Zockwork Orange

Rage against the Steam Machine

Die bessere Grafik, unverschämt günstige Steam-Deals, spätestens mit dem Indie-Hype die Rückkehr eines absurd vielfältigen Spieleaufgebots und Fallout 3 auf Wunsch nicht mit einem matschbraunen, sondern einem strahlend blauen Himmel, wie ihn nur ein Mod zaubert: Machen wir (Konsolenspieler) uns nichts vor – wir schauen schon ab und zu neidisch auf die PCs der MS-DOS-Herrrenrrrrrasse rüber. Viele der alten Gegen-Argumente a la “Man will ja nicht am Schreibtisch zocken, sondern gemütlich auf der Couch mit dem Controller in der Hand lümmeln” sind dank Wohnzimmer-PCs und Big Picture Mode ebenso passé. Fabian, warum hast du eigentlich immer noch eine Konsole – nur für die paar Exklusivtitel? Es ist ja nicht so, dass es sonst nichts zu spielen gäbe?

Ja, du imaginärer wie scharfsinniger Fragesteller, du hast vollkommen recht. Ich habe viele viele Jahre nur am PC gespielt und irgendwie hängt mein Herz auch noch an der ganzen Spielekultur dort. Aber weißt du, was ich überhaupt nicht leiden kann? Das Lesen von “Systemvoraussetzungen”. Dieses Wort allein! Und dann “minimal”, “empfohlen” und “optimal” – was macht denn nun Spaß davon? Nvidia-ATI-GTX-Core-i7-Benchmarkpppfffrrrrrrr… Nein. Ich will mir darüber keinen Kopf machen. Ich will mein Spiel einlegen und losspielen. Und ja, liebe Unken, auch mit der Konsolen-Next-Current-Gen wird das Spiel erstmal ein paar Minuten installieren müssen, aber “Systemvoraussetzungen” werdet ihr trotzdem auf keiner Hülle und keiner Downloadbeschreibung finden. Zum Glück!

Aber Fabian! Hast du noch nie von den Steam Machines gehört? Die kommen doch bald und werden die Lücke zwischen PC und Konsole schließen! Das ist doch genau das richtige für dich!

Du hast wieder vollkommen recht. Beziehungsweise hättest du recht, wenn die Steam Machines diesen Gedanken mit dem Lücke schließen konsequent verfolgt hätten. Aber leider gilt mal wieder: PC fags gonna PC fag – schau dir mal diese Scheiße hier an:

Das ist ein Auszug(!), wie Valve die Steam Machines aktuell auf der CES 2014 präsentiert hat (hier ist das Original-PDF). Und ich finde es ja gar nicht schlimm – nein, ich begrüße es sogar, dass es einen Haufen Hersteller gibt. Die Idee bei Steam Machines war ja, dass jeder sich so ein Ding zusammen bauen und für beliebiges Geld verkaufen kann (wie jeden anderen Fertig-PC auch), aber sich eben so einen Steam Machine-Zertifikatsstempel holen kann. Ist ja fair. Aber jetzt lies den Text mal genauer: “CPU customizable”, “AMD / Nvidia”… orrrrr, sie raffen es einfach nicht. Sie. Raffen. Es. Einfach. Nicht. Ich will mir über so einen Kleinkack keine Gedanken machen müssen. Ich will nicht selbst in Erfahrung bringen, ob jetzt Nvidia oder ATI besser ist und dafür 1000 Benchmarks studieren. Ich hätte erwartet, dass mir das abgenommen wird. Und zwar habe ich mir das in meiner grenzenlosen Naivität so vorgestellt:

Außerirdischenware™ baut einen Wohnzimmer-PC zusammen und geht damit zu Valve für den Steam Machine-Stempel. Der dicke Gabe schließt das Ding höchstpersönlich an (außer er hat Urlaub oder ist krank, dann macht es der zweitdickste Gabe) und lässt das Teil gegen diverse Benchmarks laufen, also das, was die PC Games sonst immer den ganzen Tag macht. Über die resultierende Balkengrafik wird eine Folie mit drei Abschnitten gelegt: “Steam Machine 2014 – Basic, Advanced, Hyperhyper”. Und je nachdem wie die Kiste performt hat, gibt es eines dieser drei Gütesiegel. Fertig. Preis, weitere Ausstattung, whatever, bleibt alles Außerirdischenware™ überlassen. Freie Marktwirtschaft und so. Für mich als Kunde aber der Gag: Ich gehe dann in den Elektromarkt und kaufe mir eben eine fucking Steam Machine 2014 – Hyperhyper.

httpv://www.youtube.com/watch?v=RHVSshgPlQs

Und wenn ich ein Spiel kaufe und da steht dann drauf “Bringt Bock ab Steam Machine 2014 – Advanced”, dann schnall ich das direkt, dann sind das Systemanforderungen, die ich einordnen kann. Das wäre ein fairer Mittelweg. Lücke schließen und so, siehe oben. Und wenn dann 3 Jahre später Valve die nächste Schablone druckt, dann muss die so skalieren, dass eine “Steam Machine 2017 – Basic” bedeutend schneller als oder meinetwegen gleichauf mit dem letzten Hyperhyper-Modell ist.

Da hätte Valve den Daumen drauf haben müssen. Da hätten sie für sorgen können, dass Steam plötzlich für ein Qualitätsversprechen steht. Das wäre ihre Chance gewesen. Was passiert, da sie das versäumt haben, sieht man ja jetzt: der übliche Wildwuchs. Denn PC-Herstellern brauchst du mit so grobgranularen Systemanforderungsbeschreibungen (hooray for deutsh!) nicht zu kommen. Die verkaufen ihre Ware nämlich an liebsten im halbjährlichen Turnus an irgendwelche Enthusiasten, die das letzte Milliframe pro Sekunde raustakten. Nicht auszudenken, wenn plötzlich offiziell wird, dass der 4 Jahre alte PC auch noch völlig hinreicht. Und auch nur mit diesem Höher-Schneller-Weiter-Besser-als-Dein-Kumpel-Mindset lässt sich erklären, warum ein Hersteller wirklich glaubt, mit einem 6000 Dollar-Gerät am Markt erfolgreich zu sein. Die Erklärung, dass man ja nicht mit Xbox One und PS4 konkurrieren wolle, zeigt, dass von dem eigentlich angedachten Konzept der Steam Machine überhaupt nichts verstanden wurde.

Denn wenn man sich als PC-Spieler in spe dann also eh mit GTX 780 vs. Radeon R9 290X (ohne Scheiß, so heißen Dinge, die sich Menschen in ihre PCs bauen, ich hab das gerade original gegoogelt) auseinander setzen darf, dann kann man sich sein Teil auch für den halben Preis selbst zusammenbauen. Beziehungsweise wenn ich schon 6000 Dollar in die Hand nehme, dann ja wohl auch für handverlesene Einzelteile aus glücklichen Freiland-Sweatshops. Ich hab ja nicht viel Ahnung, aber ein Core i3-PC für 1100 Dollar kann nicht gesund sein. Beziehungsweise kann man dann sogar noch sicherstellen, dass man seine Kiste dann später auch aufrüsten kann. Ob das bei diesen vollgestopften Mini-Kisten so vorgesehen ist, ist ja auch nicht unbedingt gesagt. Im Zweifelsfall machen die einen auf Apple und verkaufen dir lieber ein komplett neues Dings.

Fazit: Steam Machine – ich fand die Idee charmant, aber die scheiß Neckbeards mit Lötzinn in den Spitzen haben es mal wieder verkackt. Schade Schokolade, ich schaue dann mal weiterhin, was die PS4 dieses Jahr so bringt. Mussjawohlne?

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