Drei Jahre nach den Ereignissen in Splinter Cell: Double Agent finden wir Sam Fisher im Ruhestand auf Malta wieder. Doch zum Sightseeing ist er sicher nicht da, weshalb es ihn auch wenig unvorbereitet trifft, als seine ehemalige Kollegin Anna Grimsdottir ihn ausfindig macht und ihn über Funk beauftragt, einen Gangsterboss auszufragen. Dieses erste Kapitel von Splinter Cell: Conviction ist gleichzeitig ein Tutorial (was demzufolge auch beim zweiten Spielen nicht übersprungen werden kann), um den Spieler mit den neuen Funktionen vertraut zu machen und ist gleichzeitig das einzige, in dem es echte Flashbacks gibt. Diese zeigen Sam mit seiner Tochter Sarah, deren Tod er aufklären will. Doch bald muss er erfahren, dass es um viel mehr geht, sonst hätte Anna sich nicht die Mühe gemacht, ihn zu kontaktieren. Third Echelons jetziger Chef Tom Reed will die Präsidentin der USA stürzen und dafür drei EMPs in Washington zünden, welche die Stadt ins Chaos stürzen und ihm den Weg ins Weiße Haus ebnen sollen.
Mürrisch wie immer bleibt Sam Fisher trotzdem Patriot von ganzem Herzen und muss den Anschlag auf sein Land verhindern. Dabei kommt es ihm sehr gelegen, dass die Beteiligten fast alle mit dem Tod seiner Tochter zu tun hatten und er sich in seinen knochenbrechenden Verhörmethoden üben kann.
Die Story zu Splinter Cell: Conviction ist recht simpel gehalten, auch wenn sie durch Flashforwards verwirren und den Spieler auf eine falsche Fährte locken will. Das klappt aber leider nicht so richtig und ist sehr vorhersehbar. Splinter Cell: Conviction möchte aber sicher auch nicht durch die Story, sondern durch das innovative Spielprinzip überzeugen und das tut es – sobald man denn komplett durchgestiegen ist – auch.
Sobald Sam einen Gegner mit einer Hand-to-hand Attacke außer Gefecht setzt, steht ihm eine neue Tötungsmethode zur Verfügung, in der er nacheinander Gegner markieren und mit einem Knopfdruck erledigen kann. Warum er dafür immer erst eine Person mit bloßen Händen in Jenseits befördert haben muss, wird dabei nicht erklärt. Richtig Spaß macht das aber erst, wenn man Gegner unter der Tür hindurch beobachtet und markiert oder mit den ebenfalls neuen Sonar-Goggles hinter einer Wand aufspürt.
Eine weitere Neuerung ist die Last Known Position, eine Silhouette, die anzeigt, wo Sam zuletzt von einem Gegner gesehen wurde. Dies kann man taktisch gut ausnutzen, indem man wartet, bis sich der Gegner aus der Deckung traut und Sams vermeintlichen Aufenthaltsort untersucht, während Mister Fisher gemütlich aus dem Schatten heraus das Geschehen in schwarz-weiß betrachtet und im richtigen Moment den Abzug betätigt. (Um anzudeuten, dass man sich im Schatten befindet und man nicht entdeckt werden kann, verliert das Spiel seine Farbe, weshalb man die meiste Zeit durch eine Landschaft in Graustufen schleicht.)
Das Schleichen steht natürlich auch im sechsten Splinter Cell wieder im Vordergrund, manche Stellen können sogar gar nicht anders gespielt werden, ein entdeckt werden führt zum sofortigen Levelabbruch. Die Gegner lassen sich meist auch gar nicht im offenen Kampf bezwingen. Anders herum gibt es manchmal leider Stellen, an denen Gegner (wortwörtlich) aus dem Nichts erscheinen, mit EMP-Granaten um sich schmeißen und aus allen Rohren feuern. Da die dann auch Sonar-Brillen tragen, ist ein Verstecken unmöglich und der offene Kampf auch aussichtslos. Ein menschlicher Schild hält ja leider auch nur begrenzte Zeit. Diese Kämpfe machen das Spiel unnötig schwer und stellen manchmal die Geduld des Spielers auf eine harte Probe. 10 Mal an der gleichen Stelle sterben und neu versuchen ist keine Seltenheit, im Koop Modus sogar eher die Regel und nicht die Ausnahme.
Zum Glück ist auch hier die KI nicht sonderlich clever und man kann meist entkommen und aus der Entfernung jeden einzeln erledigen. An einer Stelle in einem Café hat die KI bei mir total versagt und jeden Polizist auf exakt dem gleichen Pfad rückwärts in meine Falle laufen lassen, wo ich die Leichen vor meinen Füßen gestapelt habe. Im Gegensatz zu einem Assassin’s Creed beispielsweise sind die Gegner aber deutlich intelligenter. Ihr Spachrepertoire ist aber ähnlich begrenzt und kann schnell nerven.
Aber wenn man sich an diesen wenigen verzwickten Sequenzen vorbei gekämpft hat, macht Splinter Cell: Conviction viel Spaß und sieht auch noch optisch toll aus. Videosequenzen und Hinweise werden direkt in der Umgebung auf Wände und Möbel geworfen und unterbrechen das Spielgeschehen nicht. Und bei “Verhören” kann die Gesichter seiner Gegenüber direkt mit diesen Möbeln Bekanntschaft schließen lassen. Diese im Vorfeld viel gelobte Technik ist aber nur sehr begrenzt und nur an ganz wenigen Gegenständen wirklich nutzbar, nämlich nur dann, wenn die Story vorschreibt, dass jemand verhört werden soll.
Die Kapitel sind graphisch sehr ansprechend umgesetzt und lassen kaum Langeweile aufkommen. In Malta fängt es an, es gibt Abstecher in einen Vergnügungspark, in ein Kraftwerk und in den Golfkrieg. Da ist wirklich für jeden was dabei und dank der alles andere als offenen Welt kann in den beschränkten sichtbaren Bereichen tolle Landschaft im Hintergrund bestaunt werden.
Für alle diese Modi gibt es übrigens ein internes Punktesystem. Löst man bestimmte Challenges, wie z.B. “x Leute mit einem Kamerasound irgendwohin locken und da dann killen” bekommt man Punkte, diese lassen sich dann in Waffen-Upgrades eintauschen. Alle Punkte der sogenannten PEC-Challenge (Persistent Elite Creation) sind aber ähnlich schwer wie die Gamerscore-Punkte in diesem Spiel zu erlangen, mit einem einmaligen Durchspielen des Singleplayer-Modus kommt man bei beiden nicht weit. Sowohl Koop als auch Singleplayer können in je ca. 10 Stunden durchgespielt werden, abhängig davon, wie oft man sich töten lässt und von einer der seltenen Speicherstellen wieder neu beginnen muss.
Tom Clancy’s Splinter Cell: Conviction (Xbox 360, PC)
Entwickler: Ubisoft Montreal
Publisher: Ubisoft
Erscheinungsdatum: 15. April 2010 (Xbox 360), 30. April (PC)
USK-Einstufung: ab 18 freigegeben
Splinter Cell: Conviction für Xbox 360 oder PC kaufen.
Tom Clancy’s Splinter Cell: Conviction macht vieles richtig und über die wenigen Mängel wie die teilweise frustrierend schweren Stellen kann man hinwegsehen, zumindest von meinem Standpunkt aus, nachdem man es endlich geschafft hat. Aus dem Schatten heraus Gegner mit Headshots erledigen, ihnen Kronleuchter auf den Kopf fallen zu lassen oder im Verhör den Kiefer zu brechen hat selten so viel Spaß gemacht, wie mit dem grau gewordenen, vor Sarkasmus strotzenden Sam Fisher.