Review: Enslaved – Odyssey to the West 9

Review: Enslaved – Odyssey to the West 9

Von einer Gefangenschaft in die nächste, vom Regen in die Traufe – Monkey hatte sicher schon bessere Tage in seinem Leben. Auch wenn Trip ansehnlicher als die anonymen Sklavenhändler ist, hatte Monkey sich seine Freiheit, nachdem er aus der Zelle fliehen konnte, vermutlich etwas länger anhaltend vorgestellt. Wer sind die Sklavenhändler überhaupt und wie kommt Monkey in die Zelle auf deren Schiff? Das erfährt man alles nicht, Enslaved setzt direkt während der Flucht der beiden Protagonisten ein. Die technikaffine Trip bringt das Sklavenschiff zum Absturz, Monkey und sie selbst können mit einer Fluchtkapsel entkommen. Kurz darauf legt die junge Dame dem Muskelprotz ein Stirnband an, durch das er unter ihrer Kontrolle steht und stirbt, sollte er ihr nicht gehorchen.

Doch lasst uns mal kurz einen Schritt zurückgehen: Enslaved – Odyssey to the West spielt in einer nicht sehr fernen Zukunft, in der von der Menschheit nicht mehr viel übrig ist. Wie man das so aus diversen Sci-Fi-Streifen kennt, sind die Menschen selber an ihrer Ausrottung schuld. Die Ursache dafür kann überall begutachtet werden: aggressive Roboter, die alles angreifen, was Hirn statt Schaltkreise hat. Die Ausrottung der Gattung Homo Sapiens hat aber auch ihre guten Seiten; die Natur holt sich langsam zurück, was sie in vielen Milliarden Jahren erschaffen hatte und viele Milliarden Menschen in wenigen Jahrhunderten zerstört haben. Demzufolge ist Enslaved optisch ein echter Leckerbissen. Das überwucherte New York sieht einfach nur fantastisch aus. (Warum die kurzen Motorradszenen zwischendurch so wirken, als hätte der CG-Praktikant sie erstellt, ist mir unverständlich. Bis auf diese paar Patzer gibt es aber an der Optik nichts zu meckern.) Die Mimik der Charaktere gehört zu dem Besten, was ich je in einem Videospiel gesehen habe und es ist fast schon erschreckend, wie viel Emotion man in die traurigen Augen eines computergenerierten Charakters stecken kann. Mein persönlicher Favorit ist dabei Pigsy, der nicht umsonst eine eigene Story im ersten DLC bekommen wird. Insgesamt ist das Charakterdesign unvergleichbar gut, und das nicht nur bei Monkey, was ja dank Andy Serkis (Gollum, King Kong) nicht anders zu erwarten war.

Was allerdings das ganze Spiel über negativ auffällt ist die Steuerung. Monkey hat seinen Namen ja eigentlich nicht von ungefähr, der harte Kerl mit dem weichen Kern kann klettern wie ein Affe, der Spieler muss dafür aber leider nur die ganze Zeit den Sprungknopf und die Richtung drücken; man kann nicht abstürzen, nicht daneben springen… am Ende gibt es ein paar Szenen, in denen die Sprünge gut getimed werden müssen, das restliche Spiel über ist das Ganze aber sehr anspruchslos. Viel schwieriger ist es dagegen, von einem Objekt zu einem anderen zu springen oder gar einen Vorsprung zu erklimmen, der Monkey bis zur Hüfte geht. Monkey wandelt auf sehr eingeschränkten Pfaden und lässt sich davon nicht abbringen. Wenn vorgesehen ist, dass er die Treppe nimmt, kann er nicht daneben hoch klettern. Und was das Springen von Objekt zu Objekt angeht: da heißt es so lange am Abgrund stehend die Sprungtaste drücken bis Monkey sich zufällig an der einen Stelle befindet, an der er springen möchte. Sehr nervig, aber man gewöhnt sich dran. Woran man sich leider viel zu schnell gewöhnt, sind die Kämpfe. Die sehen das ganze Spiel über gleich aus: ein oder mehrere Metall-Monster rennen auf Monkey zu, Stab aufladen um den Energieschild des Gegners zu zerstören, draufhauen, draufhauen und nochmal draufhauen. Mit dem Stab kann Monkey auch schießen, was ich erst sehr spät im Spiel herausgefunden habe. Ich bin mir nicht sicher, ob ich die Erklärung verpasst habe oder ob es nie gesagt wurde. Neben Stab und eigenem Schutzschild nennt Monkey noch ein drittes Objekt sein Eigen; er nennt es einfach nur Cloud, ich nenne es Jindujun. Die Mischung aus Son Gokus Wolke und dem Fortbewegungsmittel vom Silver Surfer erscheint mitten im Spiel ganz plötzlich ohne Vorwarnung und kann leider auch nur in bestimmten Spielabschnitten benutzt werden, nämlich immer genau dann, wenn es ohne die Wolke gar nicht weiter ginge. Auf eine Erklärung, warum das so ist, wartet man leider auch vergebens.

Ähnlich ist es bei den Tech-Orbs, orange Kugeln, die überall in der Gegend herumfliegen. Die sammelt man ein, weil man das Verhalten, blind alles einzusammeln, durch jahrelanges Videospielen einfach im Blut hat. Dass man die zum Upgraden braucht, erfährt man erst später. Und wieso Monkey durch orange Fliegekugeln neue Kampftechniken lernen kann bleibt auch eines dieser Mysterien, ist aber nicht weiter tragisch, der Spieler sollte sich mittlerweile dran gewöhnt haben über vieles im Dunkeln gelassen zu werden. Was in dem Zusammenhang aber unglücklich ist, ist das Achievement, das es für das Einsammeln aller Tech-Orbs gibt. Total dämlich und unnötig, jeder normale Spieler müsste das ganze Spiel dafür noch ein zweites Mal mit Karte durchspielen. Warum es nach dem Punkt, an dem einem gesagt wird, dass man nicht mehr upgraden könne, trotzdem noch Tech-Orbs gibt, bleibt wohl ein weiteres ungelöstes Rätsel des Spiels.

Während Monkey durch die Gegend rennt, entdeckt er immer mehr von der vergangenen menschlichen Zivilisation. Hinzu kommen Visionen, die er durch das Stirnband hat, in denen er New York und andere Ecken unserer Welt in ihrer vollen Pracht sieht – alles durch die Augen der geheimnisvollen Person, die ebenfalls von Andy Serkis gespielt wird. Macht man sich schließlich auf den Weg, die Sklavenhändler aus den Anfängen des Spiels ausfindig zu machen und auszulöschen, bekommt der Spieler so eine weitere Motivation – nämlich eine Erklärung für die Flashbacks zu bekommen. Die bekommt man dann im Epilog auch, der zwar echt toll gemacht ist, mich aber irgendwie einen coolen Storytwist vermissen ließ.

Enslaved: Odyssey to the West (Xbox 360, PS3)
Entwickler: Ninja Theory
Publisher: Namco Bandai Games
Erscheinungsdatum: bereits erschienen
USK-Einstufung: ab 16 freigegeben

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Enslaved: Odyssey to the West ist ein optisch grandioses Game mit fantastisch ausgearbeiteten Charakteren, tollem Voice-Acting und vielen Cutscenes, die insgesamt eine interessante, wenn auch wenig innovative, Story erzählen. Auf die Kämpfe hätte man auch gut verzichten können, die entwickeln sich im Laufe des Spiels so gut wie gar nicht weiter und unterbrechen meist nur den Spielfluss unnötig. Die hakelige Steuerung nervt leider das ganze Spiel über, auch wenn man sich halbwegs daran gewöhnt hat. Der Ausblick auf die grünen Hügel um Trips Heimat herum entschädigen aber zumindest teilweise für die frustrierenden Stellen, in denen Monkey einfach nicht macht, was er machen soll. Ein bisschen mehr Rätsel und ein bisschen weniger der eintönigen Hau-drauf-Kämpfe hätten dem Action-Adventure sicher gut getan.

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Mit-Gründer von Zockwork Orange, Casual Gamer, Assassin's-Creed-Fanboy, Hyrule-Retter. Beendet Spiele oft nicht, schreibt trotzdem drüber.

9 Comments

  1. Das Fazit trifft es leider ziemlich genau. Schön anzuschauen, spielerisch leider etwas dünn. Und die Story dümpelt auch nur vor sich hin, was sich auch durch den großartigen Epilog nicht wirklich wettmachen lässt.
    Nur was das Voiceacting angeht, würde ich etwas widersprechen. Trip’s Stimme kann nämlich ganz schön nerven, wenn Sie mal wieder irgendwo hin geworfen werden will :)

  2. War eigentlich sehr interessiert an dem Titel, nicht zuletzt dank zahlreicher positiver Artikel dazu. Nun ist es im Wunschzettelranking etwas abgerutscht – reicht wohl, wenn man es sich als Budgetversion holt. :)

  3. Achja, Enslaved. Ein wunderschönes Spiel… ich habe ja kaum was davon mitgekriegt, bis ich 5 Tage vor Release eher durch Zufall darauf aufmerksam gemacht wurde. Ich hab es dann sofort vorbestellt und als ich es dann hatte auch direkt losgespielt, ohne Pause bis zum Ende.
    Optisch wirklich sehr schön und auch die Geschichte konnte wirklich überzeugen (auch wenn ich das Ende irgendwie komisch fand) und vorallem die Art wie sie erzählt wurde. Gegen die Steuerung hatte ich nichts auszusetzen, aber bei den doch eher nervigen Kämpfen muss ich teilweise zustimmen. Hätte man diese weggelassen hätte doch etwas gefehlt, lediglich das Kampfsystem hätte überarbeitet werden müssen.
    An sich ein echt schönes Spiel, welches ich auch immer gern weiterempfehle.

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