Trotz aller Lockerungen der Ausgangsbeschränkungen hat uns die Corona-Pandemie derzeit noch immer fest im Griff. Manch einer verbringt da lieber die Abende zu Hause auf dem Sofa mit einem unterhaltsamen Game, als sich vor die Haustüre zu wagen. Das hat aber nicht nur Vorteile. Der Körper wird schlapper und der Geist manchmal auch …
Wie wäre es da mal wieder mit einem herausfordernden Puzzler. Obwohl dieses Genre Unmengen an Spielen zu bieten hat und es wirklich schwierig ist, für sich die richtige Auswahl zu treffen, so schaffen es doch immer wieder einige, sich von der Masse abzuheben. Um Puzzler interessant genug zu gestalten und die Spieler und Spielerinnen bei der Stange zu halten, stehen die Entwickler vor der spannenden Herausforderung, die einzelnen Rätsel bzw. Puzzles weder zu schwer, noch zu leicht zu gestalten, was nicht immer gelingt. Als positive Beispiele Hier möchte ich hier auf »The Witness« oder »Monument Valley« verweisen.
Puzzler im Sci-Fi-Gewand
Ein gerade erschienenes Game hat meiner Meinung nach ebenfalls das Potential, hier zu punkten. »Filament« heißt das Spiel, das mich in einem gestrandeten Raumschiff absetzt. Anscheinend hat die gesamte Crew das Schiff verlassen, bis auf ein einziges Besatzungsmitglied namens Juniper, das mit mir über eine Gegensprechanlage Kontakt aufnimmt. Warum niemand mehr an Bord ist und Juniper einfach zurückgelassen wurde, ist zunächst unklar.
Auf meinen Streifzügen durch das Schiff finde ich immer wieder Gegenstände, wie z.B. Protokolle, die kleine Details der Hintergrundgeschichte enthüllen. Obwohl dabei einiges über die einzelnen Besatzungsmitglieder berichtet wird, gelingt es mir nicht ganz, eine Beziehung zum Schiff und der Mannschaft aufzubauen und in die Story einzutauchen, denn die Puzzles faszinieren mich zugegebenermaßen mehr als das Schicksal der Crew.
Geschickt eingefädelt
Grundsätzlich geht es in »Filament« darum, das gesamte Raumschiff wieder mit Energie zu versorgen. Um die dazu nötigen Stromknoten wieder in Betrieb zu nehmen, gilt es, in unzähligen Räumen ein Kabel auf eine bestimmte Weise zu verlegen und darin befindliche Säulen mit Strom zu versorgen. Dabei muss die Verlegung allerdings immer bestimmten Regeln folgen, die ich aber zunächst selbst herausfinden muss. Kreuzen darf sich das Kabel auch nicht, was meinen Bewegungsspielraum ziemlich einschränkt und das Ganze zu einer kniffeligen Angelegenheit macht.
Allerdings kann ich mich auf dem Schiff frei bewegen und so ich kann die Reihenfolge der Puzzles bzw. die Stromknoten, die ich als nächstes angehen möchte, selbst bestimmen. Komme ich an einer Stelle nicht weiter, versuche ich es eben an einem anderen Knoten. Ein geschickter Schachzug der Entwickler, um aufkommenden Frust zu vermeiden, der z.B. auch in »The Witness« angewendet wurde.
Außerdem erschließen sich mir manche Lösungen auch erst, nachdem ich Aufgaben an anderer Stelle gelöst habe. Je Stromknoten muss ich so mehrere aufeinanderfolgende Puzzles lösen, um ihn wieder in Betrieb zu nehmen. Diese folgen dann immer einem gleichen “Thema”, nehmen aber schnell im Schwierigkeitsgrad zu.
Überraschende Strickmuster
Insgesamt warten in »Filament« über 300 Puzzles darauf, von mir gelöst zu werden, und ich gebe zu, dass ich noch nicht einmal die Hälfte davon erledigt habe.
Ich bin aber jetzt schon von der Vielfalt der Herausforderungen überrascht, obwohl die Puzzles immer dem gleichen Prinzip folgen, nämlich ein Kabel ohne zu kreuzen um Säulen zu wickeln und sie damit mit Strom zu versorgen. Es scheint, dass es hier unzählige Möglichkeiten gibt, dies zu tun. In einem Raum öffnen sich Mauern, sobald ich eine bestimmte Säule aufleuchten lasse, in einem anderen müssen Säulen mehrfach mit dem Kabel berührt werden, um Strom zu bekommen, oder Säulen bewegen sich und wollen erst an einer bestimmten Stelle „eingefangen“ werden. Und mit jeder neuen Konstellation muss erneut erkundet werden, wie der Lösungsansatz aussieht.
Ich muss jedoch gestehen, dass ich derzeit an einige Grenzen gestoßen bin. Bei manchen Puzzles habe ich auch nach unzähligen Versuchen immer noch nicht herausgefunden, was ich eigentlich genau tun muss.
Vielleicht liegt es an der subjektive empfundenen Schwierigkeit, die meiner Meinung nach teilweise zu schnell ansteigt, vielleicht liegt es aber auch an meiner mangelnden Fantasie, welche Lösungsansätze es noch geben könnte. Leider gibt es keine Hinweisfunktion, die ich in so einer festgefahrenen Situation zu Rate ziehen könnte. Normalerweise gebe ich nicht so schnell auf, aber an einigen Stellen musste ich hier erst einmal das Handtuch werfen. Aber wie schon erwähnt kann ich ja später noch einmal mit frischem Elan zum fragwürdigen Puzzle zurückkommen …
Auge und Ohr kommen nicht zu kurz
Grafisch gibt’s in »Filament« nichts zu meckern. Die Umgebung ist recht einfach gehalten, aber trotzdem hübsch anzusehen. Ich spiele mit einer Art Draufsicht, bei der ich immer einen Teil des Raumschiffs von schräg oben überblicken kann. In den Rätselräumen kann ich auch, wenn ich möchte, von oben senkrecht auf die Anordnung der Säulen blicken, um eine bessere Übersicht zu bekommen.
Ein großes Lob muss ich zudem für den Soundtrack aussprechen, der mir ausnehmend gut gefällt. Hier hat man sich wirklich Mühe gegeben, eine angenehme und fast schon meditative Atmosphäre zu schaffen.
Mein Fazit
»Filament« ist ein Puzzler mit einem außergewöhnlichen Konzept. Obwohl mir die Puzzles überaus gut gefallen, finde ich, dass der Schwierigkeitsgrad für meinen Geschmack zu schnell ansteigt. Das mag vielleicht jetzt an meinem eigenen Unvermögen liegen und andere Vollblutpuzzler finden sich hier besser zurecht, aber ich bezweifle, dass nicht irgendwann bei jedem ein kurzer Frustmoment auftaucht.
Trotzdem finde ich das Konzept, die Spielumgebung und auch die Puzzles sehr gelungen und einzigartig, weswegen ich »Filament« auf jeden Fall weiterempfehlen möchte. Für knapp 17 Euro kann man mit diesem Game nichts falsch machen.
Ein Reviewcode zu Filament wurde mir kostenlos zur Verfügung gestellt.