Vor mir steht ein bärtiger Mann. James Mouat heißt er, seines Zeichens Lead Designer bei Ghost Games. Die Jungs und Mädels mit Hauptsitz in Göteborg, Schweden, entwickeln gerade für / mit / unter Electronic Arts ein neues NFS. Kein wirkliches Reboot, auch keine Fortsetzung. Vielmehr eine Art Hybrid aus allen vorangegangenen Spielen, aber vor allem eins: Wunderhübsch. Aber mal davon abgesehen, wie grandios es aussieht, durch das romantisierte, nächtliche Ventura Bay zu heizen, so variabel gestaltet sich der mögliche Playstyle. Ob man jetzt eher gewohnt ist, 100% Grip zu haben, wie in den klassischen »Need for Speed«-Games, oder ob man lieber arcadig um die Kurven driftet – Customization steht im neuesten Teil der Rennserie im Vordergrund. Egal, welches Auto man fährt, beinahe jeder Aspekt sowohl der Fahreigenschaften, als auch der verbauten Teil kann verändert werden. Vorne andere Felgen drauf als hinten? Geht klar. Fetten Spoiler ans Heck? Check.
Aber da ja irgendwie jedes Rennspiel eine Story braucht, baut Ghost Games lecker was drumrum. Und zwar nicht nur eine Story, sondern gleich fünf. Begleitet wird der Spieler dabei von fünf sogenannten “Ikonen” der Rennszene. Dabei sind Größen wie Ken Block und Magnus Walker. Ob diese, wie viele andere (Amateur-)Schauspieler in den eher billig wirkenden Film-Sequenzen auftauchen, ging aus der gamescom-Präsentation nicht hervor. Der Trend geht aber offensichtlich wieder zu FMVs, wobei »Need for Speed« hier mit einem besondern Schmankerl lockt: Der eigene Wagen wird in die Real-Videos so präzise eingebaut, dass man kaum merkt, hier ein Polygonmodell vor sich zu haben. Geschuldet ist dieser Umstand der oben erwähnten, wahnsinnig hübschen Grafik. Die wird durch ordentlich Effekthascherei (Nacht, nasse Straßen, Neonschilder – alles basierend auf der »Frostbite 3«-Engine) zwar auf Steroide gesetzt, aber, hey, egal! Mir reicht’s um die absehbar dünne Story zu kaschieren.
Großer Vorteil von »Need for Speed« gegenüber beispielsweise Ubisofts The Crew ist, dass man nicht immer Erster werden muss. Der allgemeine Fortschritt im Spiel ist wichtiger als der ewig gleiche Trott, als Sieger aus einem Rennen hervorgehen zu müssen. Auch die Spielwelt ist bei Weitem nicht so gigantisch, wie bei den Ubis. Zwar bewegt sich der Spieler in einer großen Stadt umher, die Anzahl der befahrbaren Straßen ist aber überschaubar und dient, wie man es z.B. aus den Underground-Teilen gewohnt ist, als Kulisse für verschiedene Renn- und Streckenvariationen.
Der Online-Aspekt könnte total nervig, aber auch total gut werden. Während das Matchmaking, auch mit Freunden, sehr schnell und einfach gehen soll, schaue ich mit fragendem Blick auf die Sache mit den Screenshots. Fertigt ein Spieler ein Bildschirmfoto von seinem Wagen an, kann dieses durch andere Fahrer positiv bewertet werden, wodurch der Ersteller gewisse Vorteile im Spiel erhält. Ob das so cool wird – Mal abwarten.
Ansonsten macht »Need for Speed« aber einen echt soliden Eindruck. Bereits im November soll das Schätzchen auf den Markt kommen. Wie es dann geworden ist, sehen wir dann. Ich drücke die Daumen, dass der erste Eindruck nicht trügt und das Teil ordentlich VOLLGAS GIBT. (Sorry.)