»The Order 1886« interessiert mich, seit ich die ersten Concept Arts und Bewegtbilder im Rahmen der letztjährigen E3 sah, denn dieses düstere, von der Industrialisierung geprägte Setting, man nenne es mal vorsichtig Teslapunk, trifft genau meinen Geschmack und ist zum Glück noch nicht so ausgereizt, wie der klassische Steampunk, mit dem es aber sicherlich einige Gemeinsamkeiten hat. So freute ich mich, als ich die Bestätigung bekam, dieses Jahr auf der gamescom einen Termin bei Sony zu diesem Titel zu haben und nach dem kurzen Gameplay-Trailer, der bereits auf der Pressekonferenz am Vorabend der Messe zu sehen war, konnte ich die Präsentation kaum erwarten, auch wenn der mir schon etwas zu viel nach Shooter aussah.
Die Präsentation startete mit einer Ingame-Szene, die einen atemberaubenden Blick über das viktorianische London – samt Zeppelinen! – präsentierte und eindrucksvoll die Grafikpower der PlayStation 4 zeigte, wenn es denn so auch in der finalen Version wirklich aussieht. Leider war das dann aber auch schon fast das einzig Interessante, denn was danach folgte, würde in der Uni wohl maximal als Referat eines Erstsemesters durchgehen.
httpv://www.youtube.com/watch?v=NedZT-tIBLA
Uns Anwesenden wurde erklärt, dass man für »The Order 1886« eine authentische Welt schaffen wolle, die Parallelen zu wahren Gegebenheiten des ausgehenden 19. Jahrhunderts beinhalten wird. Deshalb wurde Nikola Tesla in das Spiel geschrieben, der für den Orden das macht, was ein Q im James Bond Universum tut: Waffen und Gadgets entwickeln. Schön und gut, aber um zu unterstreichen, dass man sich wohl tatsächlich dazu bequemt hat etwas über die historische Figur Nikola Tesla bei Wikipedia nachzuschlagen, durften wir uns darauf hin einen biographischen Abriss anhören, der das Leben des realen Tesla, mit dem seines Alter Ego im Spiel verglich. Als wäre das nicht für so eine kurze Präsentation irrelevant genug, ging es noch weitaus uninteressanter weiter. Ich fasse deshalb die darauf folgenden zehn bis fünfzehn Minuten mal in einem Satz zusammen: „The Order 1886 wird ganz viele, von historischen Vorlagen inspirierte, Waffen haben!“ War das so schwer? Hätte man das nicht auch uns in einem Satz erklären oder maximal an einem Beispiel zeigen können? Stattdessen wurden uns diverse Knifften, samt Videos, präsentiert und gleich immer noch erklärt, an welcher realen Waffe man sich orientiert hat. Gut, immerhin kann man den Entwicklern von Ready At Dawn und SCE Santa Monica zu Gute heißen, dass sie mit Liebe zum Detail arbeiten.
Die gezeigten Gameplay-Szenen waren somit alle von Kampf und Schießerei geprägt und bestätigten meine Befürchtungen, dass es sich hier schlicht um einen weiteren Deckungsshooter handelt, der dem schönen Setting auf den ersten Blick nicht ganz gerecht wird. Zu allem Überfluss wurde ein actiongeladener Fight mit einem übergroßen Werwolf noch von ständigen Cinematics unterbrochen, die zwar nahtlos mit dem tatsächlichem Gameplay verschmelzen, der Immersion aber sicherlich nicht unbedingt gut tun werden. Zugegeben: Auch hier sah die Umgebung optisch wahnsinnig toll aus und das Krankenhaus in dem sich die Szene abspielte, wurde ebenfalls nach historischen Vorlagen designed. Pluspunkt dafür.
Aller Kritik an Präsentation und gezeigten Videos zum Trotz, bleibe ich weiter interessiert, denn zumindest optisch verspricht »The Order 1886« einiges. Ob man sich dazu entscheiden wird mehr aus dem Setting zu machen, bleibt aber leider fragwürdig, was ich mehr als schade finden würde. Auch der Plot um den königlichen Orden, der London seit Jahrhunderten vor Lycanthropen und anderem Viehzeug beschützt, passt für mich stimmig in das Setting und erinnert etwas an die Comicreihe »League Of The Extraordinary Gentleman«, die ja ebenfalls mit historischen – wenn auch fiktiven – Personen besetzt ist.