Spätestens mit dem Steam Summer Sale, wird wohl vielen dieser blaue Banner aufgefallen sein, der bei einigen Titeln – gefühlt jedem zweiten – den potenziellen Käufer darauf aufmerksam machen will, dass sich ein Spiel noch in Entwicklung befindet und es sich im besten Fall um eine spielbare Beta-Version handelt.
Ganze 211 Titel beinhaltet die Unterkategorie Early Access. Ein Geschäftsmodell, das sich seit dem Erfolg von Mojang’s »Minecraft« großer Beliebtheit erfreut und bei dem die Vorteile für die Entwickler, gerade im Indie-Sektor, klar auf der Hand liegen: Die Kunden kaufen das unfertige Produkt und bekommen dafür das zu sehen, was bisher steht. Mit dem eingenommenen Geld kann sich weiter auf die Entwicklung dieses Titels konzentriert werden, ohne eventuell nebenbei noch einem regulären Job nachgehen zu müssen. Darüber hinaus wird die Quality Assurance zu den Spielern verlagert, was Zeit und Geld einsparen kann. Letzteren wiederum wird die Möglichkeit gegeben, sich aktiv in der Entwicklung einzubringen. Zunächst natürlich durch den Kauf, dann durch Bug-Reports, Verbesserungsvorschläge und Ideengebung. Gerade wenn sich Entwickler die Mühe machen, die Community ihres Titels zu verfolgen und regelmäßig auf Feedback und Ideen antworten, kann dies ein positives Verhältnis zwischen den beiden erzeugen.
Early Access Titel müssen also vor allem eins leisten: Den Kern der Idee in bereits spielbarer Form aufzeigen können!
»Minecrafts« großer Vorteil war von Anfang an, dass der Kern des Spiels bereits implementiert war und die Spieler trotz des frühen Stadiums der Entwicklung bereits Stunden um Stunden damit verbringen konnten, sich ihre eigene kleine Welt zu erschaffen. Early Access Titel müssen also vor allem eins leisten: Den Kern der Idee in bereits spielbarer Form aufzeigen können! Hier werden dann die Nachteile deutlich: Verfehlt ein Spiel diese Prämisse, bietet zu wenig Inhalt oder fügt neuen Content nur schleppend hinzu, verliert die Zielgruppe womöglich schnell das Interesse, und bevor der Titel sein Endstadium erreicht hat, mögen viele ihn bereits abgehakt oder gar vergessen haben. Die vielen Bugs, die der Alpha- oder Betastatus mit sich bringt, befeuern diesen Umstand zusätzlich. Ein unfertiges Spiel zu veröffentlichen, birgt dazu das Risiko, schon in frühem Stadium – ob man das jetzt als unfair betrachten mag oder nicht – negative Kritiken, und sei es nur auf Steam, einzufahren und so spätere Kunden direkt abzuschrecken.
Durch den Wust dieser Spiele durchzublicken scheint dazu gerade unmöglich, denn der Erfolg von Titeln wie »Rust«, »Starbound« oder vor allem der von mir bereits kommentierten »DayZ«-Standalone, bringt unzählige Trittbrettfahrer mit sich, die sich an ähnlichen Konzepten versuchen und im schlimmsten der Fälle nur ein paar Dollar abgreifen wollen. Darunter »DayZ«-Klone wie das fast durchweg schlecht bewertete »Nether« oder das bisher sehr gut ankommende »7 Days To Die«, um ein negatives und positives Beispiel zu nennen.
Dazu kommen Titel, die vor der Fertigstellung eingestellt werden und den Kunden auf seinen monetären Vorschusslorbeeren sitzen lassen. Geld zurück gibt’s in dem Fall natürlich nicht. Ein Umstand, den kürzlich Käufer des Aufbau-Strategie-Titels »Towns«, das zwar damals nicht als Early Access, aber de facto als unfertig verkauft wurde, erfahren mussten.
Die von mir im Titel gestellte Frage lässt sich also nicht wirklich beantworten, sondern nur durch “Fluch und Segen!” ersetzen. Vor- und Nachteile birgt dieses Verkaufsmodell für beide Seiten. Wer in ein Early Access Spiel “investiert”, muss sich darüber im Klaren sein und gegebenenfalls eine hohe Frusttoleranz besitzen. Aber gerade im Multiplayer-Bereich sehe ich da ein hohes Potenzial, wenn Entwickler ihre Chancen nutzen und durch gute Kommunikation mit den Spielern eine Community aufbauen, die dem Spiel und dessen Entwicklung zuträglich ist. Einen Titel dann von einem frühen Stadium, bis zu einem fertigen Produkt zu verfolgen kann Spaß machen, was für mich durch z.B. »Minecraft«, »DayZ« und »Prison Architect« bewiesen ist. Letztlich entscheidet der Käufer selbst, ob er gewillt ist das Risiko einzugehen oder lieber wartet, bis ein Produkt fertig ist.