In Wikipedia steht: Aufgrund seiner großen Kraft kann ein einziger Biss oder Tatzenhieb eines Grizzlybären beim Menschen schwere Verletzungen oder sogar den Tod verursachen. Üblicherweise entfernen sie sich aber, wenn sie Menschen herankommen hören, weswegen es von den Nationalparkverwaltungen in Nordamerika empfohlen wird sich geräuschvoll fortzubewegen. Trotzdem kommt es nahezu jedes Jahr zu vereinzelten Todesfällen.
Als ich das Schrottwichtelspiel Grizzly Valley als Geschenk von Leonie in meiner Steam-Bibliothek vorfand, habe ich erst einmal erleichtert aufgeatmet, da es kein Zombie-Spiel war. Ein Spiel mit Bären, dachte ich, was kann da schon schief gehen. Ich lache jetzt noch über diesen Gedanken …
Aller Anfang ist Hilflosigkeit
Erwartungsfroh starte ich also das Spiel und werde in einem Häuschen abgesetzt. Die Einrichtung lässt zu wünschen übrig und auch die schwurbeligen und lieblosen Texturen der Möbel oder anderer Gegenstände tragen nicht gerade dazu bei, mir das Gefühl zu geben, es hier mit einem hochwertigen Spiel zu tun zu haben. Ich sehe mich um und ahne schon Schreckliches. Hier war ein Entwickler unterwegs, der nicht gerade sein Meisterwerk geschaffen hat. Aber vielleicht macht Grizzly Valley ja trotzdem irgendwie Spaß und ich mache mich auf den Weg, das Haus zu erkunden. Doch leichter gesagt als getan. Zwar kann ich mich ganz gut bewegen, aber obwohl ich angezeigt bekomme, dass ich mit Gegenständen oder Türen interagieren könnte, ist es mir nicht möglich, etwas zu greifen oder zu bewegen. Vielleicht hilft ja ein Blick in die Tastenbelegung? Fehlanzeige. Das Spiel ist so spartanisch ausgestattet, dass jegliche Hilfestellung in dieser Richtung fehlt. Was meine Aufgabe ist, bleibt ebenfalls im Dunklen.
Seufzend versuche ich dem Internet ein paar Infos zu entlocken, wenn schon Grizzly Valley sich selbst in düsteres Schweigen hüllt. Anscheinend bin ich mit dem Steuerungsproblem nicht alleine, so dass sich der Autor des Spiels im Steam-Forum genötigt sieht, dazu ein paar Worte fallen zu lassen. Wieder etwas positiver gestimmt, nehme ich meinen Erkundungsgang wieder auf. Ich kann nun Türen öffnen und auch Proviant sowie Verbandsmaterial einpacken. Obwohl ich immer noch nicht weiß, was ich eigentlich tun soll, kann das Vollstopfen meines Inventars ja nicht schaden. Aber leider kann ich aber nur ein bestimmtes Gewicht tragen und nicht unendlich viel mit mir herumschleppen.
Hinein in den tiefen Wald
Mein Rundgang ist bald beendet und ich trete vor die Türe. Auch hier erwartet mich eine klobig modellierte und weitgehend unbelebte Winterumgebung. Alles wirkt irgendwie nicht sehr einladend und ich steige in ein Auto, das ohne mein Zutun dann auch gleich losfährt … und ebenso plötzlich mitten in einem lichten Waldgebiet wieder anhält. Der Grund ist nicht ganz klar, aber offensichtlich ist der Tank leer oder der Motor kaputt oder was auch immer. Anscheinend brauche ich Werkzeug und einen Akku. Das Spiel hüllt sich auch hier wieder in dezentes Schweigen, was das weitere Vorgehen angeht.
Also laufe ich zu Fuß weiter und hoffe zwischen den verschneiten Hügeln irgendetwas Brauchbares zu finden. Und hier wird das Spiel erst einmal zum Laufsimulator. Ich marschiere durch schier endlose und leere Gebiete, in denen vereinzelt Bäume und Büsche stehen, sich aber sonst nichts Interessantes erkennen lässt. Rennen kann ich zwar auch, aber offensichtlich hat meine Spielfigur keinerlei Kondition, denn schon nach wenigen Sekunden ist die Rennerei vorbei und die Ausdauerleiste braucht gefühlt einige Minuten, um sich wieder aufzufüllen. Also geht’s in gemächlichem Tempo durch die Leere. Die Bäume und das Gestrüpp ähneln sich, die schneebedeckten Hügel auch und so langweile ich mich von Meter zu Meter mehr.
Plötzlich höre ich Bärengebrüll. Ach ja, da war ja noch was. Ich blicke mich um, kann aber weit und breit keinen Bären entdecken. Also laufe ich mal schneller und mal langsamer weiter. Das Bärengebrüll wird lauter und zack bin ich tot. Ähm … ooookay. Und zu allem Überfluss sieht es nach Permadeath aus, denn ich lande wieder in dem oben bereits erwähnten hässlichen Häuschen. Ganz toll.
Was tue ich hier eigentlich?
Obwohl ich nach mehreren Anläufen nun doch ein paar Gebäude im Wald entdeckt habe und auch verstanden habe, dass ich zuerst irgendeinen Generator wieder zum Laufen bringen muss, bin ich nicht wirklich weiter gekommen.
Manche benötigten Gegenstände kann ich nicht aufheben, weil sie zu schwer sind oder sie verschwinden einfach, bevor ich sie an ihrem Bestimmungsort abliefern kann. Und der Bär kommt auch immer mal wieder vorbei und ich sterbe, obwohl er noch einige Meter von mir entfernt ist und ich eigentlich gut versteckt bin. WTF!
Nach fünf Versuchen gebe ich jetzt auf. Ich war wirklich bemüht, dem Spiel etwas Positives abzugewinnen. Wäre die Umgebung ein wenig schöner gestaltet, hätte das Spiel vielleicht bei mir noch punkten können. Aber so artet das Spielen langsam in Quälerei aus und vom Augenverdrehen habe ich bald schon einen Muskelkater. Offensichtlich kann aber Grizzly Valley auch gar nicht regulär beendet werden, soweit ich die Foreneinträge dazu verstanden habe. Das Auto benötigt nämlich zwei Gegenstände um das Auto wieder fahrtüchtig zu bekommen, die man aber nicht gleichzeitig tragen kann. Und nacheinander angeschleppt, akzeptiert die Karre diese nicht. Was für ein Gameplay!
Wer also masochistisch veranlagt ist, gerne ein unlösbares Spiel spielen und dabei mehrfach vom Bären gefressen werden möchte, dem kann ich diesen Schrott nur wärmstens empfehlen.