Ich verliere häufig – nicht weil es mir Spaß macht – sondern weil ich schlecht bin. Sehr schlecht. Sehr, sehr schlecht. Wirklich. Trotzdem schmeiße ich weder Controller gegen Wände, noch schlage ich mit der Faust in den Monitor. Stattdessen schimpfe ich wie ein Rohrspatz, beleidige meine Gegner, das Spiel an sich, die Welt im Ganzen oder bezeichne auch nur die von mir gesteuerte Figur als Idiot und unterstelle ihr die absolute Unfähigkeit. Wer sonst sollte schuld an meinem Unvermögen sein?
Allerdings hat meine Talentfreiheit auch ein gewisses Potential: Abgesehen davon, dass ich über eine recht umfangreiche Sammlung von nicht-jugendfreien Flüchen verfüge, die ich in einwandfreiem Online-Steno von mir geben kann, bin ich in der Lage, ohne Rücksicht auf meine Mitspieler, das eigentliche Spielprinzip ad absurdum zu führen. Anekdote gefällig?
Damals…
Das erste Mal »Counter Strike« auf einer privaten LAN-Party, das erste Mal »Counter Strike« für mich überhaupt und im Endeffekt: »Counter Strike 1.6«, eine Horde Jungs mit Orientierungssinn und ausreichenden bis ausgezeichneten WASD-Steuerungs-, sowie Maus-Aiming-Skills, eine als angemessen zu betrachtende Menge Bier und ich. Eine also durchaus amüsante, aber trotzdem unfaire Kombination.
Also hatte ich Vorkehrungen getroffen, um es mir nicht schwerer zu machen als nötig: Ein Waffenscript installiert (hatten die Jungs auch getan, nur besser), den Terroristen und den Counter-Terroristen bunte Kostüme verpasst (das hatten die Gegengeschlechtlichen seltsamer Weise nicht getan), damit ich Freund und Feind auch bloß unterscheiden konnte…
Erste Runde – Teamzugehörigkeit: Terrorist – Map: Italy
Die AK-47 im Anschlag, durchgeladen und bereit für den Kampf! Die Tatsache, dass ich meiner Waffe im Vorbereitungswahn einen Tiger-Look verpasst habe, tut nichts zur Sache. Meine Kollegen rennen los bzw. weg. Ich habe wohl getrödelt und stehe alleine am Startpunkt der Terroristen. “Egal.“, denke ich mir, “Sollen die halt als Team arbeiten. Ich mach’ jetzt erst einmal einen auf Rambo und erschieße ein Huhn!“
Obwohl sich das Tier nicht gewehrt hat, verbuche ich diesen Kill als Erfolg, freue mich und werde kurz darauf von einem Projektil unbekannter Herkunft getroffen.
Peng! Tot. Toll.
Warten auf die Nächste Runde.
Als ich den Punkt erreicht hatte, an dem mir der ausschließliche Hühnermord keine ausreichende Befriedigung mehr verschaffte, beschloss ich meine Taktik zu ändern und mich zu verstecken.
In der Gasse, die man als Terrorist nach dem Start in Italy hinauflaufen muss, befindet sich links ein Spalt zwischen den Häusern, genau groß genug für eine kleine, unfähige Terroristin.
Ich verschanzte mich also dort und wartete. Es kam, wie es kommen musste: Ich steckte “in der Wand“ und ein einsamer Counter-Terrorist suchte mich verzweifelt. Würde dieser dann an meinem Versteck vorbeilaufen, wäre er fällig gewesen – soweit mein grandioser Plan.
Das ist nicht unfair, das ist Snipern aus nächster Nähe…
Die restlichen Spieler hatten sich mittlerweile hinter den Monitoren ihres entsprechenden Teamkollegen versammelt und warteten gespannt. Zunächst. Jedoch schien mein Versteck äußerst gut gewählt zu sein. Der blöde Counter kam einfach nicht vorbei. Unmut macht sich breit. Beim Gegner, weil er mich nicht finden konnte. Bei mir, weil ich schon seit einer Ewigkeit in diesem Spalt hockte und schon lange kein Huhn mehr erschossen hatte. Bei den anderen Teilnehmern, weil sie sich langweilten und das Bier anscheinend langsam keine ausreichende Ablenkung mehr bot.
Dann nahte er, der große Moment: Ich hörte Schritte und wechselte vorsorglich das noch volle Magazin. Wie in Zeitlupe sah ich meinen Gegner in den Bildschirmausschnitt treten, er drehte sich zu mir und – Peng! “Counter-Terrorists win!“
Ich schob äußerst verärgert und schwungvoll die Maus weg, holte mir ein neues Bier und drückte dem elendigen Schützen einen blöden Spruch. Alle, außer mir lachten herzhaft und ich beschloss nicht mehr mit den Jungs zu daddeln, klinkte mich aus und spielte eine Zeit lang für mich alleine Auto-Ping-Pong (Ja, so nannte man das damals, wenn man bei »Need for Speed« zu blöd war, geradeaus zu fahren…).
Naja, in diesen Tagen bin ich um einiges besser, noch weit entfernt von gut und immer noch verdammt nah an miserabel dran. Allerdings nehme ich das ganze mittlerweile gelassener – nicht das Verlieren, aber dem Umstand, dass ich es tue. Ständig.
Frei nach dem Motto: Wer verliert, ohne sich zu ärgern, hat nie versucht zu gewinnen.
Gastautorin: Steffi Mag Kaninchen, Adventures und große Wummen, spielt lieber allein als im Team, ist fernseh-fasziniert, hat angeblich einen schlechten Filmgeschmack und schaut Serien gerne am Stück.