Collectible Card Games sind auch als Videospiele bei weitem keine Seltenheit mehr: Diverse mobile Varianten, Desktop-Clients und vor allem im japanischen Raum unzählige Browsergames sind über die Jahre erschienen und in fast schon regelmäßigen Abständen präsentieren sich neue Projekte auf Kickstarter. Unter letzteren finden sich z.B. die kürzlich erfolgreich finanzierten Titel »Chromancer« und »Faëria«, die das Genre durch Elemente aus Rundenstrategie, respektive Brettspielen, erweitern und dem sonst simplen Spielprinzip so mehr Tiefe einhauchen wollen. Da erscheint es auf den ersten Blick ein bisschen verwunderlich, dass ausgerechnet Blizzard ein Free-To-Play Online Kartenspiel auf den Markt wirft, dass sich eher am klassischen Gameplay eines Magic: The Gathering orientiert und doch könnte der Hype um »Hearthstone: Heroes Of Warcraft« nicht größer sein.
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Die Formel ist simpel: Mit einem Deck, bestehend aus 30 Zauber- und Monsterkarten, gehen sich in Hearthstone neun Helden der Warcaft-Lore an die Gurgel. Dabei repräsentiert jeder der Helden eine der spielbaren Klassen aus der Grundversion (Vanilla) von »World Of Warcaft«. Jeweils ausgestattet mit einer Auswahl an Klassenkarten wie Zaubern und Waffen und einer Grundfähigkeit, die selbst keine Karte ist, sondern in jeder Runde benutzt werden kann. Das restliche Deck setzt sich aus neutralen – also von jedem Helden nutzbaren – Kreaturkarten zusammen, die neben Angriffs- und Verteidigungswerten oft nützliche Fähigkeiten besitzen. In jeder Runde zieht der Held (zusätzlich zu seiner Starthand) eine Karte, deren Ausspielen Mana kostet, von dem ebenfalls jede Runde eins hinzugewonnen wird. So lassen sich über die Dauer eines Spiels nach und nach teurere Kreaturen und Zauber ausspielen und der Gegner sich hoffentlich seiner 30 Lebenspunkte berauben.
»Hearthstone« wirft Neulinge zum Glück nicht ins kalte Wasser, sondern lässt zu Beginn jeden einige Übungsspiele mit der Magierin absolvieren und erklärt nebenbei bereits einige wichtige Fähigkeiten und Mechaniken. Weitere Helden lassen sich dann im Übungsmodus gegen den Computer freispielen, wobei jede Klasse ein vorgefertigtes Deck mit sich bringt. Für Spiele – ob gewonnen oder verloren – gibt es Erfahrung und erreicht ein Held Stufe Zehn, sind alle klassenspezifischen Karten verfügbar. Spätestens jetzt steht eine gute Auswahl an Karten zur Verfügung, um ein eigenes Deck und somit eine eigene Taktik anzugehen. Die Standardkarten, sowohl neutrale als auch Heldenkarten, sind für den Anfang durchaus genügend und so lassen sich einige nette Decks zusammenstellen. Weitere Karten finden sich genretypisch in Boosterpacks. Diese können für je 100 Gold, die Ingame-Währung in Hearthstone, oder gegen Bares erworben werden. In den Packs finden sich dann fünf zufällige Expertenkarten, die wie Items in »World Of Warcraft« den Seltenheitsstufen Normal, Rare, Epic und Legendary zugeordnet sind. Diese Karten dienen dazu, das eigene Deck auszubauen und kreative und neue Taktiken zu entwickeln.
Viel wichtiger als ein Deck aus möglichst vielen seltenen Karten zusammenzustricken, ist eine durchdachte Grundtaktik zu besitzen und die Richtige Synergie zu entwickeln
Gold durch Spielen zusammeln ist ein bisschen mühsam, denn Blizzard setzt mit dem Free-To-Play Modell natürlich darauf, dass ungeduldige Zeitgenossen ihre Geldbörse öffnen. Obwohl die Expertenkarten mächtige Werkzeuge zum Sieg sein können, kann ich aus meiner persönlichen Spielerfahrung aber Entwarnung geben: Hearthstone ist bei weitem kein Pay-To-Win. Viel wichtiger als ein Deck aus möglichst vielen seltenen Karten zusammenzustricken, ist eine durchdachte Grundtaktik zu besitzen und die Richtige Synergie zu entwickeln, also ein vernünftiges Zusammenspielen der einzelnen Karten und Fähigkeiten zu gewährleisten. Dazu ist es zunächst wichtig sich erst nur auf einige wenige Klassen zu fokussieren, denn die Karten in den Packs sind schließlich rein zufällig. Zum Glück lassen sich Karten, die nicht benötigt werden, in Arkanen Staub umwandeln. Mit dieser zweiten “In-Game Währung” können Zauber, Waffen oder Kreaturen selbst hergestellt und die eigenen Decks somit verfeinert werden. Fertige Decks lassen sich dann am besten im “Constructed Modus” testen. Hier wird gegen reale Gegner angetreten, die entweder selbst von der eigenen Freundesliste ausgewählt oder per Zufall vom Spiel zugeteilt werden. Gegen fremde Herausforderer lässt sich Unranked oder Ranked spielen, wobei letzteres bisher noch nicht viel über den Skill des Gegners aussagt und vor offiziellem Release noch stark überarbeitet werden soll. In diesem normalen Play-Modus wird auch (hauptsächlich) das Gold gesammelt: Tägliche Quests bringen zwischen 40 und 60 Gold und beinhalten z.B. Aufgaben wie “Gewinne 2 Spiele mit dem Krieger oder dem Schurken”. Drei gewonnene Spiele bringen aber auch unabhängig von diesen Quests zusätzlich Gold ein. Mit diesem lassen sich dann nicht nur Boosterpacks, sondern auch Eintrittskarten für den Arena-Modus erwerben. Für 150 Gold (bzw. 1,80€) Eintrittsgebühr, wird in diesem Modus nicht mit dem eigenen Deck gekämpft, sondern ein völlig neues aus zufälligen Karten zusammengebastelt, die nicht unbedingt Teil der eigenen Sammlung sein müssen. Pro Arena-Run stehen drei Helden zur Auswahl auf deren Klassenkarten das Deck dann basieren wird. Ein mal gewählt, steht diese Klasse für einen Run fest und Ziel ist es, so viele Spiele wie möglich mit diesem Deck zu gewinnen. Nach drei verlorenen Matches ist Schluss und die Anzahl der Siege bestimmt dann den Wert der Belohnung, die aber immer mindestens ein Boosterpack enthält. Arena erfreut sich bisher sehr großer Beliebtheit, da diese Spielvariante Können und Erfahrung erfordert und derzeit wesentlich kompetitiver ist als der normale Play-Modus.
Abschließend steht noch die Frage nach dem Hype im Raum, den Hearthstone zurzeit erfährt. Hier spielen meiner Meinung nach wohl mehre Dinge eine Rolle. Zunächst ist es sicherlich cleveres Kalkül von Blizzard, das Spiel durch eine Closed Beta populär zu machen, für die nach und nach Leute eingeladen werden und Keys an große Gaming-Websites und vor allem Let’s Player und Streamer verteilt werden, ohne die Berichterstattung mit einem Non-Disclosure Agreement einzuschränken. Blizzards riesige Fanbase und deren hohe Erwartungen an neue Titel spielen diesem Hype clever in die Hände, denn jeder ist neugierig wie sich die Amerikaner in einem für sie untypischen Genre und Geschäftsmodell schlagen. Der wichtigste Punkt ist aber sicherlich die Umsetzung, die Blizzard-typisch rund und durchdacht erscheint.
Das Sammeln der Karten und das Basteln von neuen Decks, lässt sich am ehesten mit der Jagd nach neuen Rüstungen oder Waffen und dem Ausklügeln der passenden Charakter-Skillung in einem Diablo oder World Of Warcraft vergleichen.
Ohne – man verzeihe mir die Floskel – das Genre neu zu erfinden, gelingt ihnen mit Hearthstone ein Spiel, welches zwar leicht zu erlernen ist, aber genug taktische Tiefe besitzt um viele Stunden zu investieren und so die eigenen Strategien und den eigenen Spielstil zu perfektionieren. Das Sammeln der Karten und das Basteln von neuen Decks, lässt sich dabei am ehesten mit der Jagd nach neuen Rüstungen oder Waffen und dem Ausklügeln der passenden Charakter-Skillung in einem Diablo oder World Of Warcraft vergleichen. Schön ist auch, dass sich in den Decks sogar teilweise die verschiedenen Talentbäume aus letzterem wiederfinden lassen. Während ein Jäger-Deck mit vielen Kreaturen z.B. dem Spielstil eines Beastmasters entspräche, fühlt sich der Einsatz von Fallen eher nach einem Survival-Hunter an. Ein Priester der von Grund aus eigentlich auf Heilung setzt, lässt sich mit der richtigen Kartenwahl in einen todbringenden Schattenpriester verwandeln.
Mit Hearthstone hat Blizzard ein Free-To-Play-Spiel in den Startlöchern, das nicht nur Kartenspiel-Veteranen Spaß bereiten wird, sondern sich auch perfekt für GelegenheitsspielerInnen eignet. Zwar wird es für zahlungswillige Menschen ein bisschen schneller gehen viele Decks aufzubauen, doch gewinnen tut hier letztlich der, der die passende Taktik hat und die richtigen Entscheidungen im richtigen Moment trifft. Mit zwei verschiedenen Spielmodi gibt es genug Motivation jeden Tag ein bisschen Zeit zu investieren und die vielen Streams und YouTube-Videos lassen jetzt schon darauf schließen, dass sich dieser Titel auch bei vielen eSport-Fans durchsetzen wird. Sicherlich gibt es in der Beta noch einige Kinderkrankheiten, doch die werden bis zum Release, für das es noch kein Datum gibt, garantiert noch ausgebessert werden. Erscheinen wird »Hearthstone: Heroes Of Warcraft« für Windows und Mac, aber auch mobil für iOS und Android.
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