Zockwork Orange

Warum Sword & Sworcery ein schlechtes Spiel ist

Manu und Einzelspieler sind innerlich ganz zerrissen: Wie kann so ein schönes, geheimnisvoll anmutendes Spiel im Grunde so pupslangweilig sein. Sie drücken es nicht so plump aus, denn schließlich ist für beide Sword & Sworcery wie eine attraktive Frau, die eben allein durch ihre Attraktivität noch irgendwas anderes tolles zu bieten haben muss – man muss es nur finden. Newsflash für euch, Jungs: Schöne Frauen können nicht bloß nur langweilig sein, sie können sogar ganz ätzend nervige Attention Whores sein. Enter Swo&Swo.

Disclaimer vorab: Ich habe nur die erste Episode gespielt und hatte danach schon keinen Bock mehr. Ich will nicht ausschließen, dass Episode 26 das beste ist, was die Spielewelt je zu Gesicht bekommen hat – bezweifle es jedoch stark. Ganz korrekt müsste der Titel also “Warum Episode 1 von Sword and Sworcery darauf hindeuten lässt, dass es sich um kein gutes Spiel handelt” lauten, wäre aber nicht so catchy und sprengte nur das Layout in eurem Feedreader.

Ihr kennt ja alle die Diskussion, dass es nur noch Shooter und Sequels in der Spielewelt gäbe. Die ist vermutlich so alt wie Videogames selbst. Ich möchte hiermit vor dem Gegenpol warnen, der immer extremere Ausmaße annimmt: seelenlose 8-Bit-Indie-Hipster-Kunstkacke. Sword & Sworcery ist in etwa der Che Guevara dieser von vielen so hochgejubelten Revolution: die perfekte Repräsentation von 100% Style, 0% Substanz. Es handelt sich um ein “Spiel” für iOS (ursprünglich iPad-only, mittlerweile auch für mein iPhone verfügbar) und… ja, soll wohl so eine Art Fantasy-Adventure darstellen, ich würde es aber eher als interaktives Musikvideo bezeichnen. Man latscht und latscht und latscht durch die Gegend und wird ab und zu durch banalst umgesetzten Schwertkampf unterbrochen. Das ist soweit alles – das Teil entblödet sich auch nicht, am Ende der Episode komplett sinnfreies Backtracking zurück zum Anfang zu fordern. Ein Epos von Tolkienschem Langmut – this is art, motherfucker, don’t you ever forget! Die stilisierte Pixelgrafik sieht dabei erstmal je nach Geschmack recht fesch aus und der Chiptune-Ambient-Soundtrack ist auch nicht von einem schlechten Vater (Jim Guthrie).

Nun – Spiele, die einfach keinen Spaß machen, gibt es ja viele. Das wäre also noch nichts besonderes, hier will man sich natürlich von der Masse absetzen und greift zu dem Klassiker: Internethumor. Nehmen wir mal Portal: Hier hat mich dieses ganze Cake-Gesabbel und Still Alive-Gesinge im Prinzip schon genervt. Das ist mir viel zu zielgruppenspezifischer Humor, genau zugeschnitten auf den fetten Pickelnerd, der die Sprüche dann kichernd seiner Katze erzählt. Aber GLaDOS ist wenigstens lustig, Swo&Swo ist gar nichts. Wenn in einem doch recht stimmungsvollen Fantasy-Szenario “amirite?” gesagt wird, dann ist das kein witziger Stilbruch, sondern ein unangenehmer Anachronismus, der hinten und vorne nicht reinpasst. Wie soll ich in diese Welt abtauchen können, wenn mich an jeder Ecke ein 4chan-Kiddie angrinst?

httpv://www.youtube.com/watch?v=MgEwAGar9wk

Der Abschuss ist aber die permanente Twitter-Integration. Bei jeder, wirklich jeder Textzeile fährt ein “Tweet this!“-Button rein. Warum, wird am Anfang erklärt: “Wir haben gehört, dass wir auf diese Weise mehr Leute mit unserem Spiel erreichen können“. Aha, und ich bin dann der zu erschießende Nachrichtenüberbringer? Diese nervige Penetranz könnte man fast schon als Parodie verstehen, wenn man mich nicht dadurch in Mitleidenschaft ziehen würde. Ich meine, wollen meine Follower in ihrer Timeline wirklich “It’s dangerous to go alone. Take this.” stehen haben? Ach, falsches Spiel – im Swo&Swo-Slang wäre es eher: “LOLOL OVER 9000 EMENIES IMMA CHARGIN MAH LAZAAAR!” Wer denkt sich so einen Mist aus? Die Zielgruppe “Hirnlose Hipster, die wirklich jeden Scheiß mitmachen” ist so punktgenau definiert, dass es wirklich schon schmerzt. Ich habe übrigens die ganze Zeit darauf gewartet, dass ein Gandalf-Klon mir für den lächerlichen Preis von 5 Sternen im AppStore einen mächtigen Zauberspruch oder ähnliches verrät. Kommt bestimmt in Episode 2, ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, dass sich Swo&Swo diese eh schon zur iOS-App-Unsitte gewordene Wertungs-Bettelei entgehen lässt. Im Gegenteil – es wird dafür mit Sicherheit die dummdreisteste Art überhaupt wählen.

Fazit: Sword & Sworcery verkörpert alles, was ich an vielen modernen “Indie”-Spielen hasse. Dieser überzogene Kunstanspruch an sich selbst, während es beim Spielkonzept sehr schnell eng im Mittelfeld wird: langweiliges Rumgelatsche, Backtracking und schmalbrüstige Schwertkämpfe. Dazu ständiges Aufbrechen der vierten Wand, um den Spieler mit Eigenpromotion zu nerven oder um mit plattem Holzhammer-Herpderp-Internet-Humor bei ihm alles auf eine Karte zu setzen. Die Macher von Swo&Swo scheinen offenbar keine sehr hohe Meinung von dem Anspruch ihrer Spieler zu haben. Die ganze Chose könnte als Musikvideo funktionieren, wenn man nicht so viel Arbeit in Form von Spielzeit reinstecken müsste. Nebenbei bemerkt: der Soundtrack kostet das doppelte des Spiels – wer das Geld übrig hat, sollte besser gleich dazu greifen und sich den ganzen anderen Mist ersparen. kthxbai!

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