Zockwork Orange

Review: Little Big Planet 2

Zugegeben: Little Big Planet ist einer der Must-Have-PS3-Titel, die ich nie ernsthaft gespielt habe. Mit dem Spiel verbinde ich eine Menge Spaß, sobald man mit mindestens zwei Leuten vor der Glotze hängt, aber so als Jump-and-Puzzle (cooles Genre, ne? Selbst ausgedacht!) für mich allein hat es nie wirklich funktioniert. Vielleicht lag es daran, dass die Spielphysik mit dem verzögerten Gehüpfe und Gezerre zu wenig dem Mario-Standard entspricht. Außerdem kamen mir die Levels der Kampagne immer sehr zusammengewürfelt vor, ohne wirklichen roten Faden. Mit mehreren Leuten fühlte sich das so an, als würde man einfach eine beliebige Map auswählen – das kennt man ja. Aber alleine wirkte es komisch und nicht nach etwas, mit dem ich mich stundenlang befassen wollte.

Little Big Planet 2 macht in diesen Punkten eigentlich alles besser. Endlich wird eine richtige Handlung erzählt: Das fiese Monster Negativitron zerstört die gesamte Kreativität in der Sackboy-Welt und das muss verhindert werden. Mit diesem Kreativitätsding versucht Sony / Media Molecule natürlich die Stimmung in Richtung Leveleditor zu pushen, die eigentliche Geheimwaffe des Spiels (dazu gleich mehr). Aber wirklich kreativer als “Dicke, stachlige Schildkröte entführt Rosa-Tüll-Prinzessin” ist das hier auch nicht – aber hey, besser als nix! Eingebettet in diese Handlung ist das Tutorial des Spiels: Unser Sackboy (beziehungsweise ganz gender-mainstreamy jetzt Sackding genannt – ähhh… wow, viel besser!) muss erstmal beweisen, dass er der richtige für diesen alles entscheidenden Kampf ist und bekommt dabei alles nach und nach von Larry da Vinci erklärt, einem entfernten Verwandten der Person, die für Ezio Auditore das darstellt, was Q für James Bond ist oder Daniel Düsentrieb für Onkel Dagobert.


Auch wenn sich die nach wie vor leicht verzögerte Steuerung ganz klassisch an den Vorgänger anlehnt, habe ich dieses Mal das Gefühl, dass alles flutschiger von der Hand geht. Große Probleme hatte ich im ersten Teil damit, in die richtige Tiefe des Raumes zu springen (also die dritte Dimension quasi, wo man in den Fernseher “rein” springt), das geht mir jetzt völlig intuitiv von der Hand. Außerdem gibt es nette Neuerungen wie Hüpfbretter oder Enterhaken (im Bionic Commando– bzw. Metroid-Stil), wo eigentlich auch immer genau das passiert, was man sich so geplant und vermeintlich richtig gesteuert hat. Fair enough! Es sind allerdings noch ein paar Sachen dabei, die ich schon in Teil 1 komisch fand, wie diese Stempel, bei denen ich den vermutlich irgendwo versteckten Mehrwert absolut nicht schnalle.

Die Grafik ist natürlich genauso knuffig wie man sie aus dem ersten Teil gewohnt ist. Die ganze Umgebung sieht so zuckersüß und gleichzeitig so echt aus, als würde man auf LSD die Spielzeugkiste eines Kleinkinds durchwühlen und mit dem Inhalt die verrücktesten Dinge anstellen. Zusätzlich sehen die Partikel nochmal eine ganze Ecke feiner aus. Wenn ein Wort die Little Big Planet-Reihe beschreiben soll, dann ist es “charmant”. Das An- und Umkleiden des Sackdings geht natürlich nach wie vor, jetzt auch mit kompletten Kostümen, die man sich im Diablo-Stil zusammen sammeln kann.

Man kann natürlich keinen Text über Little Big Planet verfassen, ohne die großartigen Community-Features zu erwähnen. Die Kampagne ist im Prinzip nur ein Showcase für ein riesiges Game Construction Kit, das Little Big Planet 2 eigentlich ist. Ich habe den Editor selbst nicht getestet, aber ein Blick in den Online-Bereich zeigt schnell, was neben “einfach nur” neuen Level im typischen Little Big Planet-Stil noch möglich ist: Remakes von Pacman bis Plants vs Zombies, Twin-Stick-Shooter, Autorennen, sogar richtige Kurzfilme wie die Turmuhrszene aus Zurück in die Zukunft (in der ein Sackboy mit wirren grauen Haaren am Uhrzeiger hängt und sehr entsetzt schaut).

Ohne den Party Pooper geben zu wollen: die Möglichkeiten des Editors sind natürlich der schiere Wahnsinn, aber was man so hochbewertet online findet, scheint doch mehr einen Anspruch eines Proof-of-Concepts als tatsächlichen Mehrwert für den Spieler zu haben. Vieles ist in wenigen Minuten abgefrühstückt und wirkt halt ganz nett, aber mir tun dann die Leute leid, die hunderte von Stunden da rein investiert haben. Auch wenn ich es echt lieb von ihnen finde, was sie sich für eine Mühe geben. Aber letztendlich spielt man als reiner Consumer das Spiel natürlich wegen der exzellenten Level, die in der Kampagne mit an Bord sind. Denn wenn man Plants vs. Zombies spielen will, greift man ja doch lieber zum Original.

Fazit: Little Big Planet 2 ist also für drei Arten von Leuten geeignet. Erstens: Liebhaber von Teil 1 – die schlagen eh zu! Zweitens: Spieler wie ich, die an sich Teil 1 mochten, aber nie wirklich warm damit wurden, weil es vor allem im Singleplayer an manchen Ecken und Kanten hakte und nicht ganz zusammen passte. Diese werden von den Neuerungen begeistert sein: Teil 2 fühlt sich um einiges runder und passiger an als der Vorgänger und verdient auf jeden Fall nochmal eine Chance. Drittens: Bastler und VereinsCommunitymeier, die sich in wochenlanger Fuddelarbeit einen kompletten Civilization- oder Final Fantasy-Klon zusammen editieren. Macht mal, wir sind gespannt!

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