Ich mag es nicht, Rezensionen über Spiele zu schreiben, die ich nicht mochte. Ich drücke mich gerne davor, möchte nicht wahrhaben, womit ich da gerade meine Zeit verbracht habe. Und wenn ich euch nun sage, dass ich diese Rezension eigentlich schon zu Beginn des Monats schreiben wollte, könnt ihr euch vorstellen, was euch nun erwartet.
Bei dem von »Headup Games« und »Diviad« entwickelten »Nightbanes« handelt es sich um ein klassisches Online-Sammelkartenspiel in moderner Horroroptik. Der Spieler schlüpft in die Rolle eines Vampirlords, der seine Untertanen in den Kampf gegen andere Lords schickt oder sich am Krieg der Vampirclans (Gilden) um die Vorherrschaft beteiligt. Bis vor Kurzem war Nightbanes nur im Browser spielbar, jedoch können sich Kartenbegeisterte das Spiel seit dem 27. März auch kostenlos bei Steam herunterladen.
Die Spielkarten
Die Rahmenhandlung um die Vampirlords von »Nightbanes« ist eher nebensächlich und weist nur darauf hin, dass sich die Spieler auf ein düsteres Kartendesign einstellen und nicht mit kleinen, knuffigen Einhörnern rechnen dürfen. Es ist somit ganz von den eigenen Stilvorlieben abhängig, ob man sich für dieses oder eines der hundert anderen Sammelkartenspiele entscheidet, denn »Nightbanes« ist alles andere als innovativ.
Während die Browserspielversion mit mehr als 1000 unterschiedlichen Karten wirbt, kann die Steam-Version bisher leider nur 433 Karten aufweisen. Trotzdem sollten diese die Sammlerherzen höher schlagen lassen, da sie nicht nur schön gestaltet sind und verschiedenste Kombinationsmöglichkeiten bereithalten, sondern auch per »Evolution« oder »Verbesserung« aufgewertet werden können. Am Anfang startet man mit einem von drei zur Auswahl stehenden Decks. Dabei ist zu beachten, dass diese Wahl nicht rückgängig gemacht werden und man nur das erste der Starterdecks im Tutorial einmal antesten kann. Wer sich schon zu Beginn einen kleinen Vorteil verschaffen möchte, sollte sich das »Bullet Storm«-Deck ansehen. Dieses stellte sich als das Stärkste von den Dreien heraus. Nach dem Erhalt dieser 30 Karten müssen alle weiteren entweder als Belohnungen erspielt oder im Shop gekauft werden. Und da kommt auch schon der befürchtete Haken an der Sache. Zwar sind alle Karten auch für nicht zahlende Spieler erreichbar, aber man sollte sehr viel Zeit und Geduld einplanen. Denn eines wird ziemlich schnell klar: Wer zahlt ist klar im Vorteil.
DU-DU-DU-DUELL!
Du bist Magic-Spieler und möchtest dich nicht immer mit den Yu-Gi-Oh!-Kiddies im Laden um den Tischplatz prügeln (oder andersherum)? Oder du bist in deiner Stadt der Einzige, der Spaß am Kartenspiel hat? Dann sind die Online-Varianten der Sammelkartenspiele vermutlich eine gute Alternative. Nightbanes bietet viel Auswahl, um sein Können an den unterschiedlichsten Gegnern zu testen. Quests, drei verschiedene PVP-Systeme und Gilden-Raids versprechen Abwechslung und die Möglichkeit gegen Computergegner, echte Menschen und Computergegner mit den Decks von echten Menschen anzutreten.
Nachdem sich die Spieler mit dem eher unintuitiven Menü und den fehlenden Tool-Tipps zurechtgefunden haben, werden sie wohl zuerst die Quests ausprobieren. Dort wählt man auf einer Landkarte den Ersten von anfänglich sechs Gegnern aus, gegen den man insgesamt viermal antreten muss, um ihn das erste Mal zu besiegen. Anschließend erhöht sich die Anzahl der Kämpfe, um ihn ein zweites Mal zu besiegen und dann noch einmal, um ihm endgültig den Garaus zu machen. Hört sich kompliziert an, bedeutet aber nur, dass man versucht hat, die Quests künstlich in die Länge zu ziehen, indem man die Spieler ermüdend häufig immer wieder denselben Gegner angreifen lässt. Da hilft nur, den sich andauernd wiederholenden Soundtrack irgendwann durch ein spannendes Hörbuch zu ersetzen. Auch die Belohnungen am Ende des Kampfes, die aus Erfahrungspunkten, ein wenig Spielwährung und zumeist doppelte oder schwache Karten bestehen, motivieren nicht langfristig. Ebenso sind die Kämpfe selbst enttäuschend, denn sie ermöglichen kaum aktives und strategisches Handeln. Von fünf Handkarten darf immer nur eine Karte gespielt werden, welche entweder ein Monster, ein Gegenstand oder ein Zauber ist. Sobald die Monster auf dem Spielbrett liegen, können diese nicht mehr kontrolliert werden. So ist man als mächtiger Vampirlord dazu verdammt, am Anfang seines Zuges eine Karte auszuwählen und anschließend hilflos den automatisch ausgeführten Handlungen zuzusehen. Erfahrene Sammelkartenspieler werden sich bei dem Kampfsystem im Übrigen sehr an Spiele wie »Magic Realms« oder »Order and Chaos Duels« erinnert fühlen.
Auch das PVP besitzt einige Schwachpunkte. Zwar ist mit mehr Abwechslung bei den Decks und Handlungsabläufen zu rechnen, aber der vom Computer ausgesuchte Gegner wird nicht dem eigenen Level angepasst. Es besteht immer die Gefahr, auf wesentlich stärkere Vampirlords zu treffen, die teilweise mit mehrfach weiterentwickelten Karten antreten. Ich wiederhole es ungern: Wer zahlt ist klar im Vorteil.
Währungen, Booster und das Shop-System
Am Ende möchte ich mich noch dem »Haken« des Spiels zuwenden. Natürlich sprechen wir hier von einem Free-to-Play-Titel, der niemanden ernsthaft zwingt, Geld zu investieren. Doch für mich zeigt sich, dass Spielspaß und Motivation langfristig gesehen unter dem immer wieder offensichtlich werdenden Pay-to-Win-System leiden dürften.
Im Grunde stehen den Spielern bei Nightbanes alle Möglichkeiten offen. Sie müssen sich nur entscheiden, ob sie diese mit Lebenszeit oder Geld erreichen möchten. Das Spiel hält neben Erfahrungspunkten vier verschiedene Währungen bereit: PVP-Währung, Premium-Währung (Blutdiamanten), Casual-Währung (Blutperlen) und die Daily-Währung (Blutrubine). Nur die Blutdiamanten müssen mit Geld erstanden werden. Alle anderen sind durch PVP-Kämpfe, tägliches Einloggen oder Quests erreichbar. Schaut man sich jedoch den Shop genauer an, so erkennt man, dass sich vor allem der Besitz von Blutdiamanten auszahlt. Man erhält mit ihnen schneller bessere Booster, kann alle Starterdecks nachkaufen oder Entwicklungen von Karten beschleunigen. Auch kann man sich beispielsweise damit einen höheren „Rache“-Vorrat anlegen, den man braucht, um beim passiven PVP (computergesteuertes Deck von echtem Spieler) antreten zu dürfen. Insgesamt sind die Vorteile beim Kauf und Einsatz von Blutdiamanten so hoch, dass man wohl zurecht von einem Pay-to-Win-Spiel sprechen kann.
Fazit
Nightbanes ist kein schlechtes Spiel im klassischen Sinne. Es bietet genau das, was man von einem kostenlosen Online-Sammelkartenspiel erwarten kann: viele Karten, Duelliermöglichkeiten und einen Shop. Damit ist es ungefähr so innovativ und bedeutsam wie ein Sandkorn am Strand, aber das muss es auch nicht sein. Nightbanes bemüht sich um Abwechslung durch unterschiedliche Kampf- und Kartenkombinationsmöglichkeiten, erfordert jedoch wenig aktives, strategisches Handeln. Zudem sind die unausgeglichenen Kämpfe zwischen zahlenden und nicht zahlenden Spielern auf Dauer ziemliche Spaßkiller.
Lustig, mit denen hatte ich mal wegen Soundtrack kontakt. Ist am Ende richtige Musik im Spiel gelandet?