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Playstation 5 und Xbox Series S/X: Es ist wieder Konsolen-Launch-Debatte

In wenigen Wochen erscheint mit der Xbox Series X und der Playstation 5 die nächste Konsolengeneration. Mittlerweile ist erneut die übliche Debatte darüber entbrannt, ob und weshalb dieser Launch eine Enttäuschung ist. Doch die Diskussion ist mühselig. Eine Kolumne.

Als im Jahr 2000 die Playstation 2 veröffentlicht wurde, gab es bei uns eine Radioshow, bei der die Leute aufgefordert wurden, irgendetwas Verrücktes als Wetteinsatz vorzuschlagen. Der beste Vorschlag wurde – sofern derjenige es anschließend durchzog – mit einer Playstation 2 belohnt. Der Gewinner hat sich dann das PS2-Logo auf den Hintern tätowieren lassen und ist mit seiner 900DM-Kiste und schmerzendem Gesäß in den Sonnenuntergang geritten. Die Geschichte ist mir bis heute in Erinnerung geblieben, weil kurz darauf die Debatte über das enttäuschende Spiele-Lineup der PS2 losging. Ich selbst hatte nie eine PS2, habe also nie überprüfen können, ob das Lineup tatsächlich enttäuschend war. Aber ich dachte mir zu jener Zeit “Stell dir vor, dafür hast du dein Leben lang das PS2 Logo tätowiert”.

Die Debatte über enttäuschende Launch Lineups ist so alt wie die Konsolen selbst. In der Generation vor der PS2 ist das N64 mit lediglich zwei Spielen in den USA bzw. vier Spielen in Europa gestartet. Weshalb sollte man sich also im Jahr 2020 eine NextGen-Konsole zum Launch kaufen? Weil es ein Hobby ist, für das man sich begeistert. Weil man Gamer ist. Weil man weiß, dass als Konsolenspieler eh kein Weg um den Kauf einer Playstation 5 oder Xbox Series S/X vorbei führt. Weil einem Launch-Titel wie Demon’s Souls zusagen. Weil man Cyberpunk 2077, Assassin’s Creed Valhalla oder einen der anderen Multiplattformtitel zu Release in einer besseren Variante spielen möchte. Oder weil einem bekannt ist, dass Konsolen in der Regel ziemlich lange preisstabil sind. Auch in sechs oder zwölf Monaten wird man noch denselben Preis zahlen, die selbe Hardwarerevision bekommen und nichts gewonnen haben, außer, länger zu warten. Nicht mal Sony oder Microsoft hat man damit den Stinkefinger gezeigt, weil deren Geschäftsmodell kein Sprint, sondern ein Marathon ist. Solange man nicht gemeinsam mit 25 Millionen Freunden aus Trotz vollständig darauf verzichtet, jemals eine NextGen-Konsole zu kaufen, ändert es für den Hersteller nichts.

NextGen oder CrossGen?

Auch die Debatte über NextGen- und CrossGen-Spiele verwundert: Die Launch-Titel sehen immer aus, als könnten sie noch auf der alten Generation laufen. Das war nie anders (wenn man mal vom Sprung von 2D auf 3D Mitte der 90er absieht). Auch Third-Party-Hersteller haben seit jeher ihre Titel im Zeitraum des Generationswechsels CrossGen angeboten, weil sie auf die direkten Verkäufe angewiesen sind und nicht wie die Plattformhersteller langfristig von den Synergieeffekten der Plattformen profitieren. Assassin’s Creed: Black Flag war 2013 ein CrossGen-Titel. Erst Assassin’s Creed: Unity hat 2014 einen grafischen Sprung gemacht. Dragon Age Inquisition kam noch Ende 2014 parallel für die LastGen. Dark Souls 2 kam 2014 ausschließlich für die LastGen und wurde erst 2015 für die NextGen wiederveröffentlicht.

Jetzt hat Sony also in Bezug auf Horizon: Forgotten West nicht die Wahrheit gesagt: Das Spiel erscheint 2021 nicht lediglich für die Playstation 5, sondern auch noch für die Playstation 4. Zugegeben: Das ist aus Kommunikationssicht nicht besonders schön. Aber ändert sich dadurch tatsächlich etwas für den Kunden? Schmälert dies den Wert der Playstation 5? Die Spieler fanden den Trailer schließlich toll, unabhängig davon, ob ihnen klar war, dass eine (grafisch abgespeckte!) Version auch noch für die PS4 erscheinen wird. Selbst wenn man nun zu dem Schluss kommen sollte, dass man unter diesen Bedingungen keine Playstation 5 mehr benötigt: Worüber ist man dann sauer? Die Hardware ist schließlich lediglich das Vehikel, um die Software spielen zu können. Wenn man für sich persönlich zu der Erkenntnis gelangt, diese Hardware nicht länger zu brauchen: Weshalb dann die emotionale Reaktion? Emotional reagiert man doch nur, wenn man etwas verliert, an dem man hängt, nicht aber, wenn man sich von etwas trennt, das man nicht mehr benötigt.

Es läuft wie jedes Mal

Die Frage, die sich also eher stellt ist: Warum sollte man (sofern man in der überaus privilegierten Position ist, es sich leisten zu können!) sich keine NextGen-Konsole zum Launch holen, wenn man weiß, dass man eher kurz- als langfristig sowieso zuschlagen wird? Was soll denn passieren? Welches Risiko geht man ein? Das die Geräte floppen und der Softwaresupport eingestellt wird? Wohl kaum. Playstation und Xbox sind der primäre Absatzmarkt der gesamten Spieleindustrie. Wenn die Menschen nicht morgen aufhören, Videospiele zu spielen, können die Konsolen nicht scheitern. Das ist keine Situation wie bei der WiiU, die aufgrund ihrer schwachen Hardware, dem unklaren Konzept, dem ungünstigen Veröffentlichungszeitpunkt und Nintendos mangelhafter Kommunikation untergegangen ist. Nichts davon trifft auf die aktuelle NextGen zu. Klar, wenn man PC Spieler ist, wenn man sich Konsolen immer erst nach Jahren kauft, um günstig Exclusives nachzuholen, dann gibt es auch jetzt keinen Grund, an diesem Verhalten etwas zu ändern. Aber wer primär auf Konsolen spielt hat keinen Grund zu warten oder gar enttäuscht zu sein. Es läuft wie jedes Mal.

Insofern ist diese Diskussion befremdlich: Das ist doch alles nicht überraschend. Das ist doch alles wie gewohnt. Das ist doch nicht der erste Konsolenlaunch, den wir miterleben.

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