Etwa eine Woche vor Release von »Call of Duty: Modern Warfare« hat Activison angekündigt, dass es im Spiel keine Lootboxen geben wird. Stattdessen soll auf einen “Battle Pass” à la »Fortnite« gesetzt werden. Natürlich kostet der Zugang zum Spiel selbst je nach Edition bereits zwischen 60 und 100 Euro. Somit fällt es in die von Jim Sterling geprägte Kategorie des “Fee to Pay” – Spieler bezahlen initial Eintritt, um dann für weitere Inhalte bezahlen zu dürfen. Doch davon mal abgesehen: Ist das Modell Battle Pass an und für sich völlig unbedenklich?
Zweigleisige Monetarisierung: Der Battle Pass
In der Regel enthält ein Battle Pass zwei sogenannte “Tracks” (Activision nennt es “Streams”, da sie dies scheinbar für einen im Gaming nicht anderweitig belegten Begriff halten). Beide Tracks werden gleichzeitig und gleichermaßen durch das Sammeln von Erfahrungspunkten im Spiel gefüllt, oft unterstützt durch “Daily Quests” oder ähnliches. Dabei wird regelmäßig das nächste Level beider Tracks freigeschaltet und eine Belohnung (oft kosmetische Items oder In-Game-Währung) ausgeschüttet.
Nun ist einer der beiden Tracks kostenlos und schaltet normalerweise relativ selten relativ unspektakuläre Belohnungen frei. Der zweite Track ist zwar ebenfalls stets sichtbar, lockt jedoch mit deutlich häufigeren und begehrenswerteren Belohnungen und lässt sich mit Echtgeld aktivieren. Und zwar sowohl zu Beginn einer Battle-Pass-Saison als auch zu einem späteren Zeitpunkt, wodurch rückwirkend die (zumindest theoretisch) bereits erspielten Belohnungen freigeschaltet werden.
Offensichtlich haben wir es hier im Vergleich zu den vielgescholtenen Lootboxen also tatsächlich mit einem grundsätzlich faireren (weil nicht vom Zufall durchzogenen) System zu tun. Das bedeutet jedoch nicht, dass es deshalb nicht ebenfalls ganz gezielt dazu entworfen wäre, um Schwächen der menschlichen Psyche auszunutzen. Nur werden wir statt per “Skinner Box” und “Gambler’s Fallacy” hier eben anhand anderer Prinzipien manipuliert.
Manipulation in anderen Geschmacksrichtungen
So zielt etwa die grundlegende Struktur des Battle Pass auf die “Sunk Cost Fallacy” ab – und zwar unabhängig davon, ob der Spieler bereits gezahlt hat oder nicht. Ist der Bezahl-Track erst einmal freigeschaltet, gibt es eine stetige extrinsische Motivation, noch mehr Zeit ins Spiel zu stecken. Es wurde schließlich für einen begrenzten Zeitraum Zugang zu einer effizienteren Form des Grinds erworben. Es handelt sich quasi um eine “fee to pay to grind”.
Wer den Battle Pass hingegen noch nicht erworben hat, schaltet Inhalte im Bezahl-Track dennoch als “ausstehend” frei und darf sie sich natürlich als Teaser bereits ansehen. Bei späterer Zahlung sind sie dann sofort zugänglich. Die Kosten sind hier also die investierten Spielstunden, die eine weitere Investition – dann in Form von Echtgeld zur Freischaltung des Bezahl-Tracks – rechtfertigen sollen.
Unterstützend wirkt dabei das Prinzip der “Loss Aversion”. Der allzeit einsehbare, aber deaktivierte Bezahl-Track suggeriert, dass der Spieler sich dessen Inhalte bereits durch seine Leistung “verdient” hätte. Sie müssen bloß noch bis Ende der Saison freigekauft werden. Sonst sind sie eben wieder weg und alles war – im doppelten Sinne – umsonst.
So oder so entscheiden Spieler hier also nicht mehr allein danach, wie interessant ein Spiel ist oder wie viel Spaß es ihnen macht, sondern werden ganz gezielt durch das Design des Meta-Games beeinflusst. Sie sollen mehr spielen und mehr bezahlen als sie es vernünftigerweise tun würden, wobei sich Geld- und Zeiteinsatz gegenseitig verstärken. Clever!
Vermutlich ist der Battle Pass in diesem Kontext noch eines der kleineren Übel. Beunruhigend ist es dennoch, wie positiv die Meldung “Battle Pass statt Lootbox!” mittlerweile mancherorts aufgenommen wird. Es scheint als sei die psychologische Ausnutzung Normalität geworden und die Wahl des Spiels oft (auch) eine der Manipulationsform: “Pick your poison!”