Ich muss gestehen, dass ich wirklich skeptisch war, als ich das erste Mal von »Das Schwarze Auge – Blackguards« gehört habe. Nicht etwa, weil ich damals schon großartig irgendetwas vom Spiel gesehen hätte, denn das war noch in der frühen Alpha-Phase und es gab nur ein paar Screenshots auf Daedalics Website, mit ein paar Umrissen von dem, was es einmal werden sollte in Textform. Nein, es war der Name an und für sich. In all meinen bisherigen Artikeln über Rollenspiele, sei es nun die »Baldur’s Gate Enhanced Edition« oder »DSA – Demonicon«, habe ich nie einen Hehl daraus gemacht, dass ich ein Fan von Pen&Paper-Rollenspielen bin. Für alle, die es nicht wissen: Pen&Paper-Rollenspiele beinhalten eines oder mehrere Regelwerke als Buch, Charakterbögen auf Papier und man sitzt mit ein paar Kumpels an einem Tisch und erzählt sich eine interaktive Geschichte, bei der Proben (etwa wenn ein Schlag mit einem Kriegshammer klappen soll) mit Würfeln entschieden werden. Als jemand, der solche Spiele schon seit seiner Kindheit gerne spielt, war mir sofort klar: Das Wort „Blackguards“ hat absolut nichts mit dem Universum von »Das Schwarze Auge« zu tun, sondern steht für eine Charakterklasse in Dungeons&Dragons, dem System auf dem viele Videospiel-RPGs basieren. Die beiden Teile von »Neverwinter Nights« zum Beispiel. Meine Befürchtung war, dass Daedalic die DSA-Lizenz nehmen und völlig verfremden könnte, um auf dem internationalen Rollenspielmarkt konkurrenzfähig zu sein. Obwohl ich andere Systeme wie Dungeons&Dragons nämlich auch sehr mag, hat das trotzdem aber nicht wirklich etwas mit DSA zu tun, welches weniger High-Fantasy ist, sondern ein etwas „authentischeres“ Mittelalterfeeling rüberbringen soll. Haben sich meine Befürchtungen bewahrheitet?
Kurz gesagt: nö. »Blackguards« erzählt die Geschichte eines Charakters, den sich der Spieler zu Beginn selbst aus den drei Standardfantasyklassen erstellt: Krieger, Magier
Während viele neuere Adaptionen von DSA, etwa »Drakensang« oder »Demonicon«, ein sehr offenes Rollenspielerlebnis bieten sollen, wie man es aus anderen Videospielen dieser Art kennt – man rennt durch eine Spielwelt, löst Quests, bekämpft Monster in Echtzeit, etc. – beschränkt sich »Blackguards« einerseits auf Storytelling, andererseits auf rundenbasierte Schlachten und funktioniert dadurch ganz hervorragend. Der Grund dafür ist, dass es auf diese Weise am nächsten an der Pen&Paper-Vorlage dran ist. Für Spieler, die damit nix am Hut haben, wird das zunächst vermutlich etwas gewöhnungsbedürftig sein, für mich als Pen&Paper-Geek ist es damit aber mit das beste aktuelle DSA am PC. Damit ist es allerdings noch längst nicht perfekt. Die gesamte Geschichte ist relativ linear, und auch wenn einem ein Mindestmaß an Entscheidungsfreiheit vorgespielt wird, scheint das was man tut die Gesamtheit der Ereignisse selten in irgendeiner Weise zu beeinflussen. Außerdem gibt es da eine ganz bestimmte Stelle, die mir das Spiel aufgrund ihrer Auswirkungen auf die Handlung um ein Haar ziemlich mies gemacht hätte. Zwar war ich sehr froh, dass ich mich davon nicht habe abschrecken lassen, zumal das Spiel erst danach noch mal richtig in die Vollen geht, aber trotzdem… Argh. (Da es sich hierbei um einen dicken fetten Spoiler handelt, findet ihr meinen Fanboy-Rant nicht hier, sondern als „Bonusfeature“ am Ende des Artikels.) Auch ein vielleicht etwas ausgefeilteres Magiesystem (Dämonologie! Dschinne!) wäre sehr toll gewesen, obwohl die Auswahl der Zaubersprüche auch jetzt schon sehr vernünftig ist und Abwechslung bietet.
httpv://youtu.be/nCouDoVK5aw
Bonusfeature (Spoiler):
Noch da? Okay, dann kann ich ja mit meinem Gemecker loslegen… Niam. WHAT THE FUCK?! Da wird diese Story um ihre Schwester, etc. aufgemacht, man verbringt Zeit mit der Junkie-Elfe und was passiert? Diese BESCHISSENE Asselkönigin im zweiten Kapitel und man kann noch nicht mal was dagegen machen??! Mal im Ernst, es hätte so viel Potenzial für diesen Charakter gegeben. Der Kampf gegen die Sucht, eine Geschichte um den Kampf gegen sich selbst und wie man letztlich auch an den inneren Herausforderungen wächst. Von allen Mitstreitern im gesamten Spiel hätte Niam das Potenzial für einen sehr intelligenten, erwachsenen Subplot gehabt und dann wird sie einfach gekillt, während sie in den Kämpfen kurz vorher schon so gut wie nutzlos war. Wie ein Kumpel mir letztens schon sagte “Drugs kill, dude.” Schön und gut und ich hätte verstanden, wenn die Entwickler das Ganze auch mit einer sauschweren Herausforderung verknüpft hätten, an der man sich auch gut und gerne mal hätte die Zähne ausbeißen können. Wenn man wenigstens die vergleichsweise geringe Chance gehabt hätte etwas zu unternehmen… Aber nöööööö… In der Pen&Paper-Szene gibt es einen Ausdruck dafür: „Railroading“. Das ist, wenn einem als Spieler, in einem als nonlinear verstandenen Spielfluss, plötzlich jedwede Handlungsmöglichkeit genommen wird und der Meister (also der Erzähler der Handlung) einen plötzlich vor vollendete Tatsachen stellt, bloß weil er einen bestimmten Ausgang erzwingen will. Quasi DIE Kardinalsünde für jeden, der schon einmal mit seinen Kumpels solch ein Spiel gespielt hat. Liebe Menschen von Daedalic: ich mag euch und was ihr hier auf die Beine gestellt habt wirklich sehr gerne, aber das hätte nicht sein müssen.