Skepsis und Ablehnung sind die Wörter die mir einfallen, wenn ich an den Zeitpunkt zurück denke als Blizzard ankündigte, aus einem ehemaligen Aprilscherz tatsächlich reellen Inhalt für seine Milchkuh »World Of Warcraft« zu entwickeln. Kenner der Serie wissen: Schon 2002 wurden die Pandaren im Rahmen eines Aprilscherzes als fünfte Rasse für »Warcraft III« angekündigt und niemand im Entwicklerteam hätte gedacht, dass die knuffigen Kung Fu-Tierchen tatsächlich so viel positive Resonanz bekommen würden. Blizzards Concept Artists Samwise Didier kommentierte in einem BlizzCast (via Joystiq) aus 2008 diese Geschichte wie folgt:
Well, it started off, you know, a bunch of years back when I had a daughter, right. And, when she was born, for Christmas I usually draw a picture for my family. Like a personal one. And so I did, for that picture, for some reason, I decided to do like a panda guy because, actually, also like “Samwise,” “Panda” is my nickname because I’m kind of a big hairy bear dude, but I’m not very fearsome. So I got the nickname “Panda.” So I drew a picture of a panda with a little panda cub on the shoulder and that was the picture for Christmas, that I gave to all my family. And “Oh, it’s because he had a little kid. He’s getting soft!” You know? Whatever. It’s for the family. I had to do something that Grandma would like.
But so we put that up in there and everyone was like “Oh my God! A PANDA RACE? That’s kind of cool!” And I’m like “Are you kidding me, really? You want to see pandas in Warcraft III or whatever?” So, we made like a whole fake April Fools page with different units and all that and people, you know – we thought people would be like “NO WAY!” – and everyone actually liked it and when they found out it was an April Fools joke they were like “Aw, that sucks.” So we’ve kind of just dropped little bits of panda stuff. Like I do that all the time in my pictures. I’ll hide a picture of a panda face. Like it was on Illidan’s blades, back in the day, just put it on there. See if anyone noticed. And they did. Good job, guys. Two points. And ever since then it’s just been kind of a thing. We’re like “Oh, you’re the panda guy.”
Blizzards Entwickler fingen also doch an, die Pandaren nach und nach in die Geschichte ihres Universums einzubetten und ihnen eine Gastrollen in der Warcraft III-Erweiterung »The Frozen Throne« einzuräumen, doch so ganz konnten die gemütlichen Bierbrauer ihren Ruf als Scherzrasse nicht abschütteln. Die Spielerschaft war von Anfang an geteilter Meinung und schon seit Release von »World Of Warcarft«, wurde über ein mögliches Wiedersehen diskutiert, spekuliert und, ganz Internet-typisch, „gehated“. Ein interessantes und immer wieder auftretendes Gerücht war, dass die Pandaren auf Grund des chinesischen Gesetzes niemals ihren Einzug in WoW halten würden, da in China selbst Gewalt gegen anthropomorphe Pandas streng verboten sei. Dies entspricht natürlich nicht den Tatsachen, zeigt aber, dass der Wunsch eines Comebacks bei den Fans da war und zumindest viel darüber gesprochen wurden.
Zehn Jahre nach dem Aprilscherz…
…darf man sich in »Mists Of Pandaria« nun tatsächlich als Pandare oder Pandarin auf Streifzug durch Azeroth und den neuen Kontinent Pandaria begeben. Als alter »World Of Warcraft«-Hardcoresuchti trieb mich die Neugier dann doch dazu, meinen seit über einem Jahr eingestaubten Account zu reaktivieren und mich mit meinem zwergischen Jäger „Grimson“ auf zu neuen Abenteuern zu machen.
Wichtig um meine Meinung nachvollziehen zu können ist zu wissen, dass ich eher zu der Gruppe der PvE-Spieler (Player vs. Environment) zähle und mich nur selten in den “Player vs. Player”-Bereich wage. Das hängt gar nicht mal mit fehlendem Skill zusammen (na gut, mittlerweile vielleicht auch das), sondern eher mit einer geringen Toleranzgrenze, wenn es um sich dämlich anstellende Mitspieler geht. Angeschaut habe ich mir in den vergangenen Jahren aber alles mal: Ich spielte PvP bis zum Erbrechen in Classic und »Burning Crusade«, verdingte mich als progressiver Schlachtzugsspieler in »Wrath Of The Lich King« und gönnte mir eine Auszeit bei »Cataclysm«. Nun, es ist sicherlich schwierig ein MMORPG richtig zu besprechen. Das liegt einerseits am Umfang an sich und andererseits an den verschiedenen Spielmöglichkeiten. Der Spieler entscheidet worauf er sich konzentriert. Daher möchte ich diesen Artikel viel weniger als ein Review verstanden wissen, sondern viel mehr als einen ersten Erfahrungsbericht.
Während im Vorgänger »Cataclysm« neue Gebiete über die ganze Welt verteilt waren, findet Blizzard in »Mists Of Pandaria« wieder zurück zum Prinzip des zusammenhängenden Kontinents. Das ist begrüßenswert und weckte sofort den Entdecker in mir. Ich ertappte mich dabei wie ich mir über Um- und Schleichwege Zugang in Gebiete verschaffte, die ich eigentlich von meinem Level noch nicht hätte betreten sollen, einfach um zu schauen wie es dort aussieht. Die neuen Gebiete auf Pandaria sind wunderbar gestaltet. Der asiatische Flair, den ich sonst eigentlich gar nicht so mag, ergibt ein schönes Gesamtbild und nervt wider meiner Erwartungen überhaupt nicht. Vom dichten Dschungel, über Weidelandschaften bis zur Steppe ist alles dabei und schafft einen glaubhaften Mini-Kontinent. In Cataclysm konnte man sofort mit seinem Flugreittier über die neuen Gebiete segeln und da die meisten Spieler deshalb nur von Quest zu Quest geflogen, ist das Fliegen auf Pandaria erst wieder ab Stufe 90 erlaubt. Aber keine Sorge liebe Questmuffel: Ich hatte das Gefühl, dass man trotzdem sehr schnell vorankommt und nicht lange an einem Ort verweilt. Mein Jäger wurde von Questhub zu Questhub geschickt und die Maximalstufe war schneller erreicht als mir lieb war. Auch in Sachen Storytelling steht »Mists Of Pandaria« seinen Vorgängern in nichts nach. Mehr noch: Die bereits zum zweiten AddOn eingeführten Zwischensequenzen bei größeren Questreihen und die sogenannten Phasing Zones, lassen das Gefühl aufkommen, dass sich die Welt während des Levelns tatsächlich verändert. Ein Umstand den nicht viele MMORPGs erfüllen. Sicherlich ist, um eine so riesige Welt noch glaubhafter zu machen, auch in WoW da noch Nachholbedarf.
httpv://www.youtube.com/watch?v=wvYXoyxLv64
Schöne Questreihen, tolle Gebiete und eine, aller Skepsis zum Trotz, wirklich witzige neue Rasse, die sich gut in die nicht immer so ernst zu nehmende Fantasywelt von World Of Warcraft einschmiegt.
Doch die Ernüchterung kommt spätestens mit Level 90 bzw. dann, wenn man alle Quests in den neuen Gebieten abgeschlossen hat. Ab dann wird’s tatsächlich recht öde. Die meisten PvE-Spieler werden nun anfangen ihren Charakter auf die großen Schlachtzugsinstanzen vorzubereiten. Das war schon immer so und zumindest mir hat es bis einschließlich Wrath Of The Lich King Spaß gemacht zu schauen: Welche Tränke und andere Verstärkungen muss ich mir besorgen, was ist die beste Talent-Skillung, welche Voraussetzungen muss ich erfüllen und – das Wichtigste – wo bekomme ich schnell vernünftige Ausrüstung her? Gerade letzteres ist in »Mists Of Pandaria« ein sprichwörtlicher „pain in the ass“. Um sich für Kommendes zu wappnen, muss man bei verschiedenen Fraktionen im Spiel seinen Ruf steigern. Das ging in den Vorgänger-AddOns über Instanzen, also kleine 5-Mann Dungeons mit moderatem Schwierigkeitsgrad, in denen es für jeden Gegner der das Zeitliche segnete einen kleinen Zuwachs des Rufs gab. So erlangte man Ruf und bekam zeitgleich neue Items um sich zu verstärken. Jetzt sind die Heroischen Dungeons nur eine Vorstufe. Die Items die man dort bekommt sind sicherlich gut, doch die beste Ausrüstung bekommt man von erwähnten Ruf-Fraktionen. Um an diese Gegenstände zu kommen, muss der Ruf auf die maximale Stufe gebracht werden und das geschieht jetzt ausschließlich über Daily-Quests. Also solche Aufgaben die man jeden Tag aufs Neue abschließen muss. Dies dauert mehrere Stunden pro Tag. Jeden Tag! Jeden fucking Tag. Zirka zwei Wochen lang. Sagen wir es mal so:
Da kann ich auch gleich meine Wohnung putzen, für die Uni lernen oder arbeiten gehen. Macht mir genau soviel Spaß.. not! Blizzard muss die Entwicklung von »Mists Of Pandaria« nach China outgesourced haben, denn anders lassen sich diese stupiden Daily-Quests nicht erklären. Gut, vielleicht übertreibe ich gerade ein bisschen, denn man sollte nicht vergessen: Das MM in MMORPG steht für Massive Multiplayer und zusammen mit Freunden oder Gildenkollegen, lassen sich die Aufgaben doch recht zügig erledigen. Ändert aber nichts an der Tatsache, dass es stumpfes “Grinden” ist und keine wirkliche Innoatvion und Motivation beinhaltet. Aber WoW-Spieler lassen es halt mit sich machen, Masochistenpack!
Neben den Pandaren als spielbare Rasse, sorgte auch das neue Battlepet-System für Aufregung in der Spielerschaft: “Casual-Scheiß”, “Kinderkram”, “Pokémon-Abklatsch”. Merkwürdig. Seit Classic hörte ich immer wieder von SpielerInnen den Wunsch, dass die sammelbaren Haustiere mehr können müssten als nur stupide hinter dem Charakter herzulaufen. Jetzt heißt es aber, es würde nicht in die Spielwelt passen. Leute, ernsthaft, kriegt mal euren Stock aus dem Arsch. »World Of Warcraft«, stand noch nie für ein super ernstes Dark Fantasy-MMO, sondern war immer schon gespickt mit Humor und Anspielungen an andere Erzeugnisse der Popkultur. Ich erinnere an den Piratentag, das Plants Vs. Zombies-Minispiel oder die Stargate-Charaktere als Itemverkäufer. Sicherlich ist das neue Minipet-System eine etwas größere Sache, aber letztlich zwingt Blizzard niemandem die Funktion zu nutzen. Ja, es ist tatsächlich ein bisschen wie Pokémon, aber für die Kaffeepause zwischendurch taugt es wirklich und ist immerhin besser als im Facebook FarmVille zu spielen.
Gesamte Spielzeit: 187 Tage, 5 Stunden, 57 Minuten, 26 Sekunden. Zeit auf dieser Stufe gespielt: 0 Tage, 6 Stunden, 13 Minuten, 32 Sekunden.
Die Zeit die ich eingeloggt im Spiel verbrachte (AFK-Zeiten mit eingerechnet) lässt mich zeitgleich an meiner geistigen Gesundheit zweifeln, macht mich auf der anderen Seite aber auch ein bisschen froh ein Stück Spielegeschichte so intensiv miterlebt zu haben. Ob ich noch lange auf Pandaria verweilen werde, bleibt allerdings fraglich. Der Zeitaufwand steht in keiner Relation zum Spielspaß und es fehlen die richtigen Herausforderungen für den Gelegenheitsspieler. Mir persönlich fehlt Zeit und Lust, mich mehrfach die Woche, zu festgelegten Uhrzeiten, für größere Schlachtzüge zu treffen, nur um dann mehrere Wochen ein und denselben Bossgegner zu verprügeln. Und seien wir ehrlich – auch die Schlachtzugsbosse sind nicht wirklich schwer. Waren sie nie, werden sie nie sein.
Dennoch: Wer »World Of Warcraft« liebt(e) und sich nicht sicher ist ober er in »Mists Of Pandaria« reinschauen sollte, dem kann ich aus der Sicht eines Rollenspiel-Fans nur dazu raten. Es gibt viel zu entdecken und nette Questreihen mit sympathischen Pandaren. Es ist einerseits das Spiel, dass man mal ein, zwei Stündchen zwischendurch zocken kann, ohne sich großartig frustrieren zu lassen, beim Kaffee, mit Musik oder Podcast auf den Ohren. Andererseits bleibt es im Endgame auch das Spiel, für das man besser viel, viel Zeit einplanen und einen möglichst toleranten Partner haben sollte.
Spielt ihr auch und wenn ja, wie gefällt euch Pandaria und werdet ihr dabei bleiben? Interessiert mich wirklich, also ab in die Comments mit euch!