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Playstation VR: Diese Spiele müsst ihr ausprobieren


Inhalt

Einleitung: Was man über VR wissen muss
Astro Bot Rescue Mission
Déraciné
The Persistence
Until Dawn: Rush of Blood
Doom VFR


Einleitung: Was man über VR wissen muss

In dieser Artikelserie werden unregelmäßig und in loser Reihenfolge die besten, ungewöhnlichsten und interessantesten Spiele für die Playstation VR vorgestellt.

Eine Vorstellung der virtuellen Realität haben wohl alle Videospieler: VR vermittelt einem das Gefühl, sich in der Spielwelt zu befinden. Man glaubt, die Gegenstände und Charaktere berühren zu können. Die Spiele faszinieren durch realistische Größenverhältnisse, durch Perspektiven, die man aus dem realen Leben kennt, die jedoch in Videospielen bislang gänzlich unbekannt sind. Doch das ist nur die Theorie: Tatsächlich nachzuvollziehen, wie VR sich anfühlt, kann man erst, wenn man es selbst erlebt hat.

Das macht es schwierig, VR zu verkaufen, denn man muss es kennen, um es haben zu wollen. Daher muss man sich auch beim Betrachten aller hier gezeigten Bilder und Videos immer vor Augen halten: Was man hier sieht, wirkt wie herkömmliche Screenshots, weil sich VR nicht auf einem herkömmlichen Monitor wiedergeben lässt – was man unter der Brille erlebt, unterscheidet sich deutlich von den Eindrücken, die zweidimensionale Abbildungen vermitteln.

Zusätzlich muss man sich beim Anschauen von Trailern und Bildern klar machen, dass (gutes!) VR immer Grafikqualität schlägt. Aus technischen Gründen (Die Spiele müssen für jedes Auge einzeln mit sehr hohen FPS berechnet werden) ist Grafik in VR detail- und effektärmer, als man es aus herkömmlichen Spielen gewohnt ist. Doch der Zugewinn, den ein Spiel durch die virtuelle Realität erhält, gleicht das mehr als aus: Unter der Brille hat man schnell vergessen, dass die Optik technisch rückständig wirkt, denn die Immersionswirkung ist deutlich beeindruckender als jeder Grafikeffekt.

Für VR benötigt man zwingend Brille und Kamera. Die Move Controller sind zwar optional, werden von einigen Spielen aber zwingend vorausgesetzt.

Den günstigsten Einstieg in diese Wunderwelt bietet momentan die Playstation VR: Während die Konkurrenten von Oculus und HTC nicht nur einen extrem teuren Gaming-PC voraussetzen, sind auch die Brillen deutlich kostspieliger als Sonys Headset. Dafür muss man bei Sony einige technische Einschränkungen hinnehmen, etwa bei der Auflösung. Dennoch handelt es sich bei der Playstation VR um einen vollwertigen Zugang zur virtuellen Realität, mit Spielerfahrungen, die man auf einem flachen Bildschirm nicht erleben kann.

Neben den erwähnten technischen und optischen Abstrichen besteht momentan noch das klassische Henne-Ei-Problem: Während die Softwareentwickler darauf warten, dass sich viele potentielle Kunden die Hardware zulegen, warten viele Kunden umgekehrt darauf, dass die Softwareentwickler spannende Spiele veröffentlichen. Gleichzeitig zieht so eine Marktsituation naturgemäß eher günstigere Produktionen an, was fatal sein kann bei einer Technologie, bei der Spielern bei mangelnder Qualität im schlimmsten Falle speiübel wird. Das ist schade, denn gleichzeitig ist VR das Spannendste, was den Videospielen seit der 3D-Grafik passiert ist. Hat man mal ein gutes VR-Spiel in den Händen, kommt einem der Fernseher plötzlich klein und unzureichend vor und will man kaum noch etwas anderes spielen. Daher trennen wir nun die Spreu vom Weizen: Los geht’s mit den besten Spiele für die PSVR!


Astro Bot Rescue Mission

Ich kann mich nicht erinnern, wann ich zuletzt bei einem Videospiel eine so aufrichtige und kindliche Begeisterung empfunden habe, wie bei »Astro Bot Rescue Mission«. Dabei war ich zunächst skeptisch: VR in der Third-Person-Perspektive klang für mich bislang merkwürdig und unintuitiv. Doch dem Spiel gelingt es, mit einigen sehr cleveren Tricks, nicht nur den Spieler zu involvieren, sondern auch mehr zu sein, als nur ein herkömmliches Jump’n’Run in VR.

In »Astro Bot Rescue Mission« muss man sich als namensgebender Roboter Astro auf die Suche nach seinen verlorenen Roboterfreunden machen, die in 26 Leveln und ebensovielen Bonusleveln versteckt sind. Doch auch der Spieler selbst befindet sich gegenständlich im Spiel: Repräsentiert durch einen zweiten Roboter, durch dessen Augen man schaut, begleitet man Astro auf seiner Suche. Hin und wieder erhält man einen Blick auf diesen Avatar, etwa, wenn ein Bildschirm in der Spielwelt ein Livebild aus einer anderen Perspektive überträgt. Funktionell übernimmt man vor allem die Aufgabe der Kamera, die sich parallel zu Astro auf einem vorgegebenen Pfad bewegt, während der kleine Roboter durch den eigentlichen Level springt und rennt.

Dennoch ist man nicht nur passive Kamera. Genial ist, wie »Astro Bot Rescue Mission« die virtuelle Realität ins Spieldesign einbindet, denn will man alle verlorenen Roboter finden, muss man lernen, umzudenken: Man starrt nicht nur von hinten auf seinen Charakter, sondern ist aktiv an der Suche beteiligt. Man dreht sich auf der Couch um, guckt über oder unter einem, oder hält durch Fenster in der Spielwelt Ausschau nach weiteren Gefährten. Hier liegt auch eine der generellen Stärken von VR: Es ist bereits eine Freude, sich lediglich durch die virtuellen Welten zu bewegen und staunend die Umgebung zu bewundern. Einfach nur dort zu sein, als Teil dieser Spielwelt, ist bereits großartig. Zugute kommen dem Spiel dabei auch die kreativen Level, die vollgestopft sind mit humorvollen Details.

Astro Bot Rescue Mission ist fröhlich und humorvoll, doch trotz abstrakter Grafik und Third-Person-Perspektive funktioniert das Spiel in VR wunderbar. Der Controller ist absichtlich mitten im Bild platziert, im normalen Spiel stört er nicht und wird sogar transparent, wenn er wichtige Dinge verdeckt. Zudem täuschen die Distanzen im Screenshot: In dieser Szene stand Astro fast direkt vor meiner Nase, während der Roboter im Hintergrund riesenhaft aufgetürmt ist.

Doch das ist nicht alles: Zentrales Verbindungsstück zwischen Realität und Spielwelt (und damit Spieler und Avatar) ist der Dualshock 4 Controller, der als virtuelles Gegenstück im Spiel abgebildet ist. Der virtuelle Controller wirkt wunderbar echt, macht jede Bewegung und Drehung mit, auch die Analogsticks sind passend animiert. Allein das Gerät in der Hand zu halten und zu beobachten, wie jede Handbewegung verzögerungsfrei ins Spiel übertragen wird, ist erstaunlich. Im Spiel selbst dient der Controller als Werkzeug, zum Beispiel kann man ihn in manchen Leveln in einen Seilwerfer verwandeln. Auf den in Haken verankerten Seilen kann Astro balancieren, oder man reißt mittels einer Ruckbewegung am Controller mit einem gespannten Seil Wände ein.

Auch an vielen anderen Stellen wird der Spieler miteinbezogen: So existiert etwa ein Level, in dem immer wieder hohe Wellen einen zurollen – und sobald man mit dem Kopf unter Wasser taucht, werden sämtliche Geräusche und sogar der Soundtrack gedämpft. Ein Gegnertyp beschießt einen mit Fußbällen, die man mit dem Kopf so lang zurück spielen muss, bis der Gegner das Tempo nicht mehr halten kann. Andere Gegner bespucken den Spieler mit Schleim, der die Sicht versperrt, wenn man den Geschossen nicht ausweicht. Ebenfalls lustig: Kollidiert man unter Wasser mit Astro, so klebt dieser für eine Weile vor der Kamera, bevor er langsam abrutscht.

Weiteres Highlight des Spiels ist die Vielfalt der Kameraperspektiven, die sich dadurch ergeben, dass der Pfad der Kamera im Level stehts vorgegeben ist (und man selbst z.B. auch über Abgründen oder Lavaseen schwebt), während die eigentliche Levelarchitektur davon unabhängig besteht. In einem Level etwa klettert Astro wie im Märchen von Hans und der Bohnenranke eine große Pflanze hinauf, während die Position des Spielers auf halber Höhe der Pflanze festgelegt ist: Astro ist mal links, mal rechts, mal über oder unter einem, mal läuft er einem riesig groß direkt an der Nase vorbei und winkt einem dabei zu, mal ist er irgendwo in der Tiefe des Raumes.

An all diesen Dingen merkt man, dass man sich bei Sony wirklich Gedanken gemacht hat, wie man die Technologie sinnvoll für das Genre nutzen kann. Der Spieler ist nicht nur Beobachter, sondern aktiver Teil der Spielwelt. Man wird mit eingebunden, beteiligt sich an der Suche und wird damit zum Teil des Rettungsmission. Damit zeigt »Astro Bot Rescue Mission« auch, dass VR selbst mit einer abstrakten Comicwelt wie funktioniert, sogar in der Third-Person-Perspektive. Das klappt auch deshalb so gut, da sich das Spiel der besonderen Möglichkeiten des Mediums bewusst ist und sie nutzt, um den Spieler ständig mit unerwarteten Dingen zu überraschen. »Astro Bot Rescue Mission« ist nicht weniger als das Super Mario 64 für die Playstation VR: Ein farbenfroher und humorvoller Systemseller, der die neuesten Möglichkeiten für Videospiele demonstriert wie derzeit kaum ein zweites Spiel – mein persönliches Highlight des Jahres 2018.

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Déraciné

»Déraciné« ist eine dieser ungewöhnlichen Spielerfahrungen, für die VR mittlerweile bekannt ist. Im Kern handelt es sich um eine Mixture aus Walking Sim, Wimmelbildspiel und sehr rudimentärem Point’n’Click-Adventure, in dem man als gestaltloses Wesen in einem Waisenheim das Schicksal der dort lebenden Kinder versehentlich verändert.

Man verbringt mehrere Spieltage in dem großen Herrenhaus, sammelt Gegenstände und interagiert mit den in der Zeit “festgefrorenen” Bewohnern, etwa, in denen man ihnen Gegenstände aus den Taschen nimmt oder Dinge in der Welt manipuliert. Ein Hauptaspekt des Spiels besteht daraus, Erinnerungsfetzen der Bewohner abzuhören um mehr über ihren Charakter, ihre Wünsche und Motivation zu erfahren. Gleich zu Beginn etwa muss man als Testaufgabe bittere Kräuter suchen und die Suppe damit würzen. Dies dient als Beweis, dass man tatsächlich existiert, denn die Kinder können das körperlose Geisterwesen nicht direkt wahrnehmen.

Ungewöhnlich: »Déraciné« verzichtet vollständig auf das Laufen. Will man einen Flur hinab gehen, so teleportiert man sich in mehreren Einzelschritten von einem (markierten) Hotspot zum nächsten den Gang hinunter. Das Netz der so anwählbaren Positionen ist zwar sehr engmaschig, so lassen sich auch Flächen wie der Garten ausführlich erforschen, aber natürlich entspricht das in keinster Weise dem “natürlichen” Erkunden einer dreidimensionalen Umgebung. Vorteil ist allerdings, dass durch die Teleportation das Problem der Motion Sickness vollständig umgangen wird und sich »Déraciné« deshalb auch für Einsteiger eignet.

Waisenkind Yulia hat den Geist beschworen – das wird ihr noch leid tun. Die Hände werden im Spiel mit den Motion Controllern gesteuert. Während die Grafik im Screenshot etwas trist aussieht, gewinnt sie durch die Plastizität unter der VR Brille enorm an Details: Das Waisenheim wirkt wie ein authentisches altes Herrenhaus, vollgestellt mit Gegenständen, Bildern und dicken Staubschichten auf allen Oberflächen, die man sich auch aus der Nähe ansehen kann.

Während Kulissen, Kostüme und der Soundtrack mit der für Hidetaka Miyazaki typischen Melancholie die Atmosphäre eines viktorianischen Herrenhauses einfangen, ist es gerade die Statik des Spiels, die einen mit tiefer, innere Ruhe im Gebäude gefangen hält. Bald komme ich mir tatsächlich vor wie der körperlose Geist, der, zeitlos und unbeobachtet von der Welt, durch die Flure und Zimmer des Hauses spukt, der alle Geheimnisse der Bewohner kennt und doch nie am Leben teilnimmt.

Und selbstverständlich ist nicht alles im Haus so, wie es scheint: Schnell passieren die ersten Unglücke, werden Geheimnisse der Vergangenheit zutage gefördert und die wahre Natur der Einrichtung angedeutet. Dabei stützt sich »Déraciné« auf die fragmentarische Erzählweise, für die From Software mittlerweile berühmt ist. Atmosphäre und Motive des Spiels wirken dabei wie eine Makroaufnahme der Welt von Bloodborne: Während man im Action-Rollenspiel durch die kopfsteingepflasterten Gassen von Yharnam hetzt, hat man bei »Déraciné« den Eindruck, sich in einem Haus zu befinden, das irgendwo am Rand der Stadt steht. Neben der Kulissen sind es auch die zahlreichen Anspielungen auf Bloodbornes Mythologie, die der Atmosphäre einen entscheidenden Drall in diese Richtung gibt. Für Fans von From Software, Hidetaka Miyazaki und Bloodborne ist »Déraciné« daher besonders unterhaltsam.

Man muss wissen, worauf man sich einlässt: »Déraciné« ist ein außerordentlich statisches Erlebnis, mit nur wenig echtem Gameplay oder Interaktion. Der Großteil des Spiels dreht sich ums Zuhören, Finden von Gegenständen und Lösen einiger sehr leichter Rätsel. Als Demo, um Freunden erstmalig an VR heranzuführen, ist »Déraciné« daher deutlich weniger beeindruckend als etwa Until Dawn: Rush of Blood oder Astro Bot Rescue Mission. Dennoch ist es eine ungewöhnlichen Erfahrung für Fans der Geschichten von From Softwares, die erst durch die Abgeschiedenheit des Spielers von der wirklichen Welt unter der VR-Brille so vereinnahmend werden kann. »Déraciné« ist nie wirklich ein tolles Spiel – aber eine sehr interessantes Erlebnis für eine spezielle Zielgruppe.

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The Persistence

In »The Persistence« trifft System Shock auf Roguelite. Man befindet sich an Bord eines havarierten Raumschiffes und muss vier zufallsgenerierte Schiffsdecks überleben. Nach dem Tod beginnt man von vorne, verliert sämtliche bis dahin gesammelte Ausrüstung und die Level werden neu generiert. Freigeschaltete Teleporter auf die hinteren Decks, Waffen- und Anzugsupgrades, sowie gesammelte Ressourcen bleiben hingegen erhalten, so dass man trotz ständigen Scheiterns einen Fortschritt erzielt.

Wie man die einzelnen Decks überlebt, hängt sowohl von einem selbst, als auch von der gefundenen Ausrüstung ab. Schleichen und das heimliche Ausschalten von Gegnern ist immer eine Option, man hat aber auch die Möglichkeit, mit gezogenen Waffen wie in einem Egoshooter umher zu rennen, oder aber eine Vielzahl von Gadgets wie Unsichtbarkeit oder Zeitverlangsamerung einzusetzen – je nachdem, was für Ausrüstung man im jeweiligen Versuch erhält.

Erstmal durch das Fenster spähen, was auf der anderen Seite wartet. Aufgepasst: Links im Bild ist noch ein zweiter Gegner – den bemerkt man allerdings nur, wenn sich mit dem Kopf ein wenig zum Fenster vorbeugt. (The Persistence)

Viel seiner Faszination nimmt »The Persistence« natürlich aus der Tatsache, dass es in VR spielt: Dank 3D-Sound kann man Gegner über ihr Grunzen orten und bevor man einen neuen Raum betritt, späht man durch Bullaugen in den Türen (Durch Fenster zu schauen und zu beobachten, wie sich mit der Kopfbewegung die Perspektive auf den nächsten Raum ändert, ist in VR eine überraschend spannende Angelegenheit). Gleichzeitig lebt man ständig mit der Angst im Nacken, im dunklen Korridor einen Gegner übersehen zu haben.

Aber das Spiel profitiert auch von der grundlegenden Stärken von VR: In Lebensgröße im Spiel zu sein ist immer beeindruckend. Man huscht durch klaustrophobische Gänge, die Stahltüren des Schiffs wirken schwer und wuchtig, über einem entdeckt man abgehängte metallene Gangways, auf denen Gegner patrouillieren und gewaltige Räume sind nur schwach erleuchtet vom Licht der Computermonitore. Oft schaut man von oben oder der Seite auf ein Roguelite, in »The Persistence« ist man mitten drin.

Allerdings genügt dieses Mittendrin den Entwicklern als Motivation, denn viel mehr macht »The Persistence« nicht aus seinem Medium: Es ist die saubere Adaption eines bekannten Spielprinzips nach VR, dass viel seiner Zugkraft daraus zieht, Teil des Horrors zu sein. Durch die Gänge des Schiffs zu schleichen ist spannend und erfordert Aufmerksamkeit und Konzentration. Es ist allerdings kein Showcase, was mit der neuen Technik alles möglich ist: Abgesehen vom VR-Element spielt sich »The Persistence« recht konventionell, zumal das Spiel auch eher Indie- als AAA-Charme besitzt. Das ist immer noch beeindruckend, aber eher was für Fans von Genre und Setting, als für jedermann.

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Until Dawn: Rush of Blood

Eins zu Eins Abbildungen bekannter Spielprinzipien funktionieren in der virtuellen Realität häufig schlechter, als man zunächst vermutet – dafür können Spiele, die auf dem Papier (und auf dem Fernsehbildschirm) banal erscheinen, in VR dennoch spektakuläre Erfahrungen bieten. Ein schönes Beispiel dafür ist der Railshooter »Until Dawn: Rush of Blood«, in dem man als Passagier einer Geisterbahn mit den Playstation Move Controllern auf Horrorclowns und ähnliche Gestalten ballert.

»Until Dawn: Rush of Blood« kennt Stärken und Limitierungen der Technologie genau: Alles im Spiel ist darauf ausgerichtet, Körpergefühl der echten und virtuelle Realität zu verschmelzen. Das beginnt bei der Sitzhaltung auf der Couch, die auch der Sitzhaltung in der (virtuellen) Geisterbahn entspricht und endet beim Zielen mit den Motion Controllern, die im Spiel durch Schusswaffen ersetzt sind und parallel zu den eigenen Händen jede Bewegung und Drehung ausführen. Dadurch ist es nicht nur Perspektive und Blickrichtung, die in die Spielwelt übertragen werden, sondern der gesamte Körper: Ich sitze selbst im Wagen, schaue mich um und zielt mit meinen eigenen Händen und Armen.

Nicht zu unterschätzen ist ebenfalls die Wucht, die glaubwürdige Größenverhältnisse auf den Spieler auslösen. Was sich auf einem Bildschirm niemals abbilden ließe, funktioniert in der virtuellen Realität ohne Probleme: Die Kirmesbuden links und rechts, die Geisterhäuser, die Schienen oder der Wagen in dem man sitzt, besitzen exakt die Größe, die man auch im echten Leben erwartet.

Dieser Screenshot kann die beeindruckenden Dimensionen der Geisterbahn in Until Dawn: Rush of Blood nicht annähernd wiedergeben. Hat man die Brille auf, spürt man sogar das Auf und Ab der Schienen.

Durch die Übertragung des Körpergefühls und die authentischen Größenverhältnissen ergeben sich spannende Situationen, die man so in keinem flachen Videospiel erlebt: Wenn die Geisterbahn in die Tiefe rast, möchte ich schwören, ich würde tatsächlich, vorne herüber kippen – obwohl ich weiß, dass ich auf der Couch sitze. In einem späteren Level geschieht mir zum ersten Mal in VR etwas wirklich Unheimliches: In einer Szene krabbeln, unaufhaltsam, hunderte kleine Spinnen auf meinen Wagen. Zunächst schaffe ich noch, sie abzuwehren, aber es sind zu viele. Plötzlich steht eine dieser Spinnen direkt vor mir und klettert an mir hoch, dann zwei, dann drei – und für einen Augenblick, vielleicht nur den Bruchteil einer Sekunde, habe ich vergessen, dass das hier nicht die Realität ist.

Zudem ist »Until Dawn: Rush of Blood« ein gutes VR-Einsteigerspiel, da das Spielprinzip den Gleichgewichtssinn geschickt überlistet: Anders als zum Beispiel Egoshooter, in denen die eigene Körperhaltung erheblich von der Simulation abweicht, inszeniert »Until Dawn: Rush of Blood« mit dem Sitzen in einem Fahrzeug eine kohärente und aus dem Alltag bekannte Situation. Dadurch können selbst absolute VR-Anfänger das Spiel in der Regel ohne Motion Sickness spielen. Meist ist es dieses Spiel, das ich Freunden und Verwandten als erstes vorführe, wenn sie VR ausprobieren – schlecht geworden ist noch keinem. Trotz dieser Einsteigerfreundlichkeit ist »Until Dawn: Rush of Blood« auch für VR-erfahrene Spieler ein faszinierendes Erlebnis: Als ich lediglich noch mal Screenshots für diesen Artikel machen wollte, war ich augenblicklich wieder vollständig involviert. Es hat eine ganze Weile gedauert, bis ich bemerkt habe, dass ich noch kein einziges Bild geschossen habe.

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Doom VFR

»Doom VFR« ist in dieser Liste aus genau den gegenteiligen Gründen wie das oben genannte Rush of Blood. Während Rush of Blood interessant ist, weil es belegt, dass man VR manchmal anders denken muss als gewohnt, zeigt »Doom VFR«, dass manches klassisches Spielprinzip auch in VR unverwüstlich ist. Man kann »Doom VFR« zwar mit Motion Controllern und Motion-Sickness-Gegenmitteln wie Teleportation, Snap Turning und Vignette spielen – aber richtig genial ist eigentlich, dass man all diese Fahrhilfen ausschalten und sich ein klassisches Gamepad schnappen kann, um die originale Erfahrung des Doom-Reboots von 2016 zu haben.

Dieses Level kennt man bereits aus dem regulären Doom. Dennoch ist es beeindruckend, diesmal Mittendrin zu sein

»Doom VFR« ist ein Ego-Shooter in VR und im Grunde ist damit alles gesagt. Wenn man alle Hilfen ausschaltet, steuert es sich wie das Vorbild von 2016, ist genau so schnell, besitzt die selben Waffen und Gegner und erfordert das selbe Movement. Einzige Ausnahme: Statt der brutalen Nahkampffinisher gibt es in »Doom VFR« einen Teleport-Finisher, bei dem man sich in verwundete Gegner hinein teleportiert, um sie zum platzen zu bringen. Das Spiel setzt in diesem Modus einen starken Magen und VR Erfahrung voraus, oder zumindest den Willen, sich mit kürzeren Sessions an ein komfortables Spielgefühl heranzutasten. Ist man dazu allerdings in der Lage, ist es genau das Richtige für Leute, die klassische Videospiele wollen, aber mit Mittendrin-Gefühl.

Etwas enttäuschend ist lediglich, dass der Umfang mit drei bis vier Stunden Spielzeit mager ausfällt: Weitestgehend handelt es sich um ein Remix der zweiten Hälfte vom Doom, neue Abschnitte bekommt man kaum zu sehen, nur an einigen Stellen gibt es in den Leveln neue Routen und Räume. Hier hätte man eigentlich entweder das komplette Doom von 2016 erwarten können, oder zumindest vollständig neue Level. Dennoch ist »Doom VFR« ein beeindruckender Titel für die Playstation VR, der mit toller Grafik und rasantem Gameplay überzeugt.

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