Zockwork Orange

Review: Chaos auf Deponia

Den Heimatplaneten vor der Zerstörung bewahren, dabei ein besseres Leben und die Liebe finden – und das alles noch vor dem Frühstück. Das ist nicht leicht, ihr kennt das. Doch genau das hat Rufus – der heimliche Held Deponias – vor. Erschwert wird ihm diese Aufgabe durch seine Tollpatschigkeit und durch die Tatsache, dass ihn jeder für einen störenden Nichtsnutz hält und ihn niemand so richtig leiden kann.

Deponia – das ist der Müllplanet, von dem Rufus einst entkommen wollte, ab nach Elysium, wo Milch und Honig fließen und Rufus die Damen zu Füßen liegen sollen. Damen wie Goal, die dank Rufus zum wiederholten Male aus hunderten Metern Höhe gestürzt sind. Letztes Mal zog das ein langes Koma nach sich, dieses Mal musste Goals Gehirnimplantat dran glauben. Das ist ist zwar fix repariert, leider wird dadurch Goals Persönlichkeit in drei Teile gespalten. Rufus’ Aufgabe: alle drei Goals davon überzeugen, sich einer erneuten Operation zu unterziehen, denn nur mit Goals Hilfe kann die bevorstehende Zerstörung Deponias durch den bösen Organon verhindert werden.

Wo wir uns also in Teil 1 hauptsächlich im Dorf Kuvaq befanden, spielt Teil 2 der Deponia-Trilogie im Schwimmenden Schwarzmarkt, einer Waterworld-esquen Ansammlung von Schiffen, Hausbooten und Treibgut. Diese schwimmende Stadt ist so groß, dass sie in mehrere Stadtteile unterteilt ist, wie uns ein Blick auf die überall aushängenden Karten verrät. Da wäre der Hafen, Klein-Venedig, der zentrale Marktplatz oder die elitäre Oberstadt, in der sich neben den allgegenwärtigen Schnabeltieren die Reichen und Schönen Deponias tummeln.

Dem üblichen Adventure-Schema folgend, erkunden wir die Stadt, gehen sämtliche Dialog-Optionen durch, lösen Rätsel und Minigames und besuchen dabei jeden Ort mehrere Dutzend Mal, bis wir alles entdeckt und mit jedem gesprochen haben. Die Map mit der Fast-Travel-Option hilft zwar, dennoch besucht man die Teile des Schwimmenden Schwarzmarktes immer wieder und führt häufig die gleichen Dialog mehrmals. Ein typisches Adventure-Problem. In die gleiche Kategorie fallen die nicht immer logischen Rätsel. Man hat scheinbar alle nötigen Zutaten, kann sie aber einfach nicht kombinieren. Dann klickt man irgendwo rum und findet die Lösung, mehr durch Zufall. Aber auch das hat man in so gut wie jedem Point-and-Click. Was »Chaos auf Deponia« – genau wie der Vorgänger – gut macht, das sind die witzigen und perfekt synchronisierten Dialoge. Die sind manchmal ein bisschen lang und ab und zu kann man Rätsel lösen, bevor man den entsprechenden Dialog führt, aber die können ja auch geskippt werden. Besonders witzig fand ich die Idee eines Meta-Rätsels, bei dem die Lösung nicht nicht vom Protagonisten im Spiel, sondern vom Spieler selbst… okay, ich will nicht zu viel verraten, nur, dass die Idee super ist.

Neben den normalen Rätseln gibt es noch verschiedene Minigames, die manchmal recht offensichtliche Lösungen haben, einen manchmal aber auch komplett ratlos dastehen lassen. Erklärungen oder Anleitungen gibt es keine, dafür lassen sich die Minigames alle überspringen.

Wie schon in Teil 1 der Deponia-Reihe, wird auch bei »Chaos auf Deponia« nach einiger Zeit ein neuer Bereich freigeschaltet, so dass nicht das ganze Spiel an einem Ort stattfindet. Die Abwechslung tut dem Spiel gut, auch wenn man sie sich vielleicht schon früher gewünscht hätte. Allerdings wird man von den vielen Optionen in der ersten Location schier erschlagen, dass ein zu frühes Öffnen der Welt nur gestört hätte.

Damit fühlt sich »Chaos auf Deponia« nahezu perfekt ausbalanciert an. Zwar rennt man ein paar Mal zu oft in den gleichen Ecken herum und führt zu oft die selben Dialoge, doch wie auch beim Vorgänger entschädigen toll synchronisierte Gespräche und fantastisch handgezeichnete Hintergründe. Verbessert wurde einiges: Die Rätsel sind logischer aufgebaut, neben statischen Hintergründen wurden überall kleine, meist witzige Animationen eingefügt, das Spiel ist ein wenig länger als der Vorgänger und das Tempo wurde minimal angezogen. Außerdem kann man sich später mehr oder weniger frei rund um das rostrote Meer herum bewegen und zwischen verschiedenen Orten wechseln. Das artet zwar in ein Hin- und Hergefahre aus, macht aber trotzdem mehr Spaß, als sich dauerhaft an einem Ort aufzuhalten.

»Chaos auf Deponia« setzt Daedalics erfolgreiches Adventure-Programm fort und ist – ganz in der Tradition anderer Daedalic-Games – ein bisschen besser als die Vorgänger. Ganz makellos ist es zwar nicht, es ist aber dennoch das beste Point-and-Click, das ich bisher gespielt habe, vergleichbar mit einem Monkey Island 3 – in manchen Aspekten sogar einen Deut besser. Rätsel, Optik und vor allem die Sprachausgabe lassen keine Wünsche offen. »Chaos auf Deponia« ist ein kleines Meisterwerk und ein Muss für jeden Point-and-Click-Fan. Wer Teil 1 nicht gespielt hat, sollte das natürlich nachholen, alle anderen sollten direkt am 12. Oktober in die Geschäfte rennen, und »Chaos auf Deponia« kaufen!

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