Zockwork Orange

Review: Assassin’s Creed

Ein Jahr nachdem ich zuerst mit Altaïr auf die Jagd nach bösen Templern ging, folgte ich jetzt endlich dem Kredo der Assassinen und vervollständigte den Auftrag. Warum ich dem Spiel noch eine Chance gab, kann ich nicht mit Sicherheit sagen. Nachdem ich auf der gamescom Brotherhood anspielen konnte, hatte ich plötzlich wieder richtig Bock, als Assassine durch die Vergangenheit zu rennen. Auch wenn ich mich unbedingt wieder in den Animus legen wollte, wollte ich doch nicht die Erinnerungen Ezios aus meiner DNS wecken. Der bekommt bald mit seiner Bruderschaft schon genug zu tun. Bis dahin gibt es nichts neues zu tun. Sämtliche DNS-Stränge sind voll synchronisiert, alle Achievements geholt, keine neuen DLCs… Also musste Desmonds anderer Vorfahre Altaïr herhalten, den ich damals relativ schnell wieder in den Animus verbannt hatte. Zugegeben, im Vergleich zu Ezios Abenteuer hat Altaïr einige Macken, trotzdem habe ich die Reise in die Vergangenheit dieses Mal durchgezogen und hatte sogar richtig viel Spaß dabei.

Assassin’s Creed versetzt den Barkeeper Desmond über den Animus – eine Erfindung der geheimen Abstergo-Organisation die ihn entführt hat – in die Zeit seines Vorfahrens Altaïr, der ein Assassin zur Zeit der Kreuzzüge im gelobten Land war. Abstergo hat durch den Animus die Möglichkeit, die genetischen Erinnerungen einer Person abzurufen. Kann eine Erinnerung nicht direkt aufgerufen werden, muss die Person bei einer früheren starten und ab da das Geschehene bis zum entsprechenden Zeitpunkt komplett durchleben. Könnte Desmond die Erinnerung Altaïrs direkt abrufen, auf die Abstergo so scharf ist, wäre Assassin’s Creed ein sehr kurzes Game. Da das aber nicht geht, begleitet man Desmond dabei, wie er Altaïr dabei begleitet, wie dieser 9 wichtige Persönlichkeiten in Jerusalem, Damaskus und Acre umbringt, um den Frieden sicher zu stellen. Der Spieler hinter dem Spieler hinter dem Spieler…

Was mich beim ersten Versuch so nervte, war die Steuerung, an die man sich aber auch hier nach einiger Zeit gewöhnt. Und dann die Tatsache, dass zwischen den Städten das riesige Kingdom liegt, das man jedes Mal auf dem Pferd durchqueren muss. Zum Glück kann man im Laufe des Spiels abkürzen. Was viele Spieler bemängeln, ist das sehr repetitive Gameplay. Drei Städte, jede mit drei Stadtteilen (poor, middle, rich), in jedem davon die gleichen Aufgaben. Bürger vor Polizeiwillkür retten, Informationen stehlen und Leute belauschen, die Informationen zum jeweiligen Angriffsziel in dem Stadtteil haben. Nebenbei kann man noch Viewpoints erklimmen, herumstehende Templer abmurksen und 100 (!) Flaggen in jeder (!!!) Stadt aufsammeln. (Für die Flaggen habe ich bestimmt 30 Stunden gebraucht, mindestens doppelt so lange, wie für die reine Story nötig.) Zumindest optisch braucht Assassin’s Creed sich aber nicht hinter seinem Nachfolger zu verstecken. Eine Erkenntnis, die sich mir auch erst offenbarte, als ich den ersten Rich-District besucht hatte. Vorher sehen die Städte sehr düster und trostlos aus, das ändert sich aber, sobald man die Edel-Bezirke betritt. Vor allem Jerusalem kann locker mit einem Florenz oder Venedig mithalten. Leider macht die Optik allein noch kein gutes Spiel. Neben des wenig abwechslungsreichen Gameplays stören auch oft zu schwere Kämpfe bzw. zu empfindlich reagierende Wachen den Spielfluss. Man rempelt eine Person an und schon wollen einen 30 Wachen gleichzeitig umbringen und man muss sich erst wieder 5 Minuten lang frei kämpfen. Auch die Bettler und Betrunkenen können die Nerven des Spielers sehr leicht überstrapazieren. Spielt man Assassin’s Creed durch – was ohne die Flaggen gar nicht so lange dauert – wird man mit einem genialen Ende überrascht, was selbst strikte Gegner der Animus/Piece of Eden-Rahmenhandlung überzeugen sollte. Außerdem fügt sich das Ende nahtlos an den Anfang der Fortsetzung an, es lohnt sich also, bis zum Schluss durchzuhalten.

Ein weiterer Kritikpunkt ist Altaïr selbst. Im Gegensatz zum charismatischen Ladies’ Man Ezio fehlt Altaïr jede Tiefe. Es gibt kaum Hintergrundgeschichte und so gut wie keine Charakterisierung, weshalb eine Identifizierung mit dem “Son of no one” schwer fällt. Oder zumindest schwerer als mit Ezio.

Assassin’s Creed (Xbox 360, PS3, PC)
Entwickler: Ubisoft Montreal
Publisher: Ubisoft
Erscheinungsdatum: bereits erschienen
USK-Einstufung: ab 16 freigegeben

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Assassin’s Creed ist ein Spiel mit vielen Mängeln und einigen nervigen Passagen. Trotz all der berechtigten Kritik sollte jeder Fan den ersten Teil der Reihe gespielt haben und das nicht nur, weil einem sonst Teile der Story fehlen. Gibt man dem Spiel eine Chance, sieht man schnell, dass es bei weitem nicht so schlecht wie sein Ruf ist. Und man lernt Teil 2 noch mehr zu schätzen, in dem fast ausnahmslos alle Fehler des Vorgängers behoben wurden.

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