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gc2012: XCOM: Enemy Unknown

»XCOM« ist eines der Spiele, bei denen ich immer wieder feuchte Träume bekomme. Runden-Strategie mit einer Wirtschafts- und Forschungskomponente? Nicht-lineares Gameplay? Kampf gegen Aliens? Mehr brauche ich einfach nicht. Umso erfreuter war ich also als ich hörte, dass Firaxis an einem Remake dieses Klassikers des PC-Gaming arbeitet.

Das übliche Problem bei Remakes von Klassikern ist aber immer wieder, dass sie in der Regel sehr hohe Erwartungen erfüllen müssen und so auch bei X-COM: Die Fanbase ist ziemlich gnadenlos und dürfte wenige Fehler verzeihen, dennoch soll das Spiel für ein breites Publikum interessant gemacht werden. Bei einem Hands-On und in einem Interview mit dem Lead Game Designer Jacob Solomon hatte ich die Möglichkeit zu sehen, ob Firaxis dieser Aufgabe gewachsen ist. Um kurz zu spoilern: Ja, Firaxis meistert das wirklich exzellent!

Wie üblich überfallen böse, böse Aliens die Erde und machen alles kaputt was im Weg steht, entführen wehrlose Zivilisten und versetzen sowieso alles und jeden in Panik. Das Spieläquivalent der United Nations beruft eine Sondereinheit ein, welche diese Gefahr beseitigen soll und so beginnt der Spaß. Der Spieler reagiert im Spielverlauf auf zahlreiche Angriffe der Aliens und versucht seine Geldgeber bei Laune zu halten, denn die einzelnen Staaten reagieren überaus empfindlich darauf, wenn man ihre Sicherheit vernachlässigt. Da die Einsätze immer schwieriger werden, darf man auch heutzutage wieder forschen und seine Soldaten befördern. Da Soldaten die einmal tot sind auch für immer tot bleiben, muss man auf besonders hochgelevelte Lieblinge natürlich aufpassen. Alles in allem hat sich am Gameplay also nichts geändert. Sehr schön!

Moment, eine Sache hat sich doch geändert! Wer heute versucht die Originalspiele nachzuholen wird nicht viel Spaß haben, denn neben einer unfassbar hohen Schwierigkeit direkt von Beginn an ist auch das Interface und die Steuerung einfach nur grauenhaft. Der verwöhnte Spieler der Moderne ist dann eben doch intuitivere Bedienung gewöhnt. Die Bedienung des Spieles ist sehr viel angenehmer geworden, ohne dabei die Schwierigkeit der Gefechte übermäßig zu reduzieren. Packend und hart ist X-COM immer noch, nur eben nicht so unfair.

Eine weitere Neuerung, die nicht unerwähnt bleiben darf, ist der Multiplayer-Modus. In einfach gestrickten Gefechten hat der Spieler nun auch die Möglichkeit, aufseiten der Aliens die Menschen zu besiegen. Hierzu steht eine bestimmte Anzahl von Punkten zur Verfügung, die man in die Auswahl seines Squads an Soldaten steckt. Alles sehr rudimentär, aber nach dem kurzen Einblick wirklich spaßig und gut ausbalanciert.

Im Interview mit Jacob Solomon, Lead Designer bei Firaxis, konnte ich noch mehr über die Hintergründe der Entwicklung und das Verhältnis zu den Originalspielen herausfinden. Bei Firaxis ist man sich der schweren Aufgabe, einen großen Klassiker mit sehr kritischer Fanbasis wiederzubeleben, durchaus bewusst. Civilization sei auch schon ein großer Name, aber mit Sid Meier haben sie schließlich den Kopf hinter diesem Klassiker in ihrem Team, so Solomon, X-COM hingegen habe diesen Bonus nicht.

I’ve been wanting to make this game, ever since I got into the industry. This is the first game that I was a project lead on and this is the first game that wasn’t a Firaxis game.

Jacob Solomon sah sich dieser Aufgabe gewachsen, war er doch selbst ein großer Fan der Originalspiele. Zuerst habe man aber eine Neuschaffung des Spieles erstellt, was dazu führte, dass alle Fans zufrieden, Anfänger im Spiel allerdings verwirrt waren, da das Team zahlreiche Neuerungen einführte, wie zum Beispiel ausgefeiltere Fähigkeiten der Soldaten.

“For me it was this major crisis in development. By modernising the game I have basically broken all the old design systems, that were meant to work for what the game was. And then I was like ‘Ok, I get it. I agree. We are going to have to change the design mechanics.’ and then you realize, that you are in very deep water.”

Jacob Solomon war sich seit diesem Zeitpunkt bewusst, was für ein heißes Eisen er da in der Hand hielt. Er solle nun also eines der größten Spiele aller Zeiten in die Moderne bringen, ohne die Spielmechanik zu groß zu verändern, aber es gleichzeitig in aktuell gängiges Gampeplay anpassen. Ab diesem Zeitpunkt fragte er sich immer wieder, was das originale X-COM zu X-COM machte, um diese Mechaniken in das neue Spiel zu übernehmen und anhand dessen die eigentlichen Modernisierungen vornehmen zu können. Als Beispiele hierfür nannte er den Permadeath und das komplexe Kampfystem, die nun also in die Neuauflage gehörten. Auf dieser Basis versuchte er dann ohne weitere Verkomplizierung das Spiel sinnvoll zu erweitern oder Elemente auszuschalten, die nicht essentiell für das originale Spielgefühl waren. In der Entwicklung gab es regelmäßig Feedback von der Fanbasis, auch wenn man sich nicht zu sehr darauf konzentrieren wollte, jeden Wunsch der Fans in die Tat umzusetzen.

“The fans concerns were not, at any point, unreasonable, the things that they complained about were often reasonable, because I did make a game that was different from the original, but the core mechanics they did stay the same.”

Firaxis nahm die Bedenken der Fans also durchaus ernst, auch wenn das Team nicht jeden Wunsch entsprechen könne, da es sich hierbei häufig um Sachen handelte, die in einem modernen Spiel nicht mehr funktionieren würden. Jacob Solomon setzte sich eigenen Angaben nach jederzeit mit der Fanbasis auseinander und versuchte die Bedenken in Diskussionen zu entschärfen. Als Beispiel nannte Solomon die Reduzierung des Squads auf 4 Soldaten: Die Komplexität des Kampfes machte dem Team nach nicht die Quantität der Soldaten aus, sondern die Qualität des Kampfes an sich. Auch wenn vereinzelt Fans mit 8 Soldaten spielten, so hatten sie dadurch keine besseren Kämpfe. Die Verkleinerung des Squads hingegen mache den Kampf übersichtlicher und die Bindung zu den einzelnen Mitgliedern des Squads deutlich stärker, sodass die Kämpfe nun intensiver seien.

Mit einer sehr guten Zugänglichkeit, aktueller Grafik und Bedienung und dem sonst fast gleichen Spielgefühl von früher macht Firaxis einen fantastischen Job bei der Wiederbelebung eines tot geglaubten Klassikers. Die Entwickler zeigen, dass Rundenstrategie wirklich kein Nischenprodukt für einen kleinen Haufen Freaks sein muss, sondern mit simpler Anpassung an heutige Verhältnisse für ein breites Publikum zugänglich sein können. Das Gespräch mit Jacob Solomon beruhigte mich zusätzlich, da sich zeigte, dass er sich der riesigen Aufgabe bewusst ist und diese vorsichtig, aber nicht unbedingt mit Samthandschuhen angeht. Ich freu mich unglaublich auf den Oktober 2012, nicht nur weil ich dann ins neue Semester starten darf, sondern endlich eines meiner Lieblingsspiele wieder ohne Krämpfe zu kriegen spielen kann.

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