Zockwork Orange

[Schrottwichteln 2016] A Girl And Her Bear

Als ich von Maja mein Schrottwichtel-Game bekam, wunderte ich mich etwas. Wir sollen uns hier doch richtig schlechte Spiele schenken, um uns zu ärgern. Vielleicht ist Maja einfach zu nett dafür. Umso besser, denn normalerweise macht mir das mit dem Schrottwichteln nämlich keinen großen Spaß (jaja, das ist auch der Sinn der Sache, ich weiß), ganz anders ging es mir bei »Bear With Me«. Das hatte ich schon auf der gamescom in der Indie Arena angespielt und war vom Stil recht angetan. Spielerisch konnte ich mir keine Meinung bilden – das Spiel war gerade mittendrin und es war kein Entwickler in der Nähe, der mir etwas hätte erklären oder das Spiel zurücksetzen können.

Nun, jetzt konnte ich ja die erste Episode spielen und mir einen Eindruck verschaffen. In »Bear With Me« spielen wir (hauptsächlich) die kleine Amber, die sich mit ihrem Teddybär – einem Privatdetektiv, der in ihrem Schrank wohnt – auf die Suche nach ihrem Bruder macht. Dessen Verschwinden ist nicht das einzig Mysteriöse in dem großen Haus, in dem Amber alleine zu leben scheint. Umgeben von zum Leben erwachten Stofftieren, die allesamt verängstigt sind. Sie sind aus Paper City geflohen und genau dorthin führen sämtliche Hinweise, die mit dem Verschwinden des Bruders zu tun haben. Außerdem ist da noch der “Red Man”, der alle in Angst und Schrecken versetzt. In der ersten Episode erkunden Amber und Ted, der Bärendetektiv, die Zimmer des obersten Stocks und den Dachboden. Dabei führt natürlich ein Rätsel zum nächsten und die düstere Noir-Stimmung und die trockenen Kommentare lassen einen vergessen, dass man ein kleines Mädchen und einen Teddy spielt und in keinem echten Fall ermittelt. Die Geschichte ist spannend inszeniert und ebenso spannend erzählt, so dass ich mir mit Sicherheit auch Episode 2 holen werde, ich will ja wissen, wie es weitergeht, ob sie den Bruder finden, wer sich hinter dem “Red Man” verbirgt und wieso Amber ganz alleine zuhause ist..

Hatte wohl einen guten Grund, dass das Zimmer abgeschlossen war. Man beachte die Kamera und den “Dark Room”.

Doch da es hier ja eigentlich ums Schrottwichteln gehen soll, auch mal ein paar negative Punkte: die – sehr gut synchronisierten Dialoge – sind mir oft zu lang gewesen. Auf eine ausgewählte Gesprächsoption folgt meist ein Gespräch über gefühlte Minuten. Anders als die perfekte Synchro sind die deutschen Texte leider manchmal nicht so gut und wohl ohne Kontext übersetzt worden. Der Wasserhahn – im Original “Pipe” – wird dann auch schon mal als “Pfeife” bezeichnet. Aber auf Englisch ist es super, sowohl die Stimmen, als auch die zahlreichen Dialoge mit vielen kleinen Anspielungen und Witzen. Noch ein Punkt, der mich störte, sind die Rätsel, die trotz logischer Lösungsansätze einfach nicht funktionierten. Ein Taschenmesser mit einem verschlossenen Schloss benutzen? “Are you even trying?” Dem Polizisten den Zettel mit der gefälschten Unterschrift geben, den er haben wollte? “I don’t think so!” Ganz oft kombiniert man scheinbar logische Dinge und in vielen Point-and-Clicks käme dann wenigstens ein passender Kommentar, in »Bear With Me« wird einem nur immer wieder gesagt, wie doof man doch sei, weil man das gerade ausprobiert hat. Schade. Laut Website verfügt Bear With Me über ein “Simple hint system to avoid pixel hunting”, das wäre schön gewesen, habe ich leider nicht herausfinden können, wie das funktioniert. Manchmal hängt man nämlich doch sehr lange an einem Rätsel, einfach weil das Spiel einem nämlich gar keinen Hinweis gibt. Zum Glück gibt es Youtube.

Unterm Strich ist »Bear With Me« ein Noir-Point-and-Click mit einzigartiger Story, guter Synchronisation und überzeugender, dichter Atmosphäre und ein paar Mängeln im Gameplay und Spielmechanik. Kann man verkraften, bin gespannt, wann und wie es weitergehen wird.

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