Zockwork Orange

Batman: Arkham City

Man büßt ja eine Menge Nerd-Credibility ein, wenn man zugibt, dass man mit diesen Comic-Superhelden eigentlich nicht viel anfangen kann. Fantastic Four, Green Lantern, X-Men, yadda yadda. Natürlich haben mich als Kind die martialischen Titelbilder gereizt, die im Zeitschriftenladen neben meiner Standardlektüre Lustiges Taschenbuch bzw. meiner sehr unpopulären Hipsterwahl Fix & Foxi lagen, aber ein schneller Blick in den Inhalt machte mir klar, dass ich stets mitten in einer langen Fortsetzungsgeschichte landete – das war blöd. Auch heute hätte ich keinen Bock, mich durch -zig Reboots und Paralleluniversen zu kämpfen. Ein Freund von mir erzählt manchmal Schwänke aus der Marvel-Welt. Dort durchzusteigen klingt eher nach absurdesten Bemühungen, disjunkte Plotholes zu einer Art konsistentem Kanon zu verkleben als nach fluffigem Lesespaß für Jung und Alt. Und da beschweren sich die Leute über LOST, da lachen ja die Hühner.

Zwei Superhero-Kollegen bildeten aber immer die Ausnahme: Batman und Spiderman, die ich lustigerweise nie mit Comics verband. Von Spiderman liefen auf Sky Europe Folgen einer ziemlich cheesigen TV-Serie in OV, ich verstand das Englisch nicht, aber die Krabbelszenen an den Häuserwänden haben mich komplett weggezonkt. Bei Batman (um mal langsam zum Thema zu kommen) war es die Mischung aus a) der TV-Wiederholung der kultigen 60er-Jahre-Serie, b) dem ersten Batman-Kinofilm von Tim Burton mit Jack Nicholson als Joker, sowie c) dem C64-Spiel Batman – The Movie von Ocean, was typischer Ocean-Lizenzschrott war, aber den durchgehend besten Chiptune-Soundtrack überhaupt hatte. Ja Hülsbeck, da guckste. Batman war also cool und ist es bis heute!

Die Regel, dass Lizenzversoftungen von Filmen, Comics und so weiter nichts taugen, gilt im allgemein bis heute. Von dem, was ich so hörte, scheinen aber die beiden Rocksteady-Spiele Batman: Arkham Asylum und der Nachfolger Arkham City die goldene Ausnahme von der Regel zu sein. Und da Batman ja in Ordnung geht, spielte ich beide direkt nacheinander durch – mit großer Begeisterung.

Machen wir uns nichts vor: Zu 90% stimmen die Teile quasi überein. Wir spielen eine leckere Suppe mit Brawler-Stealth-Adventure-Zutaten, die schön sauber ineinander greifen. Warum ist das möglich? Weil ich Batman bin. Man hat immer das Gefühl, seinen Gegnern hochgradig überlegen zu sein, und sei es nur deswegen, weil ich mich auch in höchster Not bei einer Schlägerei nach einer Rauchbombe gemütlich auf einen Vorsprung hochseilen kann, um dann nochmal die Situation ruhig zu überdenken und im Anschluss wieder lautlos anzugreifen.

Das ist einfach cool und letztlich auch nicht zu einfach: Bei bewaffneten Gegnern kann ich kaum Schüsse einstecken – was absolut fair ist, so unbesiegbar-offensiv arbeitet Batman ja auch nicht. Naja, fast: Bei Kloppereien dürfen sich die Combo-Experten auch gegen große Überzahlen austoben, aber auch mit simplem Buttonmashing kommt Klein-Fabian recht weit. Die Stimmung kommt also prima rüber, die Steuerung ist trotz mehrfacher Überladung der Buttons sehr smooth. Das ist mir vor allem bei den Stealthpassagen wichtig, nichts ist ätzender als diese Eigentlich wollte ich was ganz anderes machen und bin jetzt tot-Situationen, wie ich sie letztens bei Uncharted 3 beschrieben habe. Passt also!

Am besten wird es natürlich, wenn man seine Bat-Gadgets einsetzen darf. Das fängt an bei spielerisch eher einfach gehaltenen CSI-mäßigen Detektivaufgaben, die atmosphärisch aber massiv punkten. Batman hat für jeden Mist einen eigenen Scanner und zögert auch nicht, diesen einzusetzen, der olle Geek. Der Höhepunkt der Spielzeugschlacht ist aber ein Bosskampf, bei dem der Gegner nicht direkt angegriffen werden kann, sondern über hinterhältig platzierte Fallen ausmanövriert wird. Da jubelt Kevin allein zu Haus und Deus Ex: Human Revolution geht sich mal ganz schnell schämen.

Die recht offene Welt von Arkham City gab es bei Arkham Asylum noch nicht ganz so stark und ich bin unschlüssig, was mir besser gefällt. Die Irrenanstalt wirkte in sich tighter und mehr gestreamlined, die offene Stadt lässt dagegen mehr Atemfreiheit für die Sidequests, die man jetzt aber auch nicht überbewerten sollte. Sie sind zum einen nicht gerade in übermäßiger Zahl vorhanden und während die Detektivquests durch die erwähnten Gadgets großen Spaß machen, ist der große Raum für die randomisiert platzierten Such- und Sammel-Quests eher nervig.

Die in Arkham City erzählte Hauptstory rund um Professor Strange als bösem Strippenzieher in der Gefängnisstadt ist relativ dünn bis hanebüchen, inklusive einem ziemlich bananigen Twist am Ende, und Monstern, die zufällig im Keller angekettet gefunden wurden, surprise surprise. Arkham City war doch vor dem Umbau zum Gefängnis ein ganz normaler Stadtteil vom Gotham, fiel sowas denn niemandem auf? Schöner ist da natürlich, dass ein Haufen Supervillains von Pinguin bis Joker die neue autonome Umgebung für sich beanspruchen wollen, sich gegenseitig beharken und man jede Menge Überlegungen zwischen den Handlangern belauschen kann, welcher Fraktion man sich denn jetzt idealerweise anschließen sollte. Prima.

Der für Neukäufer beigelegte Catwoman-DLC ist storymäßig auch eher lieblos drangeklatscht, indem man mitten im Spiel immer mal wieder kurz die feline Meisterdiebin übernimmt, die aber eigentlich nur das Problem hat, ihre verloren gegangene Diebesbeute zurück zu erobern. Mit Batmans Sorgen hat sie überhaupt nichts am Hut – abgesehen davon, dass man gegen Ende per Funk mitbekommt, wie Batman gerade in höchster Lebensgefahr schwebt und man als Catwoman dagegen aber zunächst nichts machen kann. Ein recht geschickter erzählerischer Kniff, der aber leider ein Einzelfall bleibt. Ansonsten steuert sich Catwoman superlässig und noch eine Ecke flutschiger als Batman.

Ob der DLC einem Gebrauchtkäufer aber 10 EUR wert sein sollte, lass ich jetzt mal dahingestellt. Die Spielzeit mit Catwoman ist nicht sehr lang und da es das Hauptspiel (mit einmaligem DLC-Freischaltcode inbegriffen) auch mittlerweise schon für 25 EUR hierzulande im Angebot gab, ist der Preis wohl sowieso eher symbolisch zu sehen und als reine Abschreckung für die Gebrauchtkäufer gedacht. Die überlegen sich dann zweimal, warum sie mit Gebrauchtkauf + DLC unterm Strich mehr ausgeben sollte als bei einem Neukauf.

Fazit: Batman: Arkham City spielt sich toll und wer den Vorgänger noch nicht kennt, sollte beide Teile nacheinander spielen. Die Spiele leben auch sehr stark von dem Batman-Vibe und dieser Unbesiegbarkeit, die man dadurch ständig verspürt – das ist zum einen natürlich die richtig gewählte Lizensierung, andererseits bin ich jedoch nicht sicher, ob die Spiele auch so toll wären, wenn es nicht um Batman gehen würde. Wer mit dem dunklen Ritter und dem ganzen Universum also nichts anfangen kann, sollte erstmal reinschauen. Die Story kann man jedenfalls relativ vernachlässigen und ob man so plumpe, suggestive Verkaufsmethoden, wie sie beim Catwoman-DLC angewandt werden, unterstützen will, muss eh jeder für sich entscheiden.

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