Rom wurde nicht an einem Tag erbaut – und auch nicht von einem Assassin alleine in die Knie gezwungen. Mit ähnlichem Wortlaut beschreibt der Hüllentext Assassin’s Creed Brotherhood. Ezio, nach seinen Erlebnissen im zweiten Teil der Reihe erschöpft und erleichtert in Monterrigioni angekommen, glaubt, die wichtigen Kämpfe seines Lebens hinter sich gebracht zu haben. Doch die Borgia geben nicht so leicht auf und bringen die Schlacht bis zu ihm an seine Türschwelle. Das kann sich ein Meister-Assassine natürlich nicht einfach so gefallen lassen. Also schlägt Ezio mit gleichen Mitteln zurück und besucht wiederum Rom, um die Templer an ihrer Wurzel auszurotten.
Doch Rom ist groß und die Templer in der Überzahl. Zum Glück ist Ezio nicht alleine in seinem Kampf, ihm zur Seite stehen zwei alte Bekannte, nämlich La Volpe, der Anführer der Diebesgilde und Bestseller-Autor Niccolò Machiavelli. Unterstützung findet Signore Auditore da Firenze nicht nur in der Diebesgilde, auch die Mercenaries und die Kurtisanen unterstützen den Assassinen wo immer sie können. Später versorgt der Daniel Düsentrieb der Renaissance, Leonardo da Vinci, unseren italienischen Killer und Frauenhelden noch mit neuen Gadgets. So gerüstet kann eigentlich nichts mehr schief gehen, doch Ezio wird auch nicht jünger, auch wenn er sich das ungerne von anderen Leuten sagen lässt. Es wird langsam Zeit, sich um die nachfolgenden Generationen zu kümmern, schließlich gibt es zahllose Templer und nur eine Hand voll Assassinen. Kurzerhand rettet Ezio ein paar Bürger vor der Willkür der römischen Stadtwache und rekrutiert sie für seine Sache. Die bekommen auch direkt ein passendes Outfit, echte Assassinen werden sie aber erst nach vernünftigem Training. Dafür schickt Ezio seine Gefolgschaft auf Missionen in ganz Europa, bei Erfolg kommen die dann nach ein paar Minuten mit jeder Menge Erfahrung und Geld im Gepäck zurück.
Während seine Schützlinge unterwegs sind, streift Ezio ein bisschen durch Rom, befreit Gebiete durch das Zerstören von Borgia-Türmen, um daraufhin dort die Geschäfte zu renovieren und Wahrzeichen wie das Colosseum zu kaufen. Das bringt noch mehr Geld – mehr als Ezio tragen oder ausgeben kann und mehr, als in die Bank passt – und ansonsten leider nichts. Das Stadtbild verändert sich durch das Renovieren überhaupt nicht und das Aufkaufen der Triumphbögen und antiken Tempel erzeugt ebenfalls kein sichtbares Ergebnis.
Ezio hat seinen Spaziergang mittlerweile beendet und seine kleinen Killer sind wieder zurück und warten darauf, von ihm aufgelevelt und mit einer Zeremonie (jeder Assassin bekommt eine eigene) in den Rang des Assassinen gehoben zu werden. Spätestens ab da stellt sich Ezio so gut wie nichts mehr in den Weg, Horden von Gegnern fallen wie die Fliegen im “Arrow Storm” der versteckten Assassinen, die auf Pfiff – ähnlich wie Ezios Pferd – hinter der nächsten Ecke erscheinen oder aus einem Heuballen springen, um jeden abzumurksen, der sich ihnen in den Weg stellt. Das hört sich so an, als würde der BAM (Brotherhood Assistance Move) die Kämpfe viel zu leicht machen und das tut er in der Tat. Mich persönlich stört das nicht, ich fand die riesigen Kämpfe gegen 20 Gegner und mehr schon immer nervig und bin froh, wenn ich sie irgendwie umgehen kann. Besonders die gepanzerten Papstwachen sind normal fast unbezwingbar. Und da kommt einem so eine kleine Armee gerade recht.
Morden im Multiplayer
Ich war von Anfang an skeptisch, ob so ein Multiplayer funktionieren kann, bin allerdings auch überhaupt kein Multiplayer-Spieler. Auf der gamescom in einem Raum mit 20 anderen, die alle das Spiel zum ersten Mal spielen, hat der Brotherhood-Multiplayer dann überraschenderweise doch Spaß gemacht. In der Realität herrschen leider andere Verhältnisse. Da kommt man als Level 2-Noob in ein Game, die Uhr läuft, man sucht sich sein Ziel und *Bäm* ist man tot. “sUpAk1LlA93 (ja, die haben wirklich alle solche Namen) has spotted you using Templar Vision”. Was das genau heißt, wusste ich auch nicht sicher, aber anscheinend hatte der Typ, der auf mich angesetzt war, durch seinen enormen Levelvorsprung (er Level 30, ich Level 2) neue Fähigkeiten erlernt, die mir fehlten und von deren Existenz ich bis dato nicht mal wusste.
Tatsächlich bekommt man durch das Aufleveln neue Fähigkeiten, kann sich tarnen, schießen, Rauchbomben werfen oder schneller rennen. Unfair wird es, da Spieler willkürlich zusammen geworfen werden, ohne auch nur annähernd auf die Erfahrung zu achten. Wenn man nicht von Anfang an dabei war oder zufällig andere Spieler trifft, bleibt einem nur das Spiel mit seinen Freunden. Dazu muss man aber erst genug zusammen bekommen, denn zu zweit wäre das ja ein bisschen langweilig und geht vermutlich auch gar nicht. Insgesamt bietet der Multiplayer wenig Abwechslung und kaum verschiedene Modi, außer “Jeder tötet jeden” und “Erst tötet Gruppe A Gruppe B und dann vice versa”, dafür macht sich aber umso schneller Frust und Langeweile breit. Erst recht, wenn zwischen den Matches immer eine halbe Ewigkeit gewartet werden muss, bis genügend Teilnehmer gefunden wurden. Nette Idee im Ansatz, kann im nächsten Assassin’s Creed aber auch gerne wieder weggelassen werden, sofern der Multiplayer nicht massiv verbessert und ausgebaut wird.
Das ist aber nicht der einzige Grund, warum Brotherhood als alleinstehendes Spiel überhaupt nicht geeignet ist. Es fehlt auch ein vernünftiges Tutorial, wodurch neue Spieler ziemlich überfordert wären. Nicht nur deshalb ist es ratsam, die beiden anderen Teile gespielt zu haben. Im Intro wird auch die komplette frühere Story gespoilert, Neueinsteiger sollten die drei Games in der richtigen Reihenfolge spielen. Nennenswerte Neuerungen gibt es ansonsten neben der Rekrutierungsmöglichkeit kaum. Hier hatte Assassin’s Creed II den Vorteil, einen Vorgänger mit vielen Mängeln gehabt zu haben, Brotherhood konnte aktuell einfach nicht mehr viel verbessern.
Die Armbrust – die angeblich auf vielfachen Wunsch der Fans hinzugefügt wurde – wird schnell zu Ezios Lieblingswaffe im Kampf gegen die Borgia. Im Nahkampf ist Ezio nun viel offensiver geworden und kann im Killstreak mehrere Gegner am Stück erledigen. Dass man jetzt in der Stadt reiten kann ist eigentlich uninteressant und auch Leonardos Fallschirm braucht Ezio eigentlich nicht. Zumal der auch oft ohne Grund aus dem Inventar verschwindet. Man kauft 15 Stück, benutzt einen und beim nächsten Mal, wenn Ezio vom Dach springt, sind sie plötzlich alle weg. Selbst wenn das bald mit einem Patch behoben werden sollte, braucht man den Fallschirm eigentlich nicht. Der Lift, mit dem sich Ezio auf Häuserdächer katapultieren kann, ist zusammen mit der Armbrust das einzige, was sofort in Fleisch und Blut übergeht und sich perfekt ins Gameplay einfügt. Eine weitere tolle Neuerung sind die
Eine kleine Neuerung, die vielen vermutlich gar nicht auffällt, sind die vielen Details, die es vorher nicht gab. Die Krähen bei den Borgia-Türmen, die Blätter im Wind und die mit gruseligem Flüstern hinterlegte Musik in den eh schon furchterregenden Katakomben.
Assassin’s Creed-Fans werden von Assassin’s Creed Brotherhood nicht enttäuscht sein und ich als großer Rom-Fan bin auch endlich auf meine Kosten gekommen, auch wenn es eher den Anschein hatte, als seien bekannte Objekte in eine willkürlich generierte Landschaft gesetzt worden. Letztendlich handelt es sich bei Assassin’s Creed Brotherhood um eine reine Erweiterung des zweiten Teils, was allen Ezio-Fans natürlich gerade recht kommt. Der dritte Teil ist für 2011 angekündigt und Ubisoft will das Franchise mindestens 10 Jahre lang fortführen, Desmonds Story wird also vermutlich auch im nächsten Teil noch kein Ende finden. Das Multiplayer-Experiment ist meiner Meinung nach misslungen, allerdings ist der Modus so nebensächlich, dass man ihn getrost ignorieren kann, ohne irgendetwas zu verpassen. Die Integration zwischen dem Facebook-Game Project Legacy und Brotherhood ist ein nettes Feature, das aber sicherlich auch kaum jemand ernsthaft genutzt haben wird. Bleibt zu hoffen, dass für den offiziellen dritten Teil auch wieder auf die Fans gehört wird und wir dann ein perfektes neues Assassin’s Creed mit einem hoffentlich ebenso coolen Setting sehen werden. Ich werde Ezio, seinen Dialekt und seinen Charme und das Italien der Renaissance ein bisschen vermissen.
Assassin’s Creed Brotherhood (Xbox 360, PS3, PC)
Entwickler: Ubisoft Montreal, Ubisoft Annecy (Multiplayer)
Publisher: Ubisoft
Erscheinungsdatum: bereits erschienen (PC-Version erscheint am 31. März 2011)
USK-Einstufung: ab 16 freigegeben
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