Auch wenn jedes Jahr immer wieder etliche neue Spiele auf den Markt kommen, bleibt die Grundidee doch oft ähnlich. Aber: “Warum spielt der Mensch eigentlich?”
“Spiel ist Ordnung. Spiel ist Wagnis. Spiel ist Freiheit. Der Mensch braucht das Spiel, um seine Existenz zu erleben. Spiel mit dem Spiel. Es ist eine ernste Sache um die wahre Freude.”
Es sind ganz schön philosophische Töne, die der Theologe und Schriftsteller Gerd Heinz-Mohr anschlägt, für eine so alltägliche Erscheinung: das Spielen. Was hat es auf sich mit dem Spielen im Leben des Menschen? Eines ist zumindest klar. Das Spiel zieht sich durch alle Epochen und Völker, durch alle Kulturkreise und so manches Spiel überdauert sogar Jahrtausende.
Auch in der Tierwelt wird gespielt
Evelyn Hammes von der Volkskundlichen Kommission Westfalen erklärt, wo der Ursprung des Spielens zu suchen ist: “Da kann man zumindest schon mal behaupten, dass es in der Natur des Menschen liegt. Es ist im Wesen des Menschen begründet zu spielen. Übrigens nicht nur im Wesen des Menschen. Auch in der Tierwelt wird gespielt. Und dementsprechend ist das Spielen sogar der Kultur vorgelagert.” Der niederländische Historiker Johan Huizinga prägte für dieses Phänomen sogar einen eigenen Begriff: Der Homo Ludens, der spielende Mensch:
“Als klar wurde, dass der Name homo sapiens für unsere Art doch nicht so gut passte […], weil wir am Ende doch gar nicht so vernünftig sind, stellte man neben diese Bezeichnung […] den Namen homo faber, der schaffende Mensch. Dennoch scheint mir homo ludens, der spielende Mensch, eine ebenso wesentliche Funktion […] anzugeben und neben homo faber einen Platz zu verdienen.” Ein Überblick über die Geschichte des Spiel lässt etwas Interessantes erkennen. Die Formen des Spiels haben sich trotz aller Weiterentwicklungen gar nicht so grundlegend verändert.
Kegeln war der Volkssport des Mittelalters
Brettspiele gab es schließlich schon im alten China, bei den Ägyptern, Persern, Griechen, Römern und Indern. Hier liegen die Wurzeln unseres heutigen Mensch ärgere dich nicht, Backgammon oder Schach. Auch das Würfelspiel war bereits in der Antike verbreitet. Und gerade der Sport gehörte schon immer zu den liebsten Freizeitbeschäftigungen des Menschen. Dass der Mensch diese vergnügliche Ablenkung dringend braucht, war auch dem griechischen Philosophen Aristoteles bewusst: “Spielen bedeutet ein Ausruhen, und des Ausruhens bedarf man, weil man nicht imstande ist sich unausgesetzt zu mühen.”
Im Mittelalter erlebte schließlich das Kartenspiel seinen Durchbruch und zu einem regelrechten Volkssport wurde in dieser Epoche das Kegeln. Allerdings war zu jener Zeit nicht jeder vom positiven Effekt des Spielens überzeugt. Evelyn Hammes: “Im Mittelalter z..B. galt Spielen mitunter als ketzerisch und wurde verboten. Es war Gotteslästerung zu spielen!” In einer Benediktiner Liedersammlung wird das Misstrauen gegenüber dem Spiel besonders deutlich. “Begleiter des Spiels sind Lüge, Hader, Armut, Misstrauen, Diebstahl, Entbehrung und Bedürftigkeit.”
Kriegsspiele sollten die Jungen zu tapferen Soldaten erziehen
Durchsetzen konnte sich diese Verteufelung des Spieles aber nicht. Mit der Aufklärung fand vielmehr eine ganz neue Wertschätzung des Spielens statt. So schrieb Friedrich Schiller: “Der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Worts Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt.” Auch der pädagogische Nutzen des Spiels wurde immer mehr hervorgehoben und das Bürgertum entdeckte das Gesellschaftsspiel als Unterhaltung für die ganze Familie. So ein Spieleabend konnte schließlich auch als Heiratsbörse nützlich sein, bei dem der Nachwuchs ganz ungezwungen in das Gesellschaftsleben eingeführt wurde.
Ab der Kaiserzeit wurde das Spiel dann auch politisch: Kriegsspiele entwickelten sich als neuer Trend und sollten die Jungen zu tapferen Soldaten erziehen. Aber ungeachtet solcher Tendenzen, blieb das Spiel für den Menschen doch immer mit den selben Motiven verbunden: Es brachte Erholung vom anstrengenden Alltag, erlaubte es Phantasien und Kreativität auszuleben und gehörte während der Kindheit ganz elementar zur Entwicklung aller möglichen Fähigkeiten.
Spielen fördert kreative Impulse
Die Bedeutung des Spielens dürfte laut Evelyn Hammes in Zukunft sogar noch zu nehmen: “Heutzutage könnte man eher fast noch sagen, dass auf Grund dieser Konzepte der Wissensgesellschaft und des lebenslangen Lernens zu spielen wieder erneute Popularität erlangt hat. Gerade weil Spielen nicht ziel-gebunden ist, fördert es kreative Impulse.”
Arbeit und Spiel, Spaß und Ernst. Was immer als Gegensatz galt, gehört also eigentlich längst zusammen. Der Mensch ist ein spielendes Wesen und diese Eigenschaft hat er sich zu keiner Zeit hat nehmen lassen.
Gastautor: Astrid Mohr / Q History
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Foto: flickr, by-nc-sa the_green_squirrel
schöner Artikel, ich weiß nur nicht ob ich Sport zum Spiel zählen würde. Wenn man vorraussetzt, wie im Artikel beschrieben, dass spielen nicht Ziel orientiert ist. Sport im allgemeinen aber schon, gewinnen bzw. der beste zu sein. Ein Gedanke den ich beim Kniffeln nicht wiklich habe. Aber Sachen wie kegeln würde ich dann wieder als Spiel und nicht als Sport betrachten, quasi als körperlich anstrengendes Spiel…