2017 wird vermutlich als das Jahr der Lootbox in die Gaming-Geschichte eingehen. Da ich Themen verstehen möchte, bevor ich mitdiskutiere, beschließe ich Ende 2017 ein paar “Beuteboxen“ zu kaufen, um herauszufinden, was der Kauf mit mir anstellt.
Kindliche Vorfreude – Die Zeit davor
Die eigentliche Idee schwirrt erstmals irgendwann Ende November / Anfang Dezember durch meinen Kopf, die Debatte um Battlefront II ist gerade in vollem Gange. Unter meinen regelmäßigen Spielen befinden sich mit Playerunknown’s Battlegrounds und Overwatch zwei mit Lootboxen. Die Wahl fällt auf Overwatch, auch weil das Event „Winter Wonderland“ bevorsteht und jedes Event zeitlich begrenzt kosmetische Items mit sich bringt. Außerdem ist Overwatch eines der Spiele, in denen man die Lootboxen direkt mit Echtgeld bezahlt und keine Zwischenwährung den tatsächlichen Preis verschleiert.
Mitte Dezember fasse ich den Entschluss das Vorhaben durchzuziehen, „Winter Wonderland“ ist bereits seit einer Woche aktiv. In meiner Vorstellung male ich mir aus, welche coolen Skins ich bestimmt bekommen werde und wie ich dann, stolz wie Oskar, durch das Spiel laufen werde. Ich fühle mich wie ein Kind, dass sich sicher ist, dass das LED-Yoyo den sozialen Status erheblich beeinflussen wird und entscheide mich deswegen dazu 24 Winter Lootboxen zum Preis von 19,99€ zu kaufen.
Wut und Enttäuschung – Die Zeit währenddessen
Die Ernüchterung setzt schnell ein, denn die ersten fünf Kisten enthalten fast nur Items für Charaktere, die ich kaum spiele, und zu allem Überfluss bekomme ich zu 50% nur Sprays. Für meine damals favorisierten Charaktere Mercy, Sombra und Pharah ist lediglich ein Spruch für Mercy dabei, erst mit der sechsten Lootbox erhalte ich endlich ein Sombra-Skin. Ich schöpfe neue Hoffnung und öffne trotzdem milde genervt die nächste Kiste.
Es dauert weitere acht Lootboxen, bis endlich wieder was nicht-Spray-iges für „meine“ Charaktere kommt – erneut ein Sombra-Skin. Meine Genervtheit schlägt in Enttäuschung um, denn ich verliere den Glauben, dass in den verbleibenden neun Kisten noch irgendwas von Belang sein wird. Drei Kisten vor Schluss bin ich dann endlich so richtig genervt von den blöden Sprays, mit denen ich nur so zugeschissen werde, und die schlussendlich 37,5% aller Items ausmachen werden – mehr als doppelt so viel wie es bei einer gleichmäßigen Verteilung der Items wäre. In der vorletzten Lootbox gibt es dann für meine Favoritin Pharah endlich mal kein Spray, doch die Gewinner-Pose macht mich trotzdem nicht so recht glücklich. Auch die letzte Kiste beinhaltet nichts Spannendes mehr und ich beende die Lootbox-Session mit gerade mal drei Winter Wonderland Skins für Charaktere, die ich nicht spiele.
Ich bin ernüchtert über den ganzen Müll, den ich erhalten habe und bin mir ziemlich sicher, dass ich den Kauf von Lootboxen nicht nochmal vollziehen werde. Ich stelle mir außerdem eine Erinnerung für in zwei Wochen, um mit etwas Abstand eine Bewertung zu vollziehen.
Insgesamt haben meine 24 Kisten die folgenden 96 Items enthalten:
- Sprays: 36
- Sprüche: 18
- Skins: 13 (davon Winter-Skins: 3)
- Gewinner-Posen: 6
- Spieler-Icons: 12
- Gewinner-Intros: 3
- Emotes: 2
- Duplikate: 6 (dadurch erhaltene Ingame-Währung): 950
Für meine damaligen Lieblings-Charaktere Mercy, Pharah und Sombra erhalte ich je drei Items.
Desinteresse – Die Zeit danach
Weder zwei Wochen später noch zu der Zeit als ich diesen Artikel schreibe – es ist nun Anfang Februar – bin ich groß motiviert nochmal Lootboxen zu kaufen. In den zwei Wochen Bewertungsabstandszeit steige ich in Overwatch um 12 Level auf, in der Zeit bis zum Schreiben dieses Artikels um 18 – ich erhalte also seitdem ohnehin 30 Lootboxen.
Erwähnenswert ist, dass ich kurze Zeit nach dem Kauf anfange viel mit Mei zu spielen und die Anzahl der für mich nutzbaren Items aus den Kaufkisten damit um vier steigt – allerdings auch hier wieder nur eine Siegerpose, ein Spruch, ein Emote und ein Spray. Dafür nutze ich die erhaltene Ingame-Währung, um Winter-Skins für Mei, Sombra und Pharah freizuschalten.
Fazit
Die Erfahrung war für mich eine ernüchternde, das nachgelagerte Freischalten der paar Skins ein schwacher Trost – großen Drang unbedingt Lootboxen kaufen zu müssen verspüre ich jedenfalls nicht. Darüber reflektiert wäre es mir deutlich lieber gewesen, wenn ich die Skins per Mikrotransaktion hätte freischalten können – wenn es denn schon gegen Echtgeld sein muss. Es hätte zudem meine Bereitschaft, weiteres Geld zu investieren, erheblich erhöht. So hat das bei mir in erster Linie Unwillen erzeugt genau dies zu tun.
Dennoch erkenne ich die Gefahr. Ich erinnere mich noch gut daran, wie ich als Teenager mehrere Rationen Taschengeld in Bayernlos Rubbellose versenkt habe, die mir der Kiosk-Besitzer eigentlich gar nicht hätte verkaufen dürfen. Es ist meinen Eltern zu verdanken, dass ich damals nicht noch mehr Geld in die Vorstellung versenkt habe, dass eines dieser Lose bestimmt einen ganz großartigen Gewinn enthalten und sich die Investition deswegem letztendlich gelohnt hätte.
Inzwischen läuft bei Overwatch das Event zum chinesischen Neujahr, u.a. mit Skins für Pharah und Mercy. Ich verspüre ein leichtes Bedürfnis nach dem Besitz dieser, denn ich möchte dass „mein“ Charakter cool aussieht und das kann schon Motivation genug sein, um Geld zu investieren. Zum Glück halten mich meine Vernunft und mein Unwillen davon ab.