Dass dabei einiges an Spielzeit zusammenkommt, sollte klar sein. Insgesamt rund 30 Stunden pure Kampagne warten hier auf den Spieler, und bereits innerhalb der ersten 60 Minuten wird klar, dass Uncharted als Vorlage für die Neuauflage von Tomb Raider diente (während die originalen Tomb Raider-Spiele wohl als Vorlage für Uncharted dienten. Ach, verwirrend.). Chrystal Dynamics scheint sich hier ordentlich bedient zu haben, nicht nur, was das Gameplay angeht, sondern auch in Sachen Leveldesign und Animationen. Dafür klauen Naughty Dog bei so ziemlich jedem Bad-Boy-Abenteuerfilm, den es je gab, am meisten jedoch – und das passiert ganz offen – beim Publikumsliebling Indiana Jones. Ob das nun Zitate sind (“Ah, Venedig!“) oder gänzlich durchgepauste Handlungsstränge – Uncharted hat einfach alles.
Moorhuhndiana Jones
Storytechnisch kann Drakes Schicksal in den ersten beiden Dritteln voll überzeugen. Hier kommt richtiges Abenteuer-Feeling auf! Leider ereilt den ersten Teil das gleiche Schicksal wie einst den unsäglichen vierten Indiana Jones-Teil, denn auch Uncharted versucht, die Geschehnisse auf der Suche nach El Dorado mit Übernatürlichem zu erklären. Mööp. Das ist dann meist der Punkt, an dem ich schreiend die Hände über dem Kopf zusammenschlage, dann aber trotzdem weiterspiele (respektive “-gucke”), um zu sehen, wie es ausgeht. Naughty Dog rettet sich in diesem Fall relativ gekonnt aus der Misere, indem sie den Spuk zu ihren Gunsten nutzen, dem Spieler ordentlich Angst einjagen und schnell wieder Normalität einkehren lassen.
Drakes Schicksal war 2007 schon so ein hübsches Spiel, dass die Macher sich bei der Next-Gen-Portierung darauf beschränkt haben, hochauflösende Texturen einzusetzen und die Framerate und Auflösung auf 60 Frames / 1080p zu setzen. Das macht sich allerdings nur im direkten Vergleich bemerkbar, da das Remaster fast wirkt, wie für PS4 gedacht. Da haben die Jungs und Mädels großartige Arbeit geleistet. Doch obwohl die Framerate immer stabil bleibt, leidet Uncharted offensichtlich weiterhin unter den gleichen Problemen, wie schon 2007: Clipping-Fehler bis der Hobby-Archäologe kommt. Dies bescherte mir mehr als einmal einen erzwungenen Neustart ab dem letzten Speicherpunkt, die allerdings – mit einigen Ausnahmen – mehr als fair und relativ großzügig durch die ganze Kampagne gesät werden.
Atemlos durch Shangri-La
Ändert aber nichts daran, dass die Geschichte um Marco Polos Lampe und den heiligen Ort Shangri-La durch clevere Rückblenden erzählt wird, die Hollywood eifersüchtig machen. Kämpfe auf Zügen, Auto-Verfolgungsjagden und … oh nein… Übernatürliches. Echt jetzt? Schon wieder? Auch hier tauchen wieder seltsame Wesen auf, die das letzte Drittel zu einer einzigen Ballerorgie machen. Hier wird schnell klar: Gerade die Schießereien sind spaßtechnisch an der Untergrenze dessen, was noch Spaß macht. Die vermehrt auftretenden Klettereinlagen und Rätsel (bei denen man die Lösung grundsätzlich direkt verraten bekommt) hingegen sind klasse.
Ab in die Wüste
In diesem Teil wird besonders deutlich, woher Naughty Dog seine Inspiration bezüglich des Charaktertypen Nathan Drakes bezieht: Ganze Passagen des Spiels sind dem dritten Teil der Indiana Jones-Filme entnommen, noch viel offensichtlicher als vorher. Dies ließ meine Hand das ein oder andere Mal gen eigene Stirn wandern, genau wie bei vielen Szenen, in denen nicht ganz klar ist, was der Spieler eigentlich genau zu tun hat. Das führt gerade in actionreichen Sequenzen zu Verwirrung und sorgt dafür, dass Nathan sehr oft das Zeitliche segnet. Wenigstens bleibt mir in Drake’s Deception (mit einer Ausnahme) der übernatürliche Mumbo-Jumbo erspart.
Sammelwut im Kugelhagel
Was mir in keinem der drei Spiele erspart bleibt, sind die Collectibles. Ich bin echt ratlos, warum Entwickler immer wieder auf dieses Mittel zurückgreifen, um den Wiederspielwert in die Höhe zu treiben. Bei mir bewirken die kleinen Objekte, die in der ganzen Spielwelt versteckt sind, nur, dass ich mich nich richtig auf meine Umgebung konzentriere. Ich kann den imposanten Eintritt in den versteckten Tempel nicht genießen, wenn ich hinter der Eingangstür einen glitzernden Schatz vermute, den ich, um 100% der Trophies zu erhaschen, sammeln muss. Schlimm, so was. Klar, müsste ich eigentlich nicht machen, und es ist utopisch, sämtliche Sammelobjekte im ersten Durchgang zu erhaschen, aber einen Versuch ist es immer Wert.
Zwar wurde den Remaster-Versionen verständlicherweise der Multiplayer-Modus gekürzt (kurz: Reduktion des Spiels auf den Baller-Faktor), dafür besitzen aber alle Teile eine Speedrun-Option und einen Kamera-Modus, der ja mittlerweile typisch für HD-Varianten alter PS3-Titel ist.
Preislich ist die Nathan Drake Collection ein Hit. Selbst zum Releasepreis von ca 60 Euro ist das Ding sein Geld auf jeden Fall wert. Immerhin bekommt man dafür drei unglaublich gute Spiele, die man definitiv nachholen sollte, falls man zu den 80% gehört, die dies noch nicht gemacht haben. Mittlerweile sollte der Titel aber für erheblich weniger zu bekommen sein. Zu viel Zeit sollte man sich mit dem Spielen allerdings nicht lassen, denn bereits Mitte März erscheint A Thief’s End, der vierte Teil der Reihe. Diesmal exklusiv für die PS4, ohne Remake, ohne Remaster. Und seit der E3 wissen wir, dass das Teil unfassbar gut aussieht. Ich freue mich sehr (!) auf neue Abenteuer mit Nate und Sully. Das bislang veröffentlichte Videomaterial verspricht flüssigere Action und weniger Moorhuhn-Ballerei. Hoffentlich bleibt mir der ganze Voodoo-Zombie-Quatsch erspart.