Ich wollte zuerst einen Rant über den feministischen Blick auf die Videospielszene schreiben, habe mich dann aber doch besonnen. Rants sind nur bedingt hilfreich, wenn es um sinnvolle Diskussionen geht. Nützlich sind sie hingegen, wenn Mann mal auf den Putz hauen und seine Meinung kundtun will. Versteht diesen Beitrag nicht als Rant, aber als kritischen Kommentar. Nur so viel vorneweg: Auch ich bin der Meinung, dass die Sexismus-Debatte hier in Deutschland richtig und wichtig ist. Ich meide aber die Politik und bleibe lieber bei meinem Lieblingsthema: Videospiele.
Angefangen hat alles mit Mario. Oder Link. Oder noch viel früher. Aber es geht darum, dass Anita Sarkeesian über Kickstarter ihre Videoreihe Tropes Vs. Women in Videogames finanziert hat und anprangert, dass wir (insbesondere männliche) Gamer die Story von Videospielen gefälligst mehr reflektieren sollen. Es kann ja nicht angehen, dass immer nur Männer die Prinzessinnen retten. Oder Spiele einfach »Zelda« genannt werden und das Spiel dann auch ganz gut ohne Zelda auskommt. Meinetwegen. Dann hackt schnell jemand »The Legend of Zelda« und rettet Link. Das schafft Bewusstsein und ist noch witzig dazu. Oder auch die Donkey Kong: Pauline Edition. Vortrefflich.
httpv://youtu.be/JeXDNg7scyU
Meiner Meinung nach ist die Branche selbst auch schon auf einem ganz guten Weg, Computerspiele dem “weiblichen Blickwinkel” zu öffnen. In der »Mass Effect«-Reihe z.B. kann der Spieler schon länger einen weiblichen Shepard spielen. Super! Girl on girl Action finde ich sowieso besser. Auch »Remember Me« wird einen positiv stark dargestellten weiblichen Hauptcharakter haben, den einige Publisher nicht haben wollten. Trotzdem erscheint es. Und überhaupt bin ich sehr dafür, dass auch mehr Frauen Videospiele spielen. Das ist keine Männersache (mehr?).
Und dann hörte ich diesen Podcast. Es geht um das Computerspielefrauenbild und es werden Sachen am aktuellen »Tomb Raider« Titel kritisiert, da konnte ich nur noch den Kopf schütteln. Mein Beißreflex zur Verteidigung meiner Lieblingsspiele wollte mich schon dazu zwingen, einen Rant zu verfassen (aber es wurde nur ein Kommentar).
Es ging in etwa so: Lara kommt ja als junge Archäologin frisch von der Uni auf diese Insel und erfährt dort erstmal Leid und Elend, wird bedroht und so weiter. Aus diesem Leid heraus fängt sie an, sich zu wehren und wird im Laufe des Spiels zu dieser toughen Lara, die wir alle kennen (und mögen). Die Kritiker(innen) bemängeln nun, dass Lara nur durch dieses Leid zu einer starken Frau heranwachsen kann. Sie kann nicht einfach eine starke Frau sein.
***Im nächsten Absatz könnten noch Spuren eines Rants enthalten sein. Bitte bleiben Sie ruhig und lesen Sie weiter.***
Sorry! In jedem daher gelaufenen Spiel schnappt sich ein Klempner oder sonst ein harmloser Typ eine Waffe und fängt aus dem Stehgreif heraus an, seine “Feinde” zu zerlegen. Und jetzt macht jemand ein Spiel und versucht, seinem weiblichen Hauptcharakter etwas Tiefgang zu verleihen, in dem er erläutert, warum seine Darstellerin so handelt wie sie ist. Und das ist dann frauenfeindlich? Oder ein Klischee? Ich bitte euch! Niemand kommt als starke Frau auf die Welt, auch nicht als starker Klempner. Menschen werden durch Erlebnisse und Erfahrungen in ihrem Leben geformt. Das ist nicht frauenfeindlich oder sexistisch sondern die Realität. Und im aktuellen »Tomb Raider« versuchen die Entwickler genau das rüber zu bringen. Lara wird durch äußere Einflüsse dazu motiviert, das zu tun was sie tun muss. Aber so funktioniert eben die Welt (und auch dieses »Tomb Raider«). Lara ist vielleicht jetzt schon dort angekommen, wo Mario, Link & Co. erst noch hin müssen. Letzteres lasse ich als Kritik gelten (bin ich wieder großzügig heute).
Sehe ich das nun so, weil ich schon von Kindheit an Videospiele so erlebe und gar kein anderes Muster kenne? Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Natürlich stimmt es, dass die arme Lara nicht das ganze Spiel bei Wind und Wetter im Bikini-Top herum laufen müsste. Auch über die Körbchengröße und die Stöhnerei kann man trefflich diskutieren. Und wie eine junge Frau innerhalb von zwei Stunden auf einer einsamen Insel von der braven Studentin zur Massenmörderin an der AK 47 werden kann, das ist sicherlich auch hinterfragungswürdig. Alles Sachen, die auch Mann zurecht kritisieren sollte.
Glücklicherweise kommt im o.g. Podcast noch Anjin Anhut zu Wort, der sich erst einmal eine Meinung zu dem Thema bilden musste, aber ganz clever an die Thematik rangeht. Und im Dialog mit Monoxyd, der glaube ich schon bei ca. 38:40 min. (von ca. 2h) erkannt hat, wo der Hase im Pfeffer liegt, wird das ganze Ding dann auch rund. Großes Lob von mir an den Moderator.
Das Thema ist wichtig und wir alle sollten die Story in Videospielen hinterfragen. Ich tue das zumeist auf Plausibilität (daher störe ich mich auch so am Ende von »Bioshock: Infinite«, siehe meine Kommentare zu diesem Artikel). Aber nur um die Sexismus-Debatte am Leben zu halten, muss ich jetzt nicht an den Haaren herbei gezogene Kritikpunkte an der Coming of Age-Geschichte von Lara aus dem Hut zaubern.
Und ernsthaft, wie wollt Ihr mich als Spieler denn anders motivieren? Ich will doch die jungfräuliche Prinzessin retten, die sexy KI beschützen oder das unschuldige Mädchen vor den Zombies retten*.
Der langen Rede kurzer Sinn: Mehr Reflektion hat noch keinem geschadet.
*Ich hätte auch einen kleinen Jungen vor den Zombies gerettet!