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Review: Spider-Man – Edge of Time

Nach Watchmen und Christopher Nolans Batman sollte klar sein, dass Superhelden eine vernünftige Geschichte verdient haben! Bedenkt man, dass Arkham City dieser Tage einen fesselnden Plot von Paul Dini geschenkt bekommt, welcher unter anderem an der ersten Lost-Staffel mitgeschrieben hat, muss es einem fast leid tun, dass Spider-Man: Edge of Time trotz oder vielleicht gerade wegen seiner imposanten Geschichte eher an die durchwachsenen letzten Staffeln von JJ Abrams Insel-Drama erinnert. Reicht diese Kost wirklich aus, um im Goldfischbecken des Weihnachtsgeschäfts herauszustechen?

Wie könnte es anders sein: Spider-Man, in diesem Fall Miguel O’Hara aka. Spiderman 2099, hat ein Problemchen mit seinem bösen Gegenpart und natürlich steht im selben Atemzug direkt das komplette Schicksal von Raum und Zeit mit auf dem Spiel. Diese Aufgabe ist äußerst umfangreich und so ruft die Future-Spinne sein kontemporäres Vorbild, den Amazing Spiderman Peter Parker, zur Hilfe. Durch einen telepatischen Link sind die beiden im wahrsten Sinne des Wortes vernetzt und beschließen gemeinsam mehr oder weniger freiwillig den Zeit-Sauhaufen wieder aufzuräumen. Es gibt natürlich weitaus interessantere Prämissen für Videospiele, Edge of Time geht aber für seine überzeichnete Superhelden-Vorlage den richtigen Weg. Da die letzten Spider-Man-Versoftungen trotz der guten Vorlage nie wirklich mit ihrer Story glänzen konnten, sollte man sich über jeden Versuch erfreuen, und dieses Kapitel bringt schon einen gewissen Fahrtwind in die Marvel-Vorlage.

Anfangs wird man sacht durch ein spielbares Intro an die Ereignisse herangeführt und der erste Endgegner kommt in Form von Anti-Venom mit einem riesigen Knall. Egal in welchem der beiden Universen man sich bewegt, konstant fühlt man den Druck der beiden Welten wie ein Damokles-Schwert über dem Geschehen hängen. So weit ist das fein und es zieht einen in seinen Bann, wird aber rasch sehr unsinnig und immer ziemlich konfus. Obwohl sich die Spinnenmänner jede erdenkliche Mühe machen, den Spieler in ihrem cineastisch angehauchten Hochglanz-Netz zu fangen, kommt wirkliche Popcorn-Spannung nie auf.

Die digitale Klatsche kommt dann aber nicht in Form von ernüchternder Story, sondern monotonem, unkreativem Leveldesign, welches fast frech von Klonarmeen bewohnt wird. Diese haben natürlich nicht im Ansatz ein Alleinstellungsmerkmal gegenüber den Heerscharen von Cyber-Soldaten, die jeder Spieler schon etliche mal verprügelt hat. Dazu kommt der immer selbe Trott vom Drücken auf X und Y. Alle schlechten Dinge sind drei und so wird dem Spiel nicht dadurch geholfen, dass es ausschließlich in einem einzigen Gebäude, dem Alchimax-Tower, spielt, welcher nicht den Hauch eines Tapetenwechsel bietet.

So richtig traurig wird es, wenn man den Vergleich zu Spider-Man: Web of Shadows und Spider-Man: Dimensions zieht. Ersteres hatte eine riesige, frei beschwingbare Stadt zum Erkunden, das andere 12 individuelle Kapitel, in denen man je einen Spider-Man-Schurken aufs Korn nehmen durfte. Es wurde sich wirklich Zeit für jeden Charakter gelassen und dazu eine passende Welt gestrickt. Außer dem großartigen Anti-Venom wird mir keiner der Bösewichte aus Edge of Time in Erinnerung bleiben und solch ein Manko sollte als Armutszeugnis für jede Superhelden-Geschichte gelten. Merkwürdig, dass trotz der vorbildlichen Bearbeitung in Dimensions genau dieser Punkt verpatzt wurde. Team Beenox sollte beim nächsten Teil, welcher angeblich passend zum Kino-Reboot nächsten Sommer erscheinen wird, aufpassen. Es ist immer ein schlimmer Anblick, wenn eine Serie von Release zu Release an Qualität verliert.

Genau wie die vierte und fünfte Staffel von Lost, verliert sich Spider-Man: Edge of Time in einer wirren Zeitsprung-Story, die nie so richtig die Kurve bekommt. Spidey fehlt es nicht an Witz oder Spannung, sondern an den Möglichkeiten, beides zwischen immer gleichen Gegnern und Korridoren zu entfalten. Man kann sich nie sicher sein, ob man die ambitionierte Geschichte genießen soll oder einfach nur bedauern muss, dass immer die selben ausgelutschten Aufgaben an der Tagesordnung stehen. Der Alchemax-Turm wirkt trotz seiner zwei Zeitzonen wie ein Mikrokosmos im Vergleich zur Größe von Web of Shadows oder der Vielfalt von Dimensions. Es mangelt schlicht an Liebe zum Detail. Um aber Spider-Man: Edge of Time zu guter Letzt nicht nur gegen seinesgleichen zu stellen: Im Schatten des Dunklen Ritters verlieren Peter Parker und Miguel O’Hara erst recht ihren roten Faden.

Ich würde empfehlen, euch zu dieser Zeit des Jahres um andere Games zu kümmern und Spidey seine Chance an einem kalten Januar-Wochenende zu geben.

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