Zockwork Orange

gc2012: Dishonored

Die meisten Menschen haben einen Soundtrack zu ihrer Jugend. Songs, mit denen sie großartige Erinnerungen verknüpfen und die vielleicht sogar einen Teil ihrer Persönlichkeit geformt haben. Fabian hat letztens erst auf diese Weise von den »Smashing Pumpkins« gesprochen. Nun… Wir sind hier aber nicht bei rockworkorange.com und ich nicht hier, um mit euch über Musik zu sprechen. Ich bin Gamer und wie die meisten Gamer habe ich nicht nur einen Soundtrack zu meiner Jugend, sondern die eben so wichtigen Games meiner Jugend. Games bei denen es mir völlig egal ist, wie sie aus heutiger Sicht grafisch aussehen, oder ob sie sonst wie veraltet sind. Es sind Titel, deren Erinnerung allein mir jederzeit ein Lächeln aufs Gesicht zaubern und die ich auch heute noch immer wieder gern spiele. Wie »Thief – Dark Project« und »Thief 2 – The Metal Age« zum Beispiel, die einige der Älteren unter euch noch kennen könnten. Für den Rest: Man spielt den Meisterdieb Garrett – einen zynischen Nihilisten – der in einer düsteren Stadt, die von Steampunk und Magie regiert wird, in eine wahnwitzige Kette von Ereignissen verwickelt wird, während er eigentlich nur in Ruhe die reiche Bevölkerung ausrauben will. Außerdem war »The Dark Project« eines der ersten Stealth-Spiele überhaupt.

Warum erzähle ich das eigentlich? Weil diese Titel endlich einen würdigen Nachfolger gefunden haben, der sogar vieles besser macht! Zu dieser Überzeugung bin ich gekommen, als auf der gamescom das erste mal selbst Hand an »Dishonored« legen durfte. In »Dishonored«, das von den französischen Arkane Studios entwickelt wird, spielt man Corvo Atano, seines Zeichens allseits respektierter Elite-Leibwächter für die Herrscherin über die Stadt Dunwall. Sein Leben als Bodyguard findet allerdings ein abruptes Ende, als es ihm nicht gelingt die Herrscherin zu beschützen und er selbst des Mordes bezichtigt wird. Von einer Verschwörung überzeugt, taucht Atano daraufhin unter, beginnt eine metallene Totenschädelmaske zu tragen und startet sein neues Leben als Assassine – eine Todesliste mit Namen der möglichen Verschwörer inbegriffen.

Die Probemission von der gamescom konnte mich, bis auf einen kleinen Punkt, auf ganzer Linie überzeugen. Dunwall erinnert mit der Steampunkoptik, seinen verfallenen Häusern und verwinkelten Gassen an ein halb zerstörtes London oder Paris nach dem ersten Weltkrieg. Überall liegen Schutt- und Müllhaufen, die vom flackernden Licht der Petroleumlampen erleuchtet werden, während zwei Straßen weiter die opulenten Villen der reichen Bevölkerung von hohen Mauern und Selbstschussanlagen gesäumt werden. Hier unterhalten sich zwei Wachen auf Streife über das miese Wetter, da werden ein paar Obdachlose einfach niedergeschossen, während sie versuchen aus den seuchenzerfressenen Slums in die besseren Wohngebiete einzubrechen. Beim Probespielen gab es überall etwas zu tun und kleine Details, die das Spiel atmosphärisch bereichert haben. Auch Corvos Arsenal ist vielseitig und sinnvoll. Von Dolchen, Nagelbomben, Armbrüsten und Steinschlosspistolen, bis hin zu Teleportationszaubern oder der Beschwörung eines Rattenschwarms gibt es alles, was das Herz eines pseudo-viktorianischen Meuchelmörders begehrt.

Das bedeutet aber nicht, dass man einfach losrennen und alles niedermähen sollte, was sich einem in den Weg stellt. Da man nur leicht gerüstet ist, ist sind die wichtigsten Waffen immer noch Verstohlenheit und das Überraschungsmoment. Die Ausführung einer Mission will sorgfältig geplant, Informationen gesammelt und Gegner überlistet werden, wobei die Lösungswege alle sehr vielseitig zu sein scheinen. Je nachdem, welchen Zaubern und Gadgets man sich eben ausgerüstet hat. Auch töten musste ich mein Opfer in der Preview nicht zwangsläufig, was, so sagte einer der Designer vor Ort auf meine Nachfrage, wiederum Einfluss auf den Ausgang der Story habe. Der kleine Punkt, den ich eben angesprochen habe und der mich nicht ganz überzeugen konnte, ist eigentlich garnicht so klein: Es ist Corvo selbst. Während Garrett in der seelenverwandten Thief-Reihe nämlich mit seinen schwarz-humorigen Sprüchen und spitzen Bemerkungen einen Gutteil des Unterhaltungswertes ausmachte, blieb der Mann in der eisernen Maske während der Probemission erstaunlich farblos, weil stumm. Mit einem abschließenden Urteil über den Protagonisten oder die Inszenierung seiner Geschichte möchte ich mich allerdings noch zurückhalten, denn von beidem gab es in der Präsentation nicht viel zu sehen. Fakt ist aber: Wenn die auch nur annähernd an das Ambiente und das großartige Gameplay herankommen, wetze ich jetzt schonmal meine Dolche, denn dann steht uns ein absoluter Toptitel ins Haus. Am zwölften Oktober ist es hierzulande offiziell soweit.

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