Sierra ist wieder da!
Ihr wisst nicht, was das ist?
Kennt ihr Spiele wie »You Don’t Know Jack«, »Phantasmagoria«, »Leisure-Suit Larry« oder… »King’s Quest«?
DAS ist Sierra!
Sierra Entertainment wurde bereits 1979 unter dem Namen On-Line Systems von dem Ehepaar Williams gegründet und gehörte in den 1980ern und 90ern zu den Stars der Adventure-Branche. Vor allem die »King’s-Quest«-Reihe von Roberta Williams war sehr beliebt. Ich erinnere mich noch an zahlreiche Spielstunden mit »King’s Quest VII: Die prinzlose Braut«, in dem die Königin Valanice ihre zu einem Troll verwandelte Tochter in einer märchenhaften Welt finden und retten muss. Dabei habe ich den eigentlichen Held der »King’s Quest«-Spiele gar nicht kennengelernt: Sir Graham war in fünf von acht Teilen der Protagonist, der im fantastischen Königreich Daventry seine Abenteuer erlebt. Und unter anderem mit ihm feiert Sierra nach sieben Jahren auch sein Comeback – zumindest als Markenname. Bereits auf der gamescom 2014 kündigte Activision Blizzard die Rückkehr von Sierra als Label an und mit »King’s Quest – Kapitel 1-5« auch den Neuanfang der bekannten Reihe. Zudem konnten sie The Odd Gentleman als Entwicklerstudio gewinnen. Seit Ende Juli ist das erste Kapitel spielbar.
Der alte König Graham, Herrscher des märchenhaften Reichs Daventry, liebt es, Geschichten aus seiner Jugend zu erzählen. Dabei findet er in seiner Enkelin Gwendolyn eine dankbare Zuhörerin. Immer wenn sie zu Besuch im Schloss ist, bittet sie ihren Großvater, von seinen Abenteuern zu berichten. Am liebsten einem mit Drachen! Und von denen erlebte Graham reichlich! So erzählt er im ersten Kapitel von seiner ersten Reise nach Daventry, um dort Ritter in der königlichen Garde am Hofe König Edwards zu werden. Dabei werden ihm und seinem treuen Reittier Triumph nicht nur die bloße Reise durch verschwundene Brücken und unheimliche Waldbewohner erschwert, sondern sie müssen sich bei ihrer Ankunft im Schloss einem Ritterlichkeitstest stellen. Dabei stehen vier außergewöhnliche Konkurrenten zwischen Graham und seinem großen Traum.
Die einzelnen Kapitel des Point & Click-Adventures werden durch eine Rahmenhandlung verbunden, in der der alte König im Bett liegend seiner Enkelin von seinen Abenteuern erzählt. Währenddessen ist der Spieler hauptsächlich in der Beobachterrolle, um dann in den Erzählungen selbst die Rolle des jungen Grahams zu übernehmen. Und in einer solchen Erzählung startet das Spiel auch. Ohne Intro, Tutorial oder irgendeine Form von Einleitung findet sich der Spieler als junger Mann an einem Brunnen wieder. Dabei zeigt sich sofort, wie einfach und intuitiv die Steuerung ist. Mit nur wenigen Tasten lässt sich Graham durch seine Umgebung steuern und mit ihr interagieren. Automatisch wird bei Annäherung an ein Objekt angezeigt, welche Taste zu drücken ist. Wer nun ein Dauerfeuer an Quick-Time-Events befürchtet, kann zumindest ein wenig aufatmen. Diese werden gut in das gewohnte Point & Click-Gameplay integriert, welches zusätzlich mit kleinen Platformer-Elementen vermischt wurde.
Mit der Zeit lernt der Spieler nicht nur die Steuerung kennen, sondern auch die Charaktere und die verschiedenen Zusammenhänge der Geschehnisse. Außerdem erkennt er schnell: Graham kann sterben! Als Held wird man nicht kurz vor tödlichen Entscheidungen zufällig aufgehalten oder kann sich bei drohender Gefahr noch einmal beruhigt zurücklehnen. Da stirbt man dann auch einfach schon mal. Doch im Gegensatz zu den alten Spielen, bei denen man am Speicherpunkt neu beginnen musste, berichtigt hier der alte Graham nur kurz seine Erzählung und schickt den Spieler zurück ins Abenteuer. Denn da gibt es schließlich noch viel zu tun! Es gilt, viele kreative und teilweise auch ungewöhnliche Rätsel zu lösen, mit vielen skurrilen Gestalten zu sprechen und vor allem den Ritterlichkeitstest zu bestehen. Dabei gibt es neben spannenden und sogar tragischen Momenten sehr viel Humor und irrwitzige Situationen. Graham durchwandert eine fantasievolle Landschaft und muss leider hin und wieder recht lange Wege zurücklegen. Manchmal auch mehrfach. Die Rätsel selbst sind nicht allzu schwer, jedoch sehr abwechslungsreich und immer logisch. Es fällt aber auf, dass man keine Gegenstände im Inventar kombinieren kann und muss, wie es normalerweise bei einem Point & Click-Adventure üblich wäre. Und man bekommt zumindest das Gefühl vermittelt, mehrere Lösungsmöglichkeiten zur Auswahl zu haben. Letzt endlich bleibt die Geschichte jedoch sehr linear.
Grafisch erinnert »King’s Quest – Kapitel 1: Der seinen Ritter stand« ein wenig an die Telltale-Games-Spiele, besitzt aber auch eindeutig seinen eigenen Stil und ist somit optisch wirklich wunderbar gelungen. Allein das Charakterdesign der Trolle ist wirklich ungewöhnlich und kreativ. Die Animationen hingegen sind hin und wieder ein wenig “steif”, was teilweise auch ungewollt komisch wirken kann. Weniger komisch ist die Speicherfunktion des Spiels, die es.. nicht gibt. An bestimmten Punkten im Spielgeschehen speichert das Spiel automatisch. Der Spieler muss also darauf achten, erst nach einem solchen Punkt das laufende Spiel zu beenden, wenn er nicht vorhat, alles in einem Rutsch durchzuspielen. Die Synchronisation ist sehr schön und von den Stimmen her passend gewählt. Ich habe jedoch gelesen, dass Graham in der englischen Fassung von dem Schauspieler Christopher Lloyd gesprochen wird, was vermutlich dem Ganzen noch einmal ein ganz eigenes Spielgefühl verleiht.
Wenn ich also jetzt zum Schluss des ersten Kapitels in mich hineinhorche und das Gefühl beschreiben müsste, dann wäre das wohl ein: Großartig! Wo bleibt Kapitel 2?! Ich habe mich sehr auf »King’s Quest – Kapitel 1: Der seinen Ritter stand« gefreut und wurde nicht enttäuscht. Kleinere “Fehler” gibt es immer, aber sie trüben nicht meine Vorfreude auf die nächsten Kapitel. Und da sich bereits das erste Abenteuer von Graham mit einer Länge von ungefähr fünf Stunden wie ein komplettes Spiel anfühlte, bei dem die Zeit aber aufgrund des gezeigten Einfallsreichtums und Humors wie im Fluge verging, sind meine Erwartungen sehr hoch. »King’s Quest – Kapitel 1: Der seinen Ritter stand« ist als Download-Version für PC, PS3, PS4, Xbox 360 und Xbox One erhältlich. Das zweite Kapitel soll noch im 4. Quartal erscheinen. Möge es noch großartiger sein als das erste!