Zockwork Orange

Mario Strikers: Battle League Football – Mario Kart mit Bällen?

Mario Strikers: Battle League Football will Mario Kart mit Bällen sein, bietet aber viel zu wenig Inhalt, um langfristig zu motivieren. Das ist schade, denn im Kern steckt hier ein tolles Spiel.

Ich weiß nicht, wie Nintendo das immer macht. Sportspiele interessieren mich eigentlich so gar nicht. Fifa? Kannst du mich mit jagen. Forza Horizon? Bitte nicht! Aber sobald Mario aus der Umkleidekabine tritt, stehe ich stets am Spielfeldrand und kann mich kaum davon abhalten, mir selbst das Trikot anzuziehen. So auch bei »Mario Strikers: Battle League Football«.

Obwohl: Eigentlich weiß ich es doch. Wie so häufig bei Mariospielen macht »Mario Strikers: Battle League Football« bereits beim Zuschauen Spaß. Ich mag eine so elende Couchpotato sein, dass ich normalerweise nicht einmal virtuellem Sport etwas abgewinnen kann, aber den Animatoren und Sounddesignern bei Nintendo gelingt es dann doch immer wieder, dass ich selbst beim Anschauen ihrer Sportspiel-Trailer ganz aufgeregt bin. Und so sieht auch Marios neuester Ausflug auf den Bolzplatz so gut aus, dass ich einfach nicht widerstehen kann. Ich muss das Gamepad in die Hand nehmen und das runde Leder ein paar Mal selbst ins Tor schießen.

Mario beim Torjubel

In der Hinsicht enttäuscht das Spiel auch nicht: Die Freude des Zuschauens überträgt sich direkt auf den Spaß beim Selberspielen. Immer wieder ertappe ich mich dabei, wie ich über den Torjubel von Mario und Luigi schmunzle, über ihre lustigen Geräusche und Animationen. Besonders toll finde ich immer, wenn die Charaktere typische Fußballergesten nachahmen. Die wirken einerseits vertraut, weil man sie aus Fernsehübertragungen kennt, gleichzeitig erhalten sie durch die Einbettung in die Mario-Optik aber einen so furchtbar knuffigen Einschlag. Ich muss auch ständig Luigi’s Mansion 3 denken, das eine ganz ähnliche audiovisuelle Güte besitzt und ebenfalls schon dadurch die reine Freude war. »Mario Strikers: Battle League Football« spielt in der Hinsicht in derselben Liga, auch wenn das Genre ein völlig anderes ist und – wie sich noch zeigen wird – der Produktionsaufwand für Nintendo dann doch ein bisschen geringer ausgefallen sein dürfte.

Wenig überraschend ist »Mario Strikers: Battle League Football« keine Fußballsimulation, sondern eine nintendo-typische Interpretation des Breitensports. Jede Mannschaft besteht neben dem (unkontrollierbaren) Torwart aus vier Feldspielern, die sich um den Ball balgen und nebenbei mit denen im Mario-Universum üblichen Utensilien beharken. Es fliegen Bananen, rote und grüne Panzer schalten gegnerische Spieler aus und selbst wenn Yoshi seinen Gegner hart umgrätscht, greift kein Schiedsrichter ein. Auf dem Platz entwickelt sich so schnell das typische Chaos, von dem auch schon die Mario-Kart-Reihe so profitiert. Und weil das natürlich mit menschlichen Mit- und Gegenspielern am schönsten ist, dürfen bis zu acht Spieler gleichzeitig an einer Konsole spielen.

Mario Kart mit Bällen?

Heißt das nun, »Mario Strikers: Battle League Football« ist Mario Kart mit Bällen? Leider nicht ganz. Verantwortlich dafür sind zum einen die doch komplexe Fußball-Mechanik und zum anderen ein beklagenswerter Mangel an Inhalt.

Neben dem Spielprinzip ist ein wesentlicher Grund für die Beliebtheit von Mario Kart sicherlich, dass es wahnsinnig schnell zu erfassen ist. Man drückt Freunden, Verwandten und selbst Nichtspielern den Controller in die Hand und kann mit minimalen Erklärungen (“Hiermit lenkst du, damit gibst du Gas…”) augenblicklich starten. Bei »Mario Strikers: Battle League Football« ist das nicht ganz so einfach. Deutlich wird das bereits daran, dass Nintendo ein gut halbstündiges Tutorial mitgeliefert hat, in dem die Feinheiten der Steuerung mit ihren situationsabhängigen Aktionen und doppelt belegten Knöpfen erklärt werden. Das heißt nicht, dass »Mario Strikers: Battle League Football« schwer zu erlernen wäre. Nach dem Tutorial und zwei, drei Übungsmatches hat man das Spiel verinnerlicht und Kontrolle über seine Mannschaft. Die Einstiegshürde ist dennoch spürbar höher als bei den beinahe selbsterklärenden Kartrennen.

Die typische Spielperspektive. Im Grunde sieht man in diesem Screenshot beinahe den gesamten Spielinhalt.

Aber die Steuerung ist eigentlich nur ein kleinerer Stolperstein zu Beginn. Langfristig schwerwiegend hingegen ist der eklatante Mangel an Content. Während Mario Kart 8 Deluxe bereits im Grundpaket 48 verschiedene Strecken, 42 Fahrer und 40 verschiedene Fahrzeuge mitliefert, stecken in »Mario Strikers: Battle League Football« lediglich 10 Charaktere und fünf Stadien. Letztere unterscheiden sich zudem nur optisch. Der Rasen ist immer derselbe und damit ist es auch das Spiel.

Man mag nun einwenden, dass Fußball nun einmal so funktioniert. Der Fußballplatz ist eben immer gleich. Aber: Wenn man eh eine irrwitzige Fußballinterpretation statt einer –simulation entwickelt, warum nicht auch das Spielfeld überdenken? Warum gibt es hier keine Buckelpisten, keine sich hin- und her kippende Spielfelder mit entsprechenden Auswirkungen auf die Ballpyhsik, keine Lavagruben oder Feuerbälle? Warum treten nicht mal drei Teams auf einem dreieckigen Platz an? Hier wäre so viel mehr möglich gewesen. Gerade das Mario-Universum böte genügend Vorlagen für spannende Spielfeldideen.

Der Hyperstrike ist ein besonders starker Schuss, der immer mit einer speziellen Animation angekündigt wird. Ein Treffer zählt direkt zwei Tore.

Ebenso fehlt die motivierende Freischaltmechanik von Mario Kart 8 Deluxe. Die Aussicht auf neue Fahrer und Fahrzeugteile hat mich bei den Kartrennen wieder und wieder dazu angetrieben, die einzelnen Cups möglichst perfekt abzuschließen. Zwar kann man in »Mario Strikers: Battle League Football« immerhin ein bisschen Ausrüstung wie Helme und Körperpanzer für seine Charaktere kaufen und im Onlinemodus auch optische Elemente für sein Stadion, das ist aber weitaus weniger interessant als die Auswahl der verschiedenen Fahrzeugteile bei Mario Kart 8 Deluxe. Das liegt zum einen daran, dass die Auswirkungen gering sind, aber auch, weil die Kamera deutlich weiter vom Spielgeschehen entfernt ist und optische Individualisierungen so weniger Reiz entfalten.

Doch selbst wenn man Purist ist, einem verschiedene Plätze, Charaktere und Freischaltungen egal sind und man wirklich nur eine etwas härtere, aber noch erkennbare Version von Fußball spielen möchte, fällt auf, dass »Mario Strikers: Battle League Football« auch bei den verschieden Spielmodi viel zu sparsam ist. Für Solospieler gibt lediglich einzelne Quickmatches, sowie einen Turniermodus mit jeweils 3 bis 5 Begegnungen bis zum Pokal. Weitere Wettbewerbe wie Elfmeterschießen oder gar eine Liga sucht man vergeblich. Wie man es also dreht und wendet: Momentan ist einfach viel zu wenig Spiel im Spiel. Zwar hat Nintendo bereits neue Inhalte und Charaktere per kostenlosem DLC versprochen, ob die allerdings maßgeblich etwas am Umfang ändern werden, muss sich erst noch zeigen.

Das ist alles wahnsinnig schade, denn »Mario Strikers: Battle League Football« ist im Herzen so ein tolles, liebevoll designtes Spiel. Aber der chaotischen Kickerei geht einfach viel zu schnell die Puste aus. Während man bei Mario Kart 8 Deluxe auch als Solospieler problemlos 20 bis 30 Stunden Spaß haben konnte, hat man hier nach 3 bis 4 Stunden bereits alles gesehen. Damit richtet sich Nintendos Fußballinterpretation vor allem an Spieler, die sich immer wieder lokal oder online mit anderen messen wollen. An den Funsport-Genreprimus Mario Kart 8 Deluxe kommt es aufgrund der fehlenden Abwechslung aber auch dann nicht heran.

Die mobile Version verlassen