Zockwork Orange

Eindrücke von der Verleihung des Deutschen Computerspielpreises

Gestern wurde er also verliehen, der »Deutsche Computerspielpreis«. Leider stand er ein wenig im Schatten der Echo-Verleihung, aber vielleicht hätten die Medien auch sonst nicht viel Aufhebens darum gemacht. Das finde ich sehr schade, denn wenn man sich nicht gerade in den Gaming-Communities bewegt, hat man von dieser Preisverleihung in den letzten Tagen wenig bis gar nichts mitbekommen, obwohl doch immer wieder darauf hingewiesen wird, wie aufstrebend und innovativ die Gaming-Branche ist und wie sehr man das fördern möchte. „Gamer sind ein Kulturgut unserer Zeit“ wurde bei den Reden großartig verkündet, was bei mir aber einen komischen Beigeschmack hinterlässt, denn ich denke, das Potential, das in der Spieleentwicklung steckt, wird zur Zeit noch viel zu wenig beachtet und ausgeschöpft.

Obwohl die Preisverleihung gut organisiert war und wirklich etwas geboten wurde, wirkte für mich alles irgendwie steril. Zugang hatten nur etwas über 600 geladene Gäste, man wollte alles wohl im kleinen Rahmen halten. Bezeichnend war, dass meine Sitznachbarn gleich zu Anfang der Show ein ausgedrucktes Blatt mit Bullshit-Bingo aus der Tasche zogen und während den Ansprachen eifrig Begriffe durchstrichen. Der Insider kennt hier wohl die bemühten Floskeln, die die Prominenz zum Besten gibt um zu unterstreichen, wie sehr ihnen die Branche am Herzen liegt. Trotzdem war manchen Rednern anzumerken, dass sie mit Computerspielen eigentlich gar nichts anfangen können. Dann sollten sie das doch bitte auch einfach so stehen lassen, anstatt doch noch irgendwie krampfhaft einen Bezug herzustellen.

Meiner Ansicht nach hätte man durchaus mehr aus der Show machen können. Ein bunteres und breiteres Rahmenprogramm oder auch mehr Auftritte von Bekanntheiten der Games-Branche hätte der doch etwas unbeholfenen Atmosphäre gut getan. Auch das Event einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen, hätte sicher dazu beigetragen, die Förderung durch die Ausrichter (Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) sowie die Branchenverbände BIU – Bundesverband Interaktive Unterhaltungssoftware e.V. und GAME Bundesverband der deutschen Games-Branche e.V.) etwas bekannter zu machen.

Großartige Cosplayer gab es zu sehen

Trotzdem finde ich die Verleihung des Deutschen Computerspielpreises sehr gut. Das zeigt, dass langsam die Awareness dieser Branche auch in Deutschland wächst und das Potential erkannt wird, das hinter den technologischen Entwicklungen und Innovationen steckt, die ggf. auch für andere Einsatzzwecke als reines Zocken verwendet werden können. Als Beispiel wurde hier unter anderem Lernsoftware in der Medizin genannt.

Insgesamt 326 Bewerbungen gingen für den »Deutschen Computerspielpreis« ein. Das zeigt auch, dass für die Entwickler dieser Preis durchaus interessant ist. Besonders für unbekannte Entwickler, die hier nominiert werden, bedeutet dies nämlich, dass ihr Name in der Branche bekannt wird. Und die Finanzspritze, falls sie gewinnen, ist durchaus willkommen, um ihre Projekte weiterzuführen. Dieses Jahr wurden 470.000 Euro an die Gewinner verteilt und als diesjähriger Sieger für das »Beste Deutsche Computerspiel« wurde »ANNO 2205« gekürt.

Ganz besonders hat mich aber die Entscheidung für den „Sonderpreis der Jury“ gefreut. Hier wurde der Indie Arena Booth der gamescom ausgezeichnet. Aufstrebenden Indie-Entwicklern bietet er eine öffentlichkeitswirksame Plattform zur Präsentation ihrer Spiele und er war auch letztes Jahr ein großer Besuchermagnet. Leider war dieser Preis undotiert, trotzdem denke ich, dass es diesem Konzept gut tut, ein bisschen mehr Aufmerksamkeit zu bekommen.

Hier noch einmal die Kategorien und die Sieger im Überblick:

Bestes Deutsches Spiel

Bestes Nachwuchskonzept

Bestes Kinderspiel

Bestes Jugendspiel

Beste Innovation

Beste Inszenierung

Bestes Serious Game

Bestes Mobiles Spiel

Bestes Gamedesign

Bestes internationales Spiel

Bestes internationales Multiplayer-Spiel

Beste internationale neue Spielewelt

Sonderpreis der Jury

Publikumspreis

Für das leibliche Wohl war jedenfalls gesorgt
Sarazar im Gespräch mit Kaya Yanar

Eine Aufzeichnung des Livestreams der Verleihung gibt hier:

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