The Red Strings Club 0

Drinks und furchtbare Minispiele

Anfang Dezember habe ich »The Red Strings Club« im Rahmen des Weihnachtswichtelns des Auf ein Bier Forums erhalten. Das Spiel war mir vorher nicht bekannt, ich habe mich komplett überraschen lassen und mir im Voraus nichts dazu durchgelesen. Am besten beschreiben kann man es wohl als narrative Erfahrung mit gelegentlichen Entscheidungen und Gameplay-Passagen. Es gibt mehrere Minispiele, von denen gerade mal das Mixen von Drinks ansatzweise Spaß macht. Daneben gibt es eine Art Töpfern sowie das Herausfinden und Wählen von Telefonnummern – was auch wirklich alles so spannend ist, wie es klingt.

Magicdrinkmix

Beim Mixen der Drinks geht es darum, eine bestimmte Emotion mit dem Drink zu treffen. Spielerisch ist das so gelöst, das sich mit dem Einschenken einer bestimmten Zutat ein Kreis verändert bzw. verschiebt und somit seinem Ziel näherkommt. Anfangs kann der Kreis nur nach oben, unten, links und rechts verschoben werden, später kann auch noch die Größe sowie die Drehung geändert werden. Das ist ein okayes Minispiel, vor allem weil oftmals mehrere Emotionen zur Auswahl stehen und diese unterschiedliche Auswirkungen auf die Trinkenden haben. Gesteuert wird das mit der Maus: Flasche durch Anklicken aufnehmen, durch hoch und runterschieben die Neigung ändern. Nervig ist, dass das Minispiel buggy ist und ich wirklich oft das Problem hatte, dass beim Drehen der Flasche das Getränk nicht herausgeflossen ist. Das Mixen kommt mehrfach im Spiel vor und ist eine okaye Abwechslung.

Töpfern aus der Hölle

Beim „Töpfern“ soll ich als Androide bestimmte Augmentierungs-Module herstellen, indem eine Masse anhand einer vorgegebenen Form verformt werden soll. Durch wiederholtes Klicken wird die Masse in der Horizontale gedreht, mit Hilfe unterschiedlicher Werkzeuge wird die Masse verformt. Das Minispiel ist ehrlich gesagt ziemlicher Scheiß: Das ständige Klicken, um die Drehung konstant zu halten, nervt unfassbar und die richtige Form herzustellen ist meistens unnötig kompliziert. Schlimmer noch: Erst nach dem manuellen Beenden erfahre ich, ob das Ergebnis gut genug ist. Ist es das nicht, darf bei 0 angefangen werden, das bestehende Modell kann im Nachhinein nicht mehr korrigiert werden.

Sind die Module hergestellt, sollen sie eingesetzt werden. Dabei präsentiert mir das Spiel Anforderungen der Käufer sowie die Effekte der Module. Mehrere Module passen dabei potenziell zu einer Anforderung, es ist aber immer nur ein Modul das richtige. Welche Augmentierung wo platziert werden soll, ließ sich für mich überhaupt nicht erschließen und erschien mir teilweise ziemlich willkürlich, sodass ich irgendwann nur noch entnervt trial & error betrieben haben. Zum Glück kommt das Töpfern nur anfangs einmal vor, nervt aber so sehr, dass ich schon fast deswegen das Spiel frühzeitig beendet hätte – vor allem, weil es viel zu sehr in die Länge gezogen wird.

Kein Anschluss unter dieser Nummer

Das dritte Minispiel ist das Herausfinden von Telefonnummern und wählen dieser. Dazu stehen mir unterschiedliche Informationen zur Verfügung und durch das Anrufen von vorgegebenen Personen erfahre ich weitere Details, die die nächste Telefonnummer freigeben. Spielerisch ist das ziemlich anspruchslos und es nervt auch noch damit herum, dass immer die komplette Nummer inkl. Vorwahl gewählt werden soll, selbst wenn es sich um ein Büro im selben Gebäude handelt. Das Minispiel wäre nervig, aber okay gewesen, wenn ich zwei oder dreimal eine Nummer hätte eingeben müssten, stattdessen geht das aber minutenlang so, dass irgendwelche Telefonnummer eingegeben werden wollen – das ist in etwa so, wie wenn ich in Skyrim ein Gebäude hätte, in dem ausnahmslos jede Tür geknackt werden muss.

Cyberpunk, die Drölfte

Nun habe ich anfangs ja erwähnt, dass »The Red Strings Club« eine narrative Erfahrung ist. Das heißt, dass die Minispiele zum Glück nur einen geringen Teil des Spiels ausmachen und ich den Großteil des Spiels Dialoge lese (und wegklicke) und dabei gelegentlich eine Entscheidung zu treffen habe. Gelegentlich ist das über die Art und Weise, wie ich eine Frage stelle und meistens dadurch, welche Emotion ich mit dem Drink, den ich dem Gast mixe, hevorrufe.

Inhaltlich ist die namensgebende Bar »The Red Strings Club« der zentrale Ort einer wirklich eher doofen, fast schon pseudointellektuellen Handlung, die mich zu keiner Sekunde auch nur irgendwie überzeugen oder begeistern konnte. Viel zu oft schon gab es die Cyberpunk-Dystopie mit der großen, bösen Firma, nur war das häufig kompetenter und plottechnisch besser umgesetzt. Wendungen erscheinen willkürlich und wenig nachvollziehbar und die Charaktere bleiben mir das ganze Spiel über völlig egal.

Positiv hervorheben möchte ich den Artstyle. Ich bin zwar nicht der allergrößte Fan von Pixeloptik, doch die von »The Red Strings Club« hat mir wirklich sehr gut gefallen und sie schafft es eine gewisse Stimmung durchgehend gut einzufangen und zu transportieren. Den Soundtrack habe ich dagegen jetzt schon wieder vergessen.

Bipolare Entscheidungen

Ein letztes Wort sei zu einer maßgeblichen Entscheidung gesagt, die recht weit zu Anfang des Spiels getroffen werden muss. Die Entscheidung ist mehr oder minder eine direkte Auswirkung des Töpfern-Minigames und kommt im Spiel völlig unvermittelt. Ich bin mir nach wie vor nicht sicher, ob ich das genial oder scheiße finde. Auf der einen Seite finde ich es genial, weil ich an der Stelle nicht weiß, dass ich die Wahl, die ich in dem Moment treffe, nachher einen wesentlichen Unterschied machen wird. Auf der anderen Seite empfinde ich es als scheiße, weil mir das Spiel an der Stelle suggeriert, dass ich mich in einem safe space befinde, in dem ich Dinge ausprobieren kann. So lässt mich dieser Moment gleichzeitig begeistert, wie auch angepisst zurück.

Fazit

Insgesamt hat mir »The Red Strings Club« leider gar nicht gut gefallen und ich war in der Tat froh, dass es mit seinen ca. vier Stunden schnell vorbei war. Ich habe mich sogar immer häufiger dabei erwischt, wie ich den Entscheidungsbaum aufrufe, der mir nämlich auch anzeigt, in wie vielen Entscheidungen es endlich vorbei ist. Dabei mag ich storybasierte Spiele und kann auch mal das ein oder andere blöde Minispiel, wie etwa seinerzeit bei SOMA, ertragen – hier hat für mich aber leider, bis auf die Optik, gar nichts gepasst. Schade eigentlich, denn der Anfang hat mir gut gefallen und ich hatte die Hoffnung, dass das meine Sorte Spiel sein könnte.

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Dominik mag Storyspiele und Shooter und findet die meisten Open World- und Grinding-Mechaniken ganz furchtbar.

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