Mein erstes Mal: Doom vs. Doom 2: Hell on Earth 1

Ich muss mit einem Geständnis beginnen: Obwohl ich seit bald 30 Jahren Videospieler bin, habe ich bislang nie das legendäre »Doom« oder seinen Nachfolger, »Doom 2: Hell on Earth«, gespielt. Als »Doom« 1993 bzw. »Doom 2: Hell on Earth« 1994 erschien, war ich auf Nintendokonsolen unterwegs, den ersten eigenen Rechner gab es erst 1997. Meine ersten Shootererfahrungen bestehen aus Titeln wie Half-Life, Hexen 2, Jedi Knight, Quake 2, Unreal oder Turok und mit fortschreitender Zeit wurde »Doom« immer mehr zu diesem vorsintflutlichen Titel, an dem ich schon wegen des Alters kein Interesse hatte.

Bis vor ein paar Wochen: Weil es sie für je schlappe 1,50€ im Sale gab, habe ich mir aus einer spontanen Laune heraus beide Urväter der Serie auf der Switch zugelegt. Und weil zu »Doom« schon alles gesagt wurde, aber noch längst nicht von jedem, könnt ihr hier nun Zeuge werden, wie auf meinem Handheld in den vergangenen Wochen Erwartungen und Realität kollidierten – und noch immer kollidieren.

Doom

Ich hatte damit gerechnet, aus rein historischer Neugier mal für einen Nachmittag in »Doom« reinzuspielen, dann mit den Achseln zu zucken und es nie wieder anzufassen. Man, lag ich falsch. »Doom« ist perfekt.

Ich weiß, was ihr jetzt denkt: Mich nerven ja selber diese prätentiösen Videospiel-Connaisseure, die sich irgendein veraltetes, obskures Spiel rauspicken und dann so tun, als sei es die beste Erfindung seit dem elektrischen Rasierapparat. Doch ich verspreche euch, das ist hier nicht der Fall – wie sich später auch an meiner Beurteilung von »Doom 2: Hell on Earth« zeigen wird.

Ich kann auch genau einkreisen, was »Doom« für mich so klasse macht: Es ist durch und durch ein geradliniges, fast schon monotones Spiel. Hier ist kein Gramm Fett zu viel: Man rennt im hohen Tempo durch verwinkelte Gänge, schießt auf Gegner und wird trotz vieler Abzweigungen, Aufzüge, Schalter und Geheimtüren nie wirklich aufgehalten. Das wars.

Währenddessen passiert nichts außer grob zielen und schießen. Man kann nicht springen, ducken oder nachladen. Es gibt weder Fadenkreuz, noch kann man hoch oder runter zielen. Der Doom-Marine nutzt kein Deckungssystem, keine selbstaufladende Lebensenergie oder Schilde. Auch Erfahrungspunkte, Skillbäume, oder Spezialangriffe existieren nicht. »Doom« erzählt keine Geschichte, besitzt keine Dialoge und zeigt keine Videos. Das ist alles keine Überraschung, betrachtet man die Vorreiterrolle des Spiels für das gesamte Genre und den Zeitpunkt des Erscheinens: Es ist die kondensierte Essenz eines Shooters, die absolute Grundlage.

Hypnose

Neben dem geradlinigen Gameplay und dem cleveren Leveldesign besitzt »Doom« noch einen einzigen weiteren Geniestreich, der jedoch für die Spielerfahrung unerlässlich ist: Das Sounddesign. Unterfüttert wird das Spiel mit ein paar (ebenfalls wunderbar monotonen) Musikstücken, die lediglich durch das andauernde Knallen der Waffen und dem sekündlichen Grunzen und Sterben der Monster ergänzt werden.

Die Faszination für »Doom« entsteht in der Kombination dieser drei Grundzutaten von Gameplay, Level- und Sounddesign, die in ihrer schnörkellosen Gleichförmigkeit beinahe hypnotisch wirken. Stellenweise ertappte ich mich, wie ich dem Stereotyp des Gamers gleich wie ein Zombie vor dem Bildschirm sitze und nichts mehr von meiner Umwelt mitbekomme. In diesen Augenblicken wäre ich das ideale Testimonial für eine Kampagne besorgter Eltern aus den 90ern, die dieses Teufelszeug verdammen. Auch der Vergleich zu einem Black Metal Album drängt sich mir auf: Dort steht ebenfalls die hypnotisierende Monotonie ewig gleicher Rhythmen und Akkorde im Vordergrund. Und ganz ähnlich einem Black Metal Album bietet »Doom« selbst heute noch eine audiovisuell stockfinstere Atmosphäre – vielleicht sind die abstrakte Optik und rudimentäre Soundeffekte für die Wirkung im Kopf im Vergleich zu aktuellen Hochglanzproduktionen sogar von Vorteil.

Niemals hätte ich gedacht, dass mich ein Spiel von so biblischem Alter für mehrere Wochen an die Konsole fesseln kann. Zumal ich keine nostalgischen Kindheitserinnerungen besitze, die mir die Alterserscheinungen mit einer rosaroten Brille verbergen könnten. Doch während jüngere Vertreter des Genres (und Videospiele allgemein) häufig unspielbar werden, weil sich ihre komplexen Mechaniken und die Inszenierung nach einigen Jahren mangelhaft anfühlen, bleibt »Doom« zeitlos, weil es diese schlecht alternde Komplexität gerade nie hatte. Deshalb funktioniert »Doom«, trotz der stattlichen 27 Jahren, die es mittlerweile von der Gegenwart trennen, als Spiel noch immer – und wurde nicht ohne Grund als Meme auf quasi jedes Gerät mit einem Bildschirm portiert, inklusive Taschenrechner, Digitalkameras und Oszilloskope.

Doom 2: Hell on Earth

Nachdem ich mich durch die drei ursprünglichen Episoden von »Doom« geballert habe, wollte ich noch mehr davon und bin ich flugs zu »Doom 2: Hell on Earth« gewechselt. Der Ersteindruck war gut: Die Grafik wirkte etwas feiner und aufwendiger, obwohl seit dem Release des Vorgängers kein Jahr vergangen war, die neue Super Shotgun ist eine Wucht und die deutlich größere Gegnervielfalt verspricht mehr Abwechslung.

Nur leider mangelt es »Doom 2: Hell on Earth« an vielen Stärken, die »Doom« gerade ausgemacht haben. Zum einen ist der Soundtrack deutlicher zahmer und dezenter, Hauptproblem ist aber das Leveldesign. Offenbar wollte id Software mit dem Nachfolger mehr: Größere Level, kompliziertere Architektur, aufwendigere Rätsel und mehr Gegner. Doch dadurch werde ich beständig ausgebremst. Trotz meiner langen Erfahrung mit Videospielen stehe ich in beinahe jedem Level irgendwann ratlos herum und weiß nicht, wie es weitergeht. Wieder ist ein Schalter, eine Tür, ein Schlüssel so dämlich versteckt, dass ich nach minutenlangem Absuchen von leergeballerten Fluren im Internet nach einem Walkthrough suche.

Weil sich kein Rhythmus einstellen will, weil ich ständig unterbrochen werde, kann sich auch keine Hypnose entwickeln. In den offeneren, weniger klaustrophoben Leveln, in denen keine natürliche Progression vorgegeben ist, muss man oft schlicht ausprobieren, wo man gerade weiterkommt. Das führt zu viel Leerlauf. Dann wieder trifft man auf Level, die kaum mehr sind als eine Arena oder eine Aneinanderreihung von Arenen und in denen man sich lediglich mit großen Gegnerhorden konfrontiert sieht. Aber auch in den regulären Leveln wirft einen das Leveldesign häufig schlicht in große Räume und spawned überall um einen herum dutzende Feinde. In diesen Momenten erinnerte mich »Doom 2: Hell on Earth« eher an (das später erschienene) »Serious Sam« als an den eigenen Vorgänger.

Fankampagnen

So wirkt das Spiel auf mich, als hätten Fans ihre eigene Kampagne gebastelt und dabei ohne Sinn für Zwischentöne, ohne die Begabung der ursprünglichen Designer, einfach jeden Regler voll aufgedreht. Daher muss ich auch an dieser Stelle in aller Deutlichkeit Christian Schmidt widersprechen, der mal bei Stay Forever meinte, dass es wegen »Doom 2: Hell on Earth« heutzutage keinen Grund mehr gibt, »Doom« zu spielen – das Gegenteil ist der Fall.

Doch die wahre Ironie, bei »Doom 2: Hell on Earth« an eine Fankampagne zu denken, wird mir erst etwas später bewusst. Kurzzeitig habe ich lediglich geglaubt, meine Freude an dem Spielprinzip wäre nach ein paar Stunden wieder verflogen, »Doom« doch nicht so klasse, wie ich mir eingeredet habe. Doch dann habe ich »Double Impact« gespielt. »Double Impact« ist eine in den neuen Konsolenversionen mitgelieferte, von Fans erstellten Custom-Kampagne, die sich stilistisch wieder mehr am Vorgänger orientiert. Da war es wieder, das Feuer, dass auch schon für den Erstling in mir gelodert hat und mir versichert: Ja, »Doom« ist so genial.

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Sebastian spielt auf der Playstation 4 samt PSVR und der Nintendo Switch aktuelle Blockbuster und Indies.

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