ihn weniger konventionell wirken.
Durch den vorhandenen Schminktisch kann man sein Aussehen und seine Kleidung nach seinem eigenen Geschmack verändern. Grundsätzlich sollte das als Verkleidung dienen, die aber nur einmal zum Einsatz kommen muss.
Äußerlichkeiten
Sherlock hat meiner Meinung nach starke Ähnlichkeit mit dem Schauspieler Robert Downey Jr., welcher 2009 und 2011 im Kino als Sherlock auftrat (Sherlock Holmes, Sherlock Holmes: Spiel im Schatten). Auf der anderen Seite ähnelt sein Verhalten dem von Benedict Cumberbatch. Er liegt gelangweilt auf dem Sofa und empfindet es als Qual nichts zu tun zu haben. Dieses Verhalten können wir in der Serie ganz zu Beginn auch beobachten.
Durch die Möglichkeit des Verkleidens, stehen einem mehrere Optionen zur Auswahl. Unter anderem zum Beispiel der altbekannte Morgenmantel, auch von Basils Darbietung her, sowie verschiedene Jobs – Pastor, Seemann, Räuber – lassen sich finden. Außerdem lässt sich die Frisur und der Bart ganz nach Belieben anpassen. Selber die berühmte Deerstalker-Mütze ist dabei. Manche der Bärte haben eher einen komödiantischen Effekt und schlussendlich bleibt man irgendwie doch bei dem vorgegeben Sherlock. Einfach weil er modern genug aussieht und einen frischen Wind in das alte viktorianische England bringt.
Verhalten
Sobald man einen Charakter trifft, mit dem man sich unterhalten kann, lässt sich der Gegenüber nach seinem Äußeren analysieren. Auf dem höheren Schwierigkeitsgrad hat man dafür auch nur begrenzt Zeit. Wie im Original kann man sich dazu entscheiden. den Täter der Polizei zu übergeben oder ihn laufen zu lassen. Die Entscheidungen haben eigentlich keinerlei Auswirkungen auf das weitere Spiel. Durch die schnelle Auffassungsgabe befinden wir uns natürlich im Vorteil gegenüber den Anderen. Allgemein wird unser Verhalten gut toleriert. Zu Anfang scheint es, als ob die Polizei weniger gerne mit uns zusammenarbeiten möchte. Zum Schluss hin verlangen wir einfach einige Festnahmen und Inspektor Lestrade bringt uns die Verdächtigen ohne Kommentar aufs Präsidium.
Charakter
Charakterlich wurde versucht eine neue Figur zu erschaffen, eine liebenswertere als der kalte und abweisende Benedict Cumberbatch. Gerade das Zusammenspiel mit der Tochter, für die er viel empfindet, soll dazu führen, dass seine Charaktereigenschaften menschlicher wirken. Obwohl er den Geburtstag der Tochter vergessen hat und sich zu sehr auf die Fälle konzentriert, wird er zum Ende hin sehr emotional und zeigt starke Gefühle hinsichtlich seiner Tochter. Im 4. Fall trifft er auf einen Vater mit einer schwerkranken Tochter und wirkt stark mitgenommen durch den Anblick. Zudem zeigt er großes Verständnis, dass dieser aus dem Präsidium geflohen ist, um bei ihr zu sein.
Watson
Äußerlich ist Dr. Watson stark an Jude Law angelehnt. Anders als bei anderen Darstellungen wirkt Watson im Spiel sehr kompetent und selbstsicher. Er fungiert nicht als unterdurchschnittlich Intelligenter Handlanger. Die Hälfte der Zeit ist er nicht einmal zugegen, weil er nach Patienten sehen will oder sich um verletzte kümmern muss. Er ist Sherlock ein guter Freund, aber mit eigenem Charakter, zudem ist er sportlich, schlank und stets gut gekleidet, anders als manch andere Figuren, die man im Laufe der Jahre zu sehen bekam.
Fazit des Spiels
Abschließend möchte ich sagen, dass ich es sehr genossen habe »Sherlock Holmes: The Devil’s Daughter« zu spielen und zu rätseln. Ich persönlich bin von Point-and-Click-Adventures immer fasziniert und angetan. Die Anlehnungen an andere Sherlocks brachte mich des Öfteren zum schmunzeln. Das Spiel ist einfallsreich, innovativ und denkt sich immer wieder etwas Neues aus. Doch leider werden all diese tollen Ideen immer nur angeschnitten und tauchen kein weiteres Mal auf. Nur einmal erschnüffelt man mit Hund Toby den Weg, nur einmal folgt man als Straßenkind einem Verdächtigen, nur einmal ist die richtige Verkleidung wirklich von Nöten.
Es ist schade, dass ein Spiel mit solchem Potenzial es nicht geschafft hat es auszuschöpfen. Der dritte und vierte Fall waren besonders enttäuschend, gerade weil man nur je knapp 2,5 Stunden braucht um sie zu lösen. Im Original ergaben so manche Fälle von Sherlock keinen Sinn und waren fragwürdig in Hinsicht des logischen Aufbaues. Ähnliches Gefühl überkam mich im dritten Fall, der wahllos Verdächtige hatte, welche alle hätten schuldig sein können.
Zusammenfassend: Es köderte mich mit einem vielversprechenden Trailer, der nichts mit dem Spiel zu tun hatte, begeisterte die ersten beiden Fälle, nur um einen doch bitter zu enttäuschen. Es gab gute Ideen und Ansätze, die leider nicht gut durchgesetzt worden sind. Das Spiel hätte länger, intensiver und eventuell auch schwieriger sein können. Der höhere Schwierigkeitsgrad gibt einem nur ein Zeitlimit, damit man sich beeilen muss. Künstlicher Stress hat aber nun einmal nichts mit Schwierigkeit zu tun.
Ich fand den Teil wieder richtig cool und einen Hauch stärker als der Vorgänger. Aber was zur Hölle sollte das Charakter-Redesign und die furchtbare furchtbare deutsche Sprachausgabe?
Persönlich mag ich das Redesign von Watson sehr gerne, weil er nicht diese Opfer-Sidekick-Rolle innehatte. Aber wieso Sherlock verändert wurde, enzieht sich auch meinem Verständnis.
Interessant, dass du die Sprachausgabe ansprichst, denn ich fand es sehr schade, dass man Englisch überhaupt nicht auswählen konnte. Watson war sprachlich in Ordnung, aber eben Sherlock wäre doch stark verbesserungswürdig gewesen. Wenn möglich, würde ich mich auch immer fürs Englische entscheiden.
Mir kam der Teil eher wie Crimes and Punishment 2.0 vor. Hätte man diese beiden Spiele kombiniert und/oder als ein einzelnes herausgebracht, wäre ich begeistert gewesen. So bin ich auch von der Spielzeit eher enttäuscht. Die Synchronstimme der Tochter fand ich einfach nur grauenvoll.
Übrigens könnt ihr das Spiel auf Englisch spielen, wenn ihr euer Steam auf Englisch stellt. Zumindest habe ich das als Grundeinstellung und das Spiel war dementsprechend auch so eingestellt.
Jetzt wo du es sagst, die Tochter war ein Alptraum! Auch nur ganz schlecht animiert. Der Kopf und das Gesicht sahen aus, als ob sie einer Erwachsenen hätten gehören sollen. Die Idee der Rahmengeschichte war nett, aber regelmäßig habe ich mich gefragt, wann es endlich Informationen zu ihr geben wird; wann sich das Ganze auflösen wird. Ich hatte sie als nicht unwichtig eingeschätzt, da sich der Trailer und Spieltitel um sie drehen.
Für den Preis war die Spieldauer einfach nicht lang genug.
Ich habe das Spiel auf der PS4 gespielt und weiß nicht, ob dieser Trick dort auch funktioniert, aber auf jeden Fall gut zu wissen. Danke :)