Letzten Freitag war es endlich soweit. Agent 47 durfte endlich wieder loslegen und bekam seinen ersten Mordauftrag im schönen Paris. Ein riesiges palastartiges Anwesen ist der Schauplatz der ersten Episode von »Hitman«, die nun mit dreimonatiger Verspätung endlich den Weg auf meine Festplatte gefunden hat. Die Beta hat ja bereits einen sehr guten Eindruck gemacht und ich war jetzt wirklich gespannt auf das fertige Spiel, das uns aber jetzt leider nur monatsweise in sieben kleinen Häppchen vorgesetzt wird.
Nach dem Prolog und der Eingangsprüfung, die ich ja in der Beta schon gespielt hatte, folgt nun der erste richtige Auftrag. Eine großartige Story gibt es nicht, aber das sind Fans der Serie ja bereits gewöhnt. Zu Beginn werden mir meine zwei Zielpersonen vorgestellt, ich bekomme ein paar Hintergrundinfos zu einer coolen Modenschau mit hunderten illustren Gästen, die am Zielort in vollem Gange ist, kann mir meine Ausrüstung zusammenstellen und werde zu meinem ersten Auftrag in Paris abgesetzt. Soweit gibt es erst mal keine Überraschungen. Die erlebe ich aber dann gleich, als ich die ersten Schritte in meiner Missionsumgebung mache. Im Vergleich zu seinen Vorgängern ist das Operationsgebiet der ersten Episode in »Hitman« nämlich riesig. Zumindest dieses Versprechen hat Io-Interactive gehalten. Natürlich ist es kein Open-World-Spiel und ein einziges Gebäude scheint auf den ersten Blick auch nicht viel, aber bei näherer Betrachtung beschleicht mich der Verdacht, dass ich hier unglaublich viel Zeit damit verbringen werde, alles auszukundschaften. Ich mische mich also unter die Gäste, gebe mich lässig, nippe hier und da an einem Drink und fange an, meine Umgebung zu beobachten. Die Steuerung ist geschmeidig, das Stealth-System überzeugt und auch die KI der Gegner oder auch einiger anderer NPCs lässt keine Wünsche offen. Und NPCs gibt es mehr als genug. Es ist fast unglaublich, wie viele Menschen sich hier tummeln.
Ich bringe nahezu zwei Stunden damit zu, erst einmal das Wichtigste zu erkunden. Ich höre Gesprächen zu, um wichtige Hinweise zu bekommen, beobachte alleine herumlungernde Personen, die man vielleicht in einem unbeobachteten Augenblick schlafen legen und ihnen die Klamotten rauben könnte, durchstreife das Gebäude und versuche herauszubekommen, welche Bereiche ich unbehelligt betreten kann und welche nicht… es gibt so viel zu erkunden und zu checken, dass ich meine eigentliche Mission erst einmal nach hinten schiebe.
Das Gebäude und die Außenanlagen sind unglaublich verwinkelt und wunderbar ausgestattet. Überall gibt es etwas zu sehen oder zu untersuchen. Und gute Planung ist auch in diesem Spiel schon die halbe Miete, aber das kenne ich ja schon aus den früheren »Hitman«-Teilen.
Je mehr ich entdecke, umso mehr begeistern mich die Möglichkeiten, die sich mir hier bieten. Einen Drink vergiften oder doch lieber eine Explosion planen, ein lautloser Kill mit anschließendem Verstecken der Leiche, oder vielleicht etwas vorbereiten, was den Mord wie einen Unfall aussehen lässt. Schon in »Hitman Absolution« waren die Möglichkeiten breitgefächert, aber »Hitman« setzt hier noch einmal einen drauf. An jeder Ecke entdecke ich etwas Neues und es juckt mich in den Fingern, alles irgendwie auszuprobieren und bald fällt mir die Entscheidung für die weitere Vorgehensweise schwer.
Im ersten Durchgang beschränke ich mich allerdings erst einmal auf eine unauffällige und relativ unspektakuläre Vorgehensweise. Ich lerne aber auch, dass man beispielsweise Schraubenzieher oder anderes Werkzeug unbedingt einstecken sollte, wenn man es findet, denn damit lassen sich später die lustigsten Dinge anstellen (incl. sich selbst durch einen Stromschlag zu töten, wenn man damit in einer Steckdose herumstochert).
Blättert man durch das Menü von »Hitman«, fällt die riesige Liste der Herausforderungen auf. Alleine 24 Möglichkeiten bekomme ich angeboten, um meine Zielpersonen auszuschalten. Weitere 34 Entdeckungen bestimmter Gegenstände sowie 10 zu absolvierende Meisterleistungen bieten zusätzlich noch kleine Anreize, alles noch intensiver durchzuspielen. Und das alles bezieht sich ja nur auf eine Episode. Mittlerweile bin ich schon das dritte Mal unterwegs, aber auch jetzt entdecke ich immer noch neue Gegenstände, Räume oder Gelegenheiten. Wahrscheinlich habe ich auch nach dem 10. Mal noch nicht alles entdeckt.
»Hitman« ist, wie auch seine Vorgänger, kein schnelles Spiel und nichts für Ungeduldige. Man muss das manchmal lange Abwarten und das intensive Ausspionieren schon mögen, um das Spiel richtig gut zu finden. Aber ich bin hier ganz in meinem Element. Auch wenn ich bereits vieles herausgefunden habe, z.B. wie man am geschicktesten an die verschiedenen Arten der Verkleidungen kommt oder wo bestimmte Gegenstände zu finden sind, ist es immer noch eine Kunst, aus all diesem Wissen eine Vorgehensweise zusammenzustellen, die mich unauffällig an meine Ziele heranbringt, diese ohne Aufsehen ausschalten lässt und mich dann wieder unerkannt aus dem Operationsgebiet heraus bringt.
Bahnbrechende Neuerungen bringt »Hitman« nicht mit sich, aber das will man als eingefleischter Fan der Serie ja auch gar nicht. Man erwartet klare Angaben zu den Zielpersonen und jede Menge Optionen diese auszuschalten und das hat diese erste Episode jedenfalls für mich schon einmal sehr gut unter Beweis gestellt. Ein riesiges Zielgebiet mit einer schier unglaublichen Menge an Möglichkeiten bietet auf jeden Fall viel Platz um sich auszutoben.
Erwähnenswert ist vielleicht, dass man nun verschiedene Startpunkte inklusive der entsprechenden Verkleidung innerhalb der Mission wählen kann. Das spart bei mehrmaligen Durchspielen die immer gleichen Abläufe zu Beginn, wenn man z.B. als Koch verkleidet in der Küche starten möchte. Es ist jetzt auch erlaubt, manuell zu speichern, was ich sehr begrüße, da automatische Speicherpunkte gefühlt für mich immer zu weit auseinander liegen.
Und vielleicht finde ich jetzt die monatlichen Episoden auch gar nicht mehr so schlecht. Man konzentriert sich irgendwie mehr auf diesen einen Teil und da die Zusammenhänge der einzelnen Missionen ja nur lose oder gar nicht vorhanden sind, gibt’s auch keine Cliffhanger, die einen ärgerlich zurücklassen. Die Motivation dann die eine Episode mehrfach zu spielen ist meiner Meinung nach jetzt auch größer, da ich als Spieler nicht gleich in die nächste Mission geschubst werde.
Oh, und da fällt mir ein, dass ich irgendwie noch gar keine Gummiente gefunden habe. Da muss ich dann doch gleich wieder los und noch einmal suchen gehen…